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Insektensterben

Bauernverbands-Chef klagt über EU-Vorgaben

Laichingen / Lesedauer: 4 min

Ernst Buck, seit zwei Jahren Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Ulm-Ehingen, hielt einen Vortrag in Laichingen. Er berichtete vom Rapsanbau, aber auch von der Schweinezucht.
Veröffentlicht:13.03.2018, 19:46

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„Die moderne Landwirtschaft darf nicht zum Sündenbock erklärt werden fürs Bienen-und Insektensterben.“ Das fordert Ernst Buck, seit zwei Jahren Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Ulm-Ehingen. Auf Einladung der VHS war er am Freitagabend in Laichingen zu Gast. In seinem Vortrag „Das Wetter ist nicht das einzige Problem...“ beschrieb er die Arbeit eines „ganz normalen“ Bauern in heutiger Zeit. Etwa 2400 Haupt- und Nebenerwerbslandwirte gibt es im Alb-Donau-Kreis.

Buck betreibt auf seinem Hof in Holzkirch (bei Langenau) Ackerbau (Raps, Weizen, Mais, Erbsen) und Schweinehaltung (von der Zucht bis Mast). Eindrucksvoll beschrieb er den Wandel in der Landwirtschaft: War der Landwirt nach dem Krieg noch in der Hauptaufgabe „Nahrungsmittelerzeuger“, so sei er heute zusätzlich Energiewirt, Landschaftspfleger, Touristenbetreuer.

Widersprüche in Landwirtschaftspolitik

Er wies auch auf Widersprüche in der Umwelt- und Landwirtschaftspolitik am Beispiel von Raps hin. Raps schaffe einen gesunden Ackerboden, sei in der Blütezeit eine Oase für Bienen („sechs bis acht Imker aus dem Göppinger Raum kommen jedes Jahr mit 150 Bienenvölkern in der Blütezeit zu meinen Äckern“), Rapsöl sei als regional erzeugtes Speiseöl immer beliebter, als Biodiesel gefragt – und das Restprodukt, der „Rapskuchen“, diene als eiweißreiches gentechnikfreies Viehfutter (statt Soja). Raps verhindere zudem Bodenerosion und habe gute Vorfruchteigenschaften für die Folgekultur. Die einzigen Gefährder des Raps seien der „Rapserdfloh“ und der „Rapsglanzkäfer“. Bis vor drei Jahren konnte der Floh durch Neonicotin-gebeizten Samen („drei Körner auf einem DIN A 4-Blatt, drei Kilogramm auf einen Hektar“) verhindert werden. Nach einem Verbot und der heutigen Verordnung jedoch müsse großflächig eine vielfache Menge an Spritzmittel auf den Feldern und in der Luft verbreitet werden.

Zum „Bienensterben“ meinte der Bauernvertreter: Eine jahrzehntelange Zusammenarbeit mit den Imkern weise nach, dass es auf seinen Rapsfeldern zu keinerlei „Bienensterben“ gekommen sei. In den vergangenen zehn Jahren sei jedoch der Ertrag der Bienen von den Imkern aufs Vierfache gesteigert worden. Die vielfachen Gründe für das Bienen- und Insektensterben sieht er in der Ausbreitung von Steinwüsten und englischem Rasen, Licht-Smog und Elektroniksmog. Eine genaue Analyse sei erforderlich. Man mache es sich aber zu leicht, die „moderne Landwirtschaft zum Sündenbock zu erklären“.

Eierfabrik in der Ukraine

Am Beispiel „Raps“ zeigte Buck auch auf, wie der Anbau durch EU-Vorgaben gefährdet sei: Biodiesel werde aufgrund von Zollerleichterungen in hohem Maße aus Brasilien und Argentinien importiert. Damit sei der Wettbewerb für regionale Bauern gefährdet. Zudem dürfe laut neuer Düngeverordnung der Phosphor-Gehalt des Bodens einen bestimmten Grenzwert nicht übersteigen. Durch die sinnvolle Verfütterung des „Rapskuchens“ ans Vieh und die Düngung der Äcker mit entsprechendem Mist, übersteigt der Phosphorgehalt aber den zugelassenen Wert.

Auch bei der Schweinehaltung gäbe es widersprüchliche neue Regelungen, zum Beispiel bei der geforderten „Ferkelkastration nur bei Vollnarkose“.

Die Rolle des Einzelhandels betrachtet der Vertreter der Bauernschaft sehr kritisch: Gegenüber den deutschen Bauern würde die Einhaltung eines hohen Standards verlangt bei gleichzeitigem Massenimport aus Ländern mit geringeren Standards. Die Lebensmittelketten mischten mit bei der Preisgestaltung, und beim Bauern bliebe immer weniger: „Von den 45 Cent, die ein Frühstücksweckle kostet, erhält der Bauer inzwischen gerade mal 0,75 Cent.“ Noch in den 90er Jahren sei der Preis sehr viel gerechter gewesen, ein Landwirt habe viel besser überleben können – ohne seinen Hof ständig vergrößern zu müssen. Während in Deutschland 2010 „Legebatterien“ verboten worden seien, sei der Import von Nudeln, Kuchen, Keksen unter Verwendung von „Billigeiern“ immer noch gestattet. Die EU fördere sogar eine Eierfabrik in der Ukraine mit zwei bis drei Millionen Hühnern in Legebatterien.

Viel lieber wäre es den deutschen Bauern, wenn sie ohne Subventionen und damit ohne übertriebenen Bürokratismus auskommen müssten. Jedoch müsste ein gerechter Preis (von der Lebensmittelindustrie und den Verbrauchern) an die Erzeuger bezahlt werden. Fazit der Zuhörer: Ein sehr interessanter Vortrag, der die Themen, die die Bauern umtreiben, sowie die widersprüchliche Förderpraxis und Landwirtschaftspolitik gut dargestellt hatte.