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„Tatort“-Kritik aus Köln: „Abbruchkante“

Ravensburg / Lesedauer: 1 min

Krimi im Krisenland: Am Rand einer Tagebaugrube wird der Dorfarzt erschossen. Die Kölner Kommissare Schenk und Ballauf entdecken landschaftliche und moralische Verwüstung.
Veröffentlicht:26.03.2023, 10:00

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Kaum hat sich der Krawall um das reale Lützerath gelegt, da wird das rheinische Braunkohlegebiet zum TV–Tatort. Das fiktive Dorf Bützenich mit seinen Backsteinhäusern ist ein Geisterort, seit die Bürger, gedrängt vom „Konzern“, ins sterile Neu–Bützenich gezogen sind. Eine Absurdität, denn die Politik stoppt den Tagebau, das Dorf bleibt stehen. Zu spät. Depression hat sich breitgemacht, ein altes Ehepaar mixt sich Schlafmittel in den Sekt. Nur der Opa (Peter Franke) überlebt. Wenig später wird sein Arzt erschossen, der nebenbei mit der Krise spekuliert hat. Die Kölner Kommissare Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) müssen vor Ort übernachten, weil Freddys Oldtimer mal wieder streikt. Theaterstar Barbara Nüsse spielt die Pensionswirtin Bongartz, die früher Küsterin war und mit Hilfe der beiden Kripo–Männer die von ihrem Großvater gestiftete Madonnenfigur aus der entweihten Kirche klaut. Ein überaus origineller Auftritt!

Und so ist der ganze Krimi nach einem Buch von Eva und Volker Zahn: traurig, aber nicht ohne einen skurrilen Witz. Unter der Regie von Torsten C. Fischer dürfen Schauspieler und Schauspierinnen charakterstarke Gesichter und beklemmende Gefühle zeigen. Großartig auch Lou Stenger als alkoholkranke Witwe des Arztes. Aber die Hauptrolle, mit der Drohnenkamera gefilmt, spielt die Landschaft, in der sich das Loch der industriellen und moralischen Verwüstung aufgetan hat.


„Tatort: Abbruchkante“, Sonntag, ARD, 20.15 Uhr.