Sportinternat

Der Traum vom Sportinternat

Erbach / Lesedauer: 4 min

Judo: Udsilauri-Brüder wollen an Sport-Eliteschule – Crowdfunding zur Finanzierung
Veröffentlicht:19.06.2018, 18:18

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Daniel und George Udsilauri vom TSV Erbach zählen zu den deutschen Judo-Talenten ihrer Altersklasse. Die 15-jährigen Zwillingsbrüder starteten im vergangenen Jahr noch in der U15 und gewannen in Süddeutschland alles, was es zu gewinnen gab. 2018 rückten sie in die Altersklasse U18 und treffen nun bei Meisterschaften auf Konkurrenz aus ganz Deutschland. Um sportlich weiter voranzukommen, wollen die Udsilauri-Brüder auf eine Eliteschule des Sports in Stuttgart wechseln. Die Zusage der Schule haben sie in der Tasche, doch könnte es am Geld scheitern. Deshalb startete am Montag, 18. Juni, eine Crowdfunding-Aktion, für die im Vorfeld mit einigem Aufwand ein kurzer Film produziert wurde – mit Hilfe von zwei Profis, den aus Weilersteußlingen stammenden Cornelius und Matthias Bierer . Nun hoffen die Judoka auf Spenden, um sich ihren Traum vom Sportinternat zu erfüllen.

Auf 5000 Euro pro Jugendlichen belaufen sich die Schul- und Wohnkosten im Sportinternat in Stuttgart – insgesamt zu viel für die einst aus Georgien nach Deutschland gekommene Familie Udsilauri und für die Judoabteilung des TSV Erbach. Man habe es über Schüler-Bafög versucht, sagt der Erbacher Judo-Trainer Jörg Berken. Doch auch diese Möglichkeit lässt sich nicht realisieren. Blieb am Ende nur das Crowdfunding-Projekt, das Sammeln von Spenden über das Internet, um die Hälfte der Kosten zu finanzieren. „Die Idee kam von meinem Sohn Jonas und der Landestrainerin Beatrix Kästle, die so etwas Ähnliches schon mal hingekriegt hat“, so Berken.

Jonas Berken stellte auch den Kontakt zu Cornelius und Matthias Bierer aus Weilersteußlingen her, die inzwischen in Stuttgart und Köln zu Hause sind, gemeinsam die Firma Wemake betreiben und Werbe- und Imagefilme meist für mittelständische Unternehmen produzieren. Vergleichbare Benefizaktionen wie für die beide Erbacher Judoka, die sie unentgeltlich machen, sind den Bierer-Brüdern nicht fremd. „Aber man muss schon überlegen, ob das Projekt grundsätzlich sinnvoll ist“, sagt Matthias Bierer. Bei den Udsilauri-Brüdern waren sie überzeugt und rückten an, um zunächst bei den Judoka zu Hause in Illerrieden, dann im Dojo in Erbach und schließlich noch im Freien zu filmen. „Wenn wir mit unseren Mittel dazu beitragen können, die Welt ein bisschen besser zu machen, wollen wir das tun“, sagen Cornelius und Matthias Bierer.

Einen Tag lang begleiteten sie Daniel und George Udsilauri, filmten die Judoka vor ihren vielen gewonnenen Trophäen und im Training. Vor den Aufnahmen hatten sie bereits ein Drehbuch erstellt, hernach folgten Schnitt, Musikkomposition und die Nachbearbeitung des Materials. Viel Aufwand ohne Gage. „Ein Mittagessen haben wir bekommen“, sagen die Bierer-Brüder. „Nur wenn mehr Geld zusammenkommen sollte, werden wir bezahlt.“ Doch wichtiger ist ihnen, dass die Aktion das Schulgeld für die Judo-Talente einbringt. „Wir hoffen, dass das Projekt erfolgreich ist.“ Das wünschen sich die Judoka selbst am meisten, die derzeit auf die Realschule in Wiblingen gehen. Der Wechsel an die Eliteschule des Sports in Stuttgart hätte für Daniel und George Udsilauri viele Vorteile. Die Vereinbarkeit von Schule und Sport ist weitaus besser. „Wenn man eine Woche zu Wettkämpfen weg ist, was häufiger passiert, verpasst man im Internat nichts, weil man den Unterricht nachholen kann“, sagt Daniel Udsilauri. Den Stoff nachholen müssen sie auch jetzt, aber für sich allein und zu Hause. In Stuttgart wären Lehrer dabei, die verpassten Schulstunden würden somit nur zeitlich verlegt. Außerdem würden nach einem Umzug nach Stuttgart viele Stunden im Auto entfallen – denn schon jetzt trainieren die Brüder zusätzlich zu ihren drei- bis vier Einheiten in Erbach auch einmal pro Woche im Olympia-Stützpunkt in Sindelfingen.

Und nicht zuletzt hätten die Udsilauris im Internat täglich starke Trainingspartner. In Erbach oder Ulm sind ihnen im Training die Gegner auf Augenhöhe längst ausgegangen und sie hatten nur noch sich selbst. „Wir trainieren hier schon seit Jahren bei Erwachsenen mit, aber viele haben keine Lust mehr, gegen uns zu kämpfen“, sagt Daniel Udsilauri. Weil die erwachsenen Hobbysportler in Erbach und Umgebung chancenlos sind gegen die beiden 15-Jährigen, denen das Judotalent in die Wiege gelegt wurde: Vater Roman Udsilauri, der seine Söhne zusammen mit Jörg Berken trainiert, war einst selbst ein erfolgreicher Sportler. Der Drehtag mit den Filmemachern Cornelius und Matthias Bierer war für Daniel und George Udsilauri eine neue Erfahrung und Abwechslung zum Trainingsalltag. „Das war spannend und hat Spaß gemacht“, sagt Daniel Udsilauri. „Doch es war auch anstrengend, bis die perfekten Szenen aufgenommen waren. Aber die Erfahrung war es wert.“ Nun hoffen die jungen Judoka nur noch, dass sich die Anstrengungen und das gesamte Projekt für sie am Ende auszahlt.