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Kirchensilhouette

Kinder gestalten Modelle der Kirchensilhouette

Erbach / Lesedauer: 4 min

Erbach feiert 250-jähriges Bestehen seiner barocken Prachtkirche mit Gemeindefest und verschiedenen Aktionen
Veröffentlicht:15.10.2019, 19:00

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Mit einem großen Jubiläumsfest hat die Katholische Kirchengemeinde St. Martin in Erbach am Sonntag das 250-jährige Bestehen ihrer brocken Kirche auf dem Schlossberg gefeiert. Dem Festgottesdienst schloss sich im Edith-Stein-Haus ein Gemeindefest an.

Josef Denzel, der Vorsitzende des 16-köpfigen Veranstaltungsausschusses, stellte die von Uta Möhler gestaltete und reich bebilderte Festschrift „1769-2019 – 250 Jahre Pfarrkirche St. Martinus Erbach/Donau“ vor. Für vier Euro war sie bei den Ministranten am Ausgang des Gemeindehauses zu haben. Auf 57 Seiten schildern im Anschluss an ein Vorwort von Pfarrer Joachim Haas fundierte Beiträge von Oliver Schütz, Dietmar Krieg und Volker Konstantin Unseld die Geschichte der Pfarrei Erbach, die Martinskirche im Wandel der Zeit und ihre Orgeln. „Ich hatte die ehrenvolle Aufgabe, die Festschrift zu gestalten“, sagte Uta Möhler und trug in Umschreibung von Schillers „Lied von der Glocke“ ihr „Lied von der Kirche“ vor. Die Begeisterung für eine lebendige Kirchengemeinde war ihr anzumerken.

Veranstaltungen bis ins Frühjahr 2020 hinein, darunter Exkursionen zu Wirkungsstätten des in Erbach tätigen Malers Martin Kuen von Weißenhorn, sollen die Bedeutung des das Ortsbild von Erbach beherrschenden Gotteshauses ins Bewusstssein der Öffentlichkeit rücken und zum Besuch anregen.

Diesem Zweck dient auch ein von Constantin Freiherr von Ulm-Erbach angeregtes und beim Kirchengemeindefest vorgestelltes Projekt. „Wir gestalten unsere Kirche“, ist die Aktion der katholischen Kirchengemeinde überschrieben. Die Sankt-Martinus-Kirche als Wahrzeichnen von Erbach steht im Vordergrund. Als herausragendes Kulturdenkmal soll sie von der Erbacher Bürgerschaft wahrgenommen werden. Dazu entwarfen Philipp Roth und Peter Koloch ein Silhouettenbild von der Kirchenlängsseite. Paul Fischer übertrug es auf Holz. In 400-facher Ausführung wurde das Flachmodell in der Schreinerei Lettner hergestellt und von dieser der Kirchengemeinde als kostenloser Beitrag zum Jubiläum gespendet.

Innerhalb von zwei Wochen werden die Modelle in Kindergärten und Schulen der Stadt verteilt. Kinder und Jugendliche erhalten so Gelegenheit zur künstlerischen Gestaltung des Modells. Die dafür nötigen Informationen sollen ihnen im Kunst- und Gemeinschaftskundeunterricht vermittelt werden. Zum Vergleich mit dem Original sind die jungen Künstler zu Führungen in die Martinskirche eingeladen. Die Gestaltung der Kirchensilhouette in Form, Farbe und Material ist jedem Teilnehmer an der Aktion freigestellt. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, außer die des guten politischen und religiösen Geschmacks. Ausdrücklich bat Constantin Freiherr von Ulm-Erbach, von provokanten und abstoßenden Gestaltungen Abstand zu nehmen. Noch vor Weihnachten ist eine Ausstellung aller bearbeiteten Kirchenmodelle geplant. Als Eigentum sollen sie bei ihren Gestaltern verbleiben und ihnen möglicherweise als passendes Weihnachtsgeschenk dienen.

Führung mit Pfarrer Krieg

Zum Abschluss des Jubiläumstages folgten 20 Teilnehmer dem früheren Erbacher Pfarrer Dietmar Krieg zu einer Führung im und um die Kirche. „Heute gießt man wie vor 700 Jahren“, sagte er in Bezug auf den angenehmen Zusammenklang der um 1300 entstandenen „Vierevangelistenglocke“ mit den drei 1999 beschafften neuen Bronzeglocken im Kirchturm. Auf einem Sockel auf dem Vorplatz der Erbacher Kirche ist eine der 1922 beschafften Stahlglocken zu sehen. Stahl ersetzte vielfach Bronze, als im ersten wie im zweiten Weltkrieg Glocken beschlagnahmt und für Kriegsverwendungszwecke abtransportiert worden waren. Im Vergleich zu Bronzeglocken wirkt der Schall von Stahlglocken kalt und unangenehm auf das Gehör.

Die Geschichte der Kirche in Kürze

Die Kirche St. Martinus wurde erstmals 1275 im Konstanzer Zehntbuch urkundlich erwähnt. Sie war eine der ersten Pfarreien der Gegend. 1765 wurde das Haus wegen Baufälligkeit abgerissen, doch bereits 1767 begann der Neubau. Finanziert wurde dieser durch eine im Testament der beiden Freiinnen Beata und Viktoria von Ulm-Erbach zur Verfügung gestellte Spende von 28 000 Gulden – fast das gesamte Vermögen der beiden Stiftsdamen. Sie verfügten darin, dass das neue Gotteshaus errichtet werden soll „auf dem Ort, wo anjezo die alte Kirchen stehet, und zwar von keinem anderen als dem Meister Kleinhans“. Der hochfürstlich-augsburgische Baumeister erstellte binnen weniger Monate das Langhaus und den Chor; noch im selben Jahr wurde der Dachstuhl aufgerichtet. Nach einer rekordverdächtigen Bauzeit von zwei Jahren war der Bau im Jahr 1769 mit dem Aufsetzen der Haube auf den 48 Meter hohen Turm fertiggestellt.

Verschiedene Künstler haben die Kirche gestaltet und bemalt. In den Jahren 2004 bis 2006 wurde das Gotteshaus aufwendig renoviert. Den Abschluss und Höhepunkt bildete am 8. Oktober 2006 die Weihe des neuen Altares.

„Die Kirche stellt sich heute wieder so ursprünglich dar wie vor nahezu 250 Jahren. Ein Kleinod voll ursprünglicher Schönheit des Spätbarock und der Renaissance“, schreibt die Stadt Erbach auf ihrer Homepage.

Eine ausführliche Kirchenbeschreibung enthält der neu aufgelegte Kirchenführer im Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg ( www.kunstverlag-fink.de ), der auch in der Kirche ausliegt – und natürlich die zum 250-jährigen Bestehen von der Kirchengemeinde aufgelegte Festschrift.