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Trendforscher über unsere Zukunft: „Digitalisierung verblödet die Menschen“

Ehingen / Lesedauer: 3 min

Soziologe Matthias Horx referiert bei den Kupil-Architektentagen im Businesspark
Veröffentlicht:06.02.2019, 17:02

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Trendforscher und Soziologe Matthias Horx hat am Mittwoch beim dritten Architektentag des Ehinger Unternehmens Kupil im Businesspark einen Vortrag über das Leben und Wohnen der Zukunft, über Trends und Digitalisierung gehalten. Dass dabei auch jeder Trend einen Gegentrend hat, machte Horx mehr als deutlich.

„Ein Trend ist, was jeder schon weiß“, sagt Matthias Horx, bevor er überhaupt mit seinem Vortrag vor rund 175 Architekten, Planern und Verwaltern im Ehinger Businesspark beginnt. Vor 15 Jahren hat Horx in seiner Heimatstadt Frankfurt sein Zukunftsinstitut gegründet und sich in den vergangenen Jahren durch zahlreiche Bücher einen Namen gemacht. Mittlerweile wohnt Horx (Jahrgang 1955) mit seiner Familie vor den Toren Wiens und hat sich dort in Baukastenweise an das Leben und Wohnen der Zukunft – wie er sie sieht – herangetastet.

Die Digitalisierung wird die Verblödung der Menschen zur Folge haben.

Matthias Horx, Trendforscher und Soziologe

Zwei große, rechteckige Baukörper im optischen Bauhausstil stehen dabei im Grünen, gegenüber, auf einer Anhöhe, ein weiterer quadratischer Baukörper auf dem ganz groß „Work“ steht. Das ist Horx’ Büro. „Wir haben hier vor zehn Jahren gebaut und eine moderne Gebäudehülle verwendet. Diese ist jederzeit austauschbar“, sagt Horx, der einen Bereich „ohne Fernseher, Smartphone oder andere Medien“ ausgewiesen hat.

Arbeiten und Leben

„Arbeiten und Leben rücken immer näher zusammen. Die Schnittmengen dabei werden größer“, betont Horx, der das Leben in die Bereiche Arbeiten, Wohnen, Transit und dritte Plätze (Third Places) aufteilt – jeweils mit Schnittmengen. „Und in der Mitte davon ist die Meta-Mobilität“, sagt Horx, der trotz seiner Visionen für die Zukunft nicht zwingend ein gnadenloser Befürworter der Digitalisierung ist. „Die Digitalisierung wird die Verblödung der Menschen zur Folge haben. Wir glauben ja immer noch, dass Computer besser als wir sind“, sagt Horx, der das Smart-Home auch schon gerne mal als Missverständnis bezeichnet. „Smarte Wohnzimmer erachte ich für unbewohnbar. Ein Smart-Home ist für mich die Apokalypse. Menschen sind dann alleine ihn ihrem Wohnzimmer, wenn alle Beziehungen vorbei sind. Das soll dann die Zukunft sein“, sagt Horx mit einem Kopfschütteln.

Die Menschen wollen trotz Streamingdienste wie Spotify wieder zurück zur Haptik.

Matthias Horx, Trendforscher und Soziologe

Denn jeder Trend hat immer einen Gegentrend, wie Horx erläutert. So sei vor wenigen Jahren die Zeitschrift „Vegan“ mit reißendem Absatz durch die Decke gegangen, darauhin habe dann das Magazin für Fleischliebhaber „Beef“ einen noch größeren Absatz erfahren. „Die Synthese aus Trend und Gegentrend ist die Zukunft“, sagt Matthias Horx, der sogar soweit geht und das „Comeback des Analogen“ als Gegentrend zur fortschreitenden Digitalisierung sieht.

„Vinylplatten machen mittlerweile schon wieder 15 Prozent des Umsatzes der Musikindustrie aus. Die Menschen wollen trotz Streamingdienste wie Spotify wieder zurück zur Haptik“, erklärt Horx und nennt weitere „analoge“ Beispiele: „Die Menschen stehen wieder voll auf Notizbücher und Polaroidkameras. Bibliotheken, die natürlich auch digitale Produkte haben, erfahren einen unglaublichen Boom. Und an manchen Orten ist sogar der Milchmann zurückgekehrt“, sagt Horx, der so manches Phänomen als „Glokalisierung“ bezeichnet. Sprich: Die Menschen werden immer mehr lokal verwurzlet – das aber mit Weitsicht in die Welt hinaus. „Zukunft entsteht also, wenn Beziehungen gelingen“, sagt Horx.