V ielleicht lieber morgen“ – ein eher nichtssagender Titel für eine Teenager-Tragikomödie. „The Perks of being a Wallflower“, so der Titel des dem Film zugrundeliegenden Romans, trifft es da deutlich besser. Denn Hauptfigur Charlie (Logan Lerman) entdeckt hier wirklich „Die Vorteile des Mauerblümchendaseins“.
Dabei ist seine Ausgangslage nicht gerade die beste: Der 15-Jährige ist verschlossen, muss den Selbstmord seines besten Freundes verkraften. Zudem beginnt für ihn die endlos erscheinende Zeit an der High-School. Tatsächlich ist der einzige Freund zunächst sein Englischlehrer Mr. Anderson (Paul Rudd) – aus Charlies Sicht kein gutes Zeichen.
Doch dann entdeckt er unter den älteren Mitschülern die Außenseiterclique um die Stiefgeschwister Sam ( Emma Watson ) und Patrick (Ezra Miller). Die beiden nehmen ihn unter ihre Fittiche, und Charlie wird ein Jahr voller Abenteuer und Liebeswirren, aber auch dunkler Geheimnisse erleben.
High-School-Außenseiter nehmen in amerikanischen Filmen über das Erwachsenwerden oft eine herausragende Rolle an. „Vielleicht lieber morgen“ macht aber schnell klar, dass man gar nicht zu den populären Kids gehören muss, um ein aufregendes Leben mit allen Höhen und Tiefen zu entdecken.
Stephen Chbosky verfilmt seinen eigenen Roman aus dem Jahr 1999. Zwar ist die Handlung im Jahr 1991 angesiedelt und Mode und Ausstattung sind entsprechend angepasst, das eigentliche Geschehen behandelt aber sehr zeitlose Fragen: Wie definiere ich mich und welche Kompromisse muss ich mit meiner Umwelt eingehen? Wer sind meine Freunde und was verbindet uns?
Große Werke der amerikanischen Literatur werden reichlich zitiert, schließlich versorgt Mr. Anderson Charlie mit immer neuen Leseempfehlungen. Der engagierte Lehrer, der seinen Schülern mit Literatur durch die Wirrungen des Erwachsenwerdens hilft, ist in amerikanischen Erzählungen eine feste Größe, in deutschen Jugendromanen allerdings so gut wie unbekannt.
Der Film porträtiert die Charaktere lebensnah. Zwar verdankt er einen guten Teil seiner Aufmerksamkeit der Mitwirkung von Emma Watson, die hier erstmals aus dem mächtigen „Harry Potter“-Schatten heraustritt. Noch überzeugender geraten aber Logan Lerman und Ezra Miller ihre Figuren. Dazu gibt es eine gelungene Musikauswahl mit Liedern, die kleine wie große Teenagergefühle auf den Punkt bringen, wobei David Bowies „Heroes“ eine zentrale Rolle spielt. Ein Film, der trotz aller Leichtigkeit nicht über die schwierigen Seiten des Erwachsenwerdens hinwegtäuscht.
Vielleicht lieber morgen. Regie: Steven Chbosky. Mit Emma Watson, Logan Lerman, Ezra Miller. USA 2012. 103 Minuten.