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Verteidigung

Verteidigung spricht von Affekt-Tat

Ravensburg / Lesedauer: 2 min

Im „Gabel-Mord“ fordert der Staatsanwalt „lebenslänglich“ Urteil am 18. November
Veröffentlicht:13.11.2011, 14:20

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Im so genannten „Gabel-Mord“-Prozess von Riedlingen hat der Staatsanwalt am Donnerstag eine lebenslange Freiheitsstrafe für den zur Tatzeit 21-jährigen Angeklagten gefordert. Die Verteidigung widersprach vehement und kritisierte deren Unterstellung der Heimtücke. Das spätere Opfer sei weder arg- noch wehrlos gewesen, sondern habe den Täter mit einem Hammer provoziert und ihn samt seiner Mutter massiv beleidigt. In seinem Schlusswort entschuldigte sich der geständige Deutsch-Russe bei der Opfer-Familie. „Ich bin kein Mörder“, sagte er. Ihr Urteil will die 1. Schwurgerichtskammer des Landgerichts Ravensburg am 18. November um 10 Uhr verkünden.

„Du bist ein Hurensohn“, soll der stark alkoholisierte (4,1 Promille) 53-jährige Mann aus Riedlingen vor der Tat unter anderem dem 21-Jährigen entgegen geschleudert und ihn den Diebstahls seiner Geldbörse bezichtigt haben. Überdies zog er einen Hammer unter einer Decke hervor und bedrohte damit seinen ebenfalls alkoholisierten Besucher, für den er zuvor Nudeln gekocht, mit ihm gegessen und getrunken hatte (wir berichteten). Nachdem der 21-Jährige zunächst die Situation wieder beruhigen konnte, überzog ihn das spätere Opfer erneut mit Beleidigungen, worauf der seinen Hosengürtel zweckentfremdete, ihn dem 53-Jährigen um den Hals legte und ihn würgte. Um sicher zu gehen, dass der auch tot war, stach er ihm zweimal mit einer Essgabel in die Brust, wischte die Spuren ab und verließ die Wohnung.

Die Verteidigung bedauerte in ihrem einstündigen Plädoyer, dass sich weder Staatsanwalt noch Nebenkläger in ihren Ausführungen der Person des Angeklagten genähert hätten, der, ohne Deutschkenntnisse, in ein ihm fremdes Deutschland gekommen und dort ausgegrenzt gewesen sei. Schon 2007 habe dessen verzweifelt Mutter um Hilfe für ihren Sohn nachgesucht, bei dem sie bemerkt hatte, dass er „irgendwie anders“ sei, wenn er Alkohol getrunken hatte. Drogenkonsum kam hinzu.

„Er war in der Situation geschwächt, er war nicht er selber“, erinnerten die Verteidiger, und: die „Gabel-Geschichte“ sei ihm nicht richtig bewusst gewesen. Für einen Mord-Hintergrund und Heimtücke gebe es keine Hinweise, plädierte die Verteidigung, dafür spreche alles für eine Spontan-Tat und ein affektives Verhalten.

Schon im Alter von 14 Jahren war der Angeklagte in Russland mit Alkohol in Kontakt gekommen. Durch die Probleme in Deutschland hat er sich auf täglich mehrere Flaschen Bier und jeden zweiten Tag eineinhalb Flaschen Wodka gesteigert. Er habe immer so viel getrunken, dass der Sucht-Druck erträglich gewesen sei, und „er trank bei jeder sich bietenden Gelegenheit“, sagte ein Verteidiger.

Der 21-Jährige steht zu seiner Schuld, hat sich, als er realisiert hatte, was geschehen war, einem Freund offenbart.