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Pflanzenschutzmittel

Wasserversorger warnt vor Glyphosat

Ehingen / Lesedauer: 4 min

Zweckverband Landeswasserversorgung misst hohe Werte des Pestizids in der Donau und ist beunruhigt
Veröffentlicht:14.08.2018, 18:37

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Das Pflanzenschutzmittel Glyphosat sorgt immer wieder für Schlagzeilen, ob im Bier, als mutmaßliche Ursache für das Bienensterben oder durch große Prozesse gegen das Unternehmen Monsanto, das seit Kurzem zum deutschen Bayer-Konzern gehört. Eine aktuelle Studie zeigt, dass bei uns in der Region viele Pflanzenschutzmittel in Bächen und Flüssen landen. Bei Glyphosat wurden Grenzwerüberschreitungen in der Donau gemessen. Während die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) kein Problem sieht, schlägt die Landeswasserversorgung (LW) Alarm und droht dem Land sogar mit einer Klage, weil sie wissen will, wie viel Pflanzenschutzmittel auf den Feldern im Südwesten landet.

Besonders heikel ist die Problematik, wenn man die Schwäbische Alb betrachtet. Hier gibt es, wie in vielen Ehinger Teilorten, meist keinen oberflächigen Abfluss. Die Wasserversorger sind besorgt, dass die Giftstoffe durch das Kalkgestein nahezu ungefiltert ins Grundwasser sickern könnten. Eine Kontamination des Grund- und damit des Trinkwassers könnte nur noch eine Frage der Zeit sein.

Die Landeswasserversorgung nutzt neben Grundwasser von der Schwäbischen Alb auch Flusswasser aus der Donau und versorgt damit Großräume wie Stuttgart, Heidenheim, Aalen und Ellwangen. Die Messungen der LW in der Donau lieferten einen Spitzenwert in einem Entwässerungsgraben bei Langenau mit 180 Nanogramm Glyphosat (eine Überschreitung um 80 Prozent). Dann folgt ein Messpunkt an der Nau im Donauried, an dem 120 Nanogramm gemessen wurden und einer in Wiblingen mit immerhin noch 110 Nanogramm. „Zudem haben wir bei unseren Messungen Neonicotinoide sowie Atracin und Fluoressigsäure festgestellt“, sagt Bernhard Röhrle , Sprecher der LW. In beinahe jedem größeren und kleineren Gewässer konnte Glyphosat festgestellt werden – und zwar deutlich mehr als erwartet. Die Funde reichen vom kleinsten Entwässerungsgraben bis zu Flüssen wie der Blau oder der Iller. „Aktuell haben wir noch kein Problem, aber wir sind sehr besorgt“, sagt Röhrle.

Der Grenzwert für Glyphosat in Trinkwasser liegt bei 100 Nanogramm pro Liter. Für normales Oberflächenwasser in Bächen und Flüssen gibt es einen solchen Grenzwert nicht. Deswegen sehen LUBW und Landratsamt die aktuellen Messungen des Zweckverbands für unproblematisch an.

LUBW beruft sich auf fehlenden Grenzwert

Dass Glyphosat neben seiner Nutzung in der Landwirtschaft auch auf Bahndämmen im ganzen Landkreis eingesetzt wird und so durch Auswaschung in Gewässern überall im Alb-Donau-Kreis landet, beweisen die Messungen der LUBW, die im Rahmen der Gewässeroberflächenverordnung im vierwöchigen Rhythmus Stichproben nimmt. Seit 2005 misst das LUBW sowohl Glyphosat als auch dessen Zerfallsprodukt Aminomethylphosphonsäure (AMPA). „In der Oberflächengewässerordnung gibt es weder für Glyphosat noch seinen Metaboliten AMPA einen Grenzwert [...]. Damit gibt es auch keine Grenzwertüberschreitungen“, so eine Sprecherin.

Das Umweltbundesamt gebe jedoch 28 Gramm pro Liter für Glyphosat und 96 Gramm pro Liter für AMPA als eine jedoch nicht bindende Umweltqualitätsnorm vor. Die aktuellsten Messdaten vom Stehenbach bei Rottenacker, der Schmiech bei Ehingen und der Rot in Stetten, nördlich von Achstetten, stammen aus den Jahren 2011 bis 2013. Damals habe es keine Überschreitungen dieser Umweltqualitätsnormen gegeben. „Die nächste Bewertung steht Mitte des Jahres 2019 an. Analysezeitraum sind dann die Jahre 2016 bis einschließlich 2018“, heißt es vom LUBW.

Das Landratsamt des Alb-Donau-Kreises, das von der Landeswasserversorgung über die Messungen informiert wurde, sagt: „Maßgeblich für uns als Landratsamt sind die Messungen der Landesanstalt für Umwelt“, so Pressesprecher Bernd Weltin. Die Aufgabe der Behörde sei es, auf die richtige Anwendung von Pflanzenschutzmitteln zu achten. Ein Abdriften auf benachbarte Flächen und in Gewässer verfehle dieses Ziel und sei unerwünscht. Kontrollen der landwirtschaftlichen Betriebe und Flächen schlössen Pflanzenproben neben Gewässern mit ein. „Eine flächendeckende Kontrolle aller landwirtschaftlichen Betriebe scheint bei sieben positiven Befunden in sechs Jahren (2012 bis 2017), davon vier unterhalb des gesetzlich zulässigen Grenzwertes, allerdings nicht angebracht.“ Landrat Heiner Scheffold betont zudem, dass sein Haus die Beratung und Fachaufsicht sehr ernst nimmt: „Wir kennen die Problematik und wir handeln danach. Gerade mit Blick auf den Gewässerschutz. Schließlich sind gut zwei Drittel der Kreisfläche Wasserschutzgebiet.“

Gefährdung für Mensch und Umwelt

Im Gegensatz zur LUBW sieht die Landeswasserversorgung den Eintrag der Giftstoffe als klare Gefährdung für Mensch und Umwelt, auch wenn das Trinkwasser bisher noch nicht betroffen ist. „Die Stoffe haben natürlich eine Wirkung auf das Ökosystem und werden über die Nahrungskette auch die Tierwelt, wie Fische oder Vögel, belasten“, sagt Röhrle. Man habe kein Interesse daran, das Problem zu dramatisieren, wolle aber rechtzeitig darauf hinweisen, sodass Maßnahmen getroffen werden könnten.

Das LUBW hingegen sieht die Verantwortung beim Wasserversorger. Sofern Wasser als Trinkwasser genutzt werde, müsse dieser dafür sorgen, dass Grenzwerte eingehalten werden. „Da die gemessenen Konzentrationen für Pflanzenschutzmittel unterhalb der Umweltqualtiätsnorm liegen, leitet sich aus unseren Daten keine Gefährdung für Mensch, Tier oder Pflanzen ab“, heißt es.