Familienzweig

Neue Töne in Bayreuth

Kultur / Lesedauer: 2 min

Festkonzert zu Ehren von Wieland Wagner stimmt versöhnlich
Veröffentlicht:25.07.2017, 18:08
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Unerhörtes ist aus Bayreuth zu vermelden. Der übliche Zank vor Eröffnung der Festspiele fällt dieses Jahr aus. Im Gegenteil. Versöhnung scheint angesagt. Die verfeindeten Familienzweige der verstorbenen Brüder Wieland (1917-1966) und Wolfgang Wagner (1919-2010) gehen offenbar aufeinander zu. Diesen Eindruck jedenfalls nahm man vom Festakt zum 100. Geburtstag von Wieland Wagner mit. Festspielchefin Katharina Wagner, Tochter von Wolfgang Wagner, begrüßte ihre Cousinen und den Cousin – „liebe Nike, liebe Daphne, lieber Wolf Siegfried “ – persönlich und versicherte, dass diese Feier im besten Einvernehmen miteinander konzipiert worden sei.

Und dieser Abend war noch auf eine weitere Weise denkwürdig. Denn erstmals erklang im Bayreuther Festspielhaus etwas anderes als Wagner. Neben den Ouvertüren zu „Rienzi“ und „Parsifal“ spielte das Festspielorchester unter Hartmut Haenchen Auszüge aus Verdis „Otello“ und Bergs „Wozzeck“. Frenetisch feierte die Festgemeinde – neben geladenen Gästen auch viele Bayreuther Bürger, unter denen Karten verlost wurden – Solistinnen und Solisten sowie das Festspielorchester.

Launige Festrede

Anlass der Feier war der 100. Geburtstag Wieland Wagners, der schon als Kind Hitler („Onkel Wolf“) kennenlernte und von ihm protegiert wurde. Derart aufs Engste mit dem Nationalsozialismus verbunden, hat er trotzdem zusammen mit seinem Bruder, nur sechs Jahre nach dem Krieg, wieder die Festspiele ausgerichtet. Mit einem abstrahierenden Stil sollten die Geister der NS-Vergangenheit gebannt werden. Die Strategie ging auf. „Neubayreuth“ war geboren. Der Rest war Schweigen. Die Scham über seine Verstrickung mit dem System habe Wieland Wagner in seiner Kunst kompensiert. So jedenfalls sieht es Sir Peter Jonas. In seiner Festrede spannte der ehemalige Münchner Opernintendant den ganz großen Bogen von der griechischen Tragödie bis zum Brexit, attestierte den Wagners einen ebenso hohen Glamourfaktor wie den Kennedys oder Windsors und spickte seine launige Rede mit Erinnerungen daran, wie er als junger Student heimlich ins Festspielhaus schlich.

Wieland Wagner muss ein Schwieriger gewesen sein. „Worte an meinen Vater“ richtete sein Sohn Wolf Siegfried Wagner, geboren 1943. In kurzen Sätzen charakterisierte er einen Mann, der es sich und den Seinen offenbar nicht leicht gemacht hat. „Mich hast du noch Wolf Siegfried genannt, mit Nike und Daphne warst du schon bei der griechischen Tragödie angelangt.“ Das Schweigen des Vaters treibt den Sohn um. „Nicht jeder findet die eigene Geschichte.“