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Vollbeschäftigung

Wenn Vollbeschäftigung zum Problem wird

Ehingen / Lesedauer: 4 min

Chef der Agentur für Arbeit erläutert die Situation auf dem Arbeitsmarkt im Kreisgebiet
Veröffentlicht:10.07.2018, 18:03

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Die Arbeitslosenquote im Alb-Donau-Kreis liegt aktuell bei 2,1 Prozent. Es herrscht also Vollbeschäftigung. Für Mathias Auch, seit Oktober 2017 Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Ulm, ist dieser Umstand schön, zwingt die Agentur aber auch zum Handeln.

„Die Zahl der Arbeitslosen in der Region ist so gering wie seit 1990 nicht mehr“, sagt Mathias Auch, der als Chef der Agentur für Arbeit für die Stadt Ulm, den Alb-Donau-Kreis und den Kreis Biberach zuständig ist. Geschäftsstellen betreibt die Agentur in Ehingen und Biberach sowie das gemeinsame Jobcenter mit dem Kreis.

„Das Geschäft bei uns ist immer spannend, weil wir ständig andere Rahmenbedingungen haben. Zurzeit haben wir Vollbeschäftigung. Diese ist erreicht, wenn die Arbeitslosenquote zwischen zwei und drei Prozent liegt“, sagt Auch. „In Baden-Württemberg lag die Quote im Juni bei drei Prozent, erstmals haben wir auch landesweit von Vollbeschäftigung gesprochen“, so Auch, der sagt: „Der Arbeitsmarkt ist momentan enorm aufnahmefähig.“ So haben sich beispielsweise im Juni im Bereich des Alb-Donau-Kreises zwar 700 Menschen neu arbeitslos gemeldet, 800 sind dagegen wieder in Arbeit gekommen. „Der Arbeitsmarkt ist schon immer dynamsich gewesen. Das ist er auch bei Vollbeschäftigung“, erklärt der Vorsitzende der Geschäftsführung.

Zwölf Monate ohne Job

Insgesamt seien derzeit 2405 Menschen im Alb-Donau-Kreis ohne Arbeit, 60 Prozent davon werden als Langzeitarbeitslose bezeichnet, weil sie länger als zwölf Monate ohne Job sind. „Die Ursachen hierfür sind völlig unterschiedlich. Das größte Risiko, arbeitslos zu sein, liegt immer noch darin, keine Qualifizierung zu haben“, macht Auch deutlich. Denn von den 2405 Arbeitslosen seien 60 Prozent gering qualifiziert, das heißt, diese Menschen haben keine Ausbildung oder haben sich von ihrem Beruf entfremdet, indem sie jahrelang einer anderen Beschäftigung nachgegangen sind.

„Am Arbeitsmarkt ist Qualifikation Trumpf. Das gilt auch bei Vollbeschäftigung.“ Dass es trotz einem Überangebot an Arbeitsstellen dennoch Menschen gibt, die schon lange arbeitslos sind, erklärt Mathias Auch so: „Manche haben gesundheitliche Einschränkungen, es gibt aber auch junge Leute, die es aus dem familiären Hintergrund nicht anders gewohnt sind, als nicht zu arbeiten. Und genau um diese Menschen müssen wir uns verstärkt kümmern. Hier geht es um Prävention, Integration und soziale Teilhabe.“ Dennoch schränkt Mathias Auch ein, dass die aktuelle Vollbeschäftigung Menschen eine Chance gibt, die vor wenigen Jahren auf dem Arbeitsmarkt kaum Möglichkeiten der Beschäftigung gehabt hätten. „Die Vollbeschäftigung liegt derzeit daran, dass unsere Unternehmen gut aufgestellt sind und deren Produkte stark nachgefragt werden. Das führt dazu, dass wir mehr Arbeitnehmer brauchen, als wir zur Verfügung haben.“ 1867 offene Stellen gibt es im Alb-Donau-Kreis.

Größte Nachfrage

„Die größte Nachfrage kommt aus den Bereichen Metall, Elektro, Verkehr sowie Lager und Logistik“, sagt Auch. Aber auch im klassischen Handwerk und vor allem in der Pflege geht die Schere zwischen Angebot und Nachfrage weit auseinander. So treffe im Bereich Sanitär ein Bewerber auf sieben offene Stellen, in der Pflege ein Bewerber auf zehn offene Stellen. Bei den Facharbeitern und Gesellen würden 945 Menschen auf 1194 offene Stellen treffen.

„Unser Kernthema bei der Agentur für Arbeit lautet daher, dass wir die Qualifizierung der Menschen als unser Kernthema betrachten. Wenn wir die 60 Prozent gering-qualifizierter Menschen zum richtigen Abschluss bringen, hilft uns das weiter“, so Auch. Deswegen würden im Bereich der Agentur für Arbeit Ulm auch rund 200 Menschen an Förderprogrammen teilnehmen, weitere 100 würden über das Jobcenter kommen. „Oft geht es auch nur um Zusatzqualifikationen, beispielsweise als Schweißer“, sagt Auch, der ebenfalls großen Wert darauf legt, dass die Arbeitskräfte von morgen bereits an den weiterführenden Schulen informiert werden. „Wir müssen schauen, dass beim Übergang von der Schule in den Beruf kein Jugendlicher verloren geht“, betont Auch.

Zuzug und Zuwanderung helfen weiter

Dass es deutschlandweit nicht in jedem Bezirk der Agentur für Arbeit Vollbeschäftigung gebe, führe natürlich auch dazu, dass viele Arbeitskräfte aus anderen Bundesländern in die Region kommen würden. „Zuzug und Zuwanderung helfen hier unsereren Unternehmen auch weiter“, macht Auch deutlich. Ein weiterer Ansatz sieht der Agentur-Chef in der Teilzeit. „13 000 Menschen im Kreis sind in Teilzeit, 85 Prozent davon Frauen mit einem Durchschnittsvolumen von 19,4 Stunden pro Woche. Bei einer Erhöhung würde hier enorm viel Potenzial frei“, so Mathias Auch.