Vorband bei Wincent Weiß
„Musik muss über Einsen und Nullen hinausgehen“, sagt Myle im Interview
Kultur / Lesedauer: 5 min

Simon Müller
Er ist einer der aufstrebenden jungen Musiker der Pop-Szene: der 23-jährige Sänger Milo Hoelz. Geboren ist „Myle“ ‐ wie sich der Künstler nennt ‐ in Ravensburg und hat dort auch seine musikalische Karriere begonnen.
Mit seiner Single „Mutual“ schaffte er es 2022 in die Top 50 der deutschen Radio-Charts, zudem stand er schon mit internationalen Größen wie Welshly Arms oder Wincent Weiss auf der Bühne. Im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“ verrät er, wovon sein erstes eigenes Album handelt, wie er zu seinem Künstlernamen kam und warum er immer gerne nach Oberschwaben zurückkommt.
Myle, seit ein paar Monaten wohnen Sie im großen Berlin. Wie oft schauen Sie noch im beschaulichen Oberschwaben vorbei?
Meine Eltern wohnen dort, mein Hund ist noch da und die meisten meiner Freunde. Deswegen bin ich noch oft in Ravensburg, das nächste Mal wahrscheinlich wieder an Weihnachten. Die Stadt ist für mich das, was ich mit Heimat und meiner Kindheit verbinde. Ich komme jedes Mal gerne zurück, weil Ravensburg für mich auch ein Rückzugsort ist, um etwas herunterzukommen.
Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Jugend und Kindheit?
Es war schön, hier in Oberschwaben aufzuwachsen. Meine Mutter stammt aus New York, mein Vater aus Bodnegg bei Ravensburg. Wir haben hier gewohnt, waren aber auch oft in den Staaten zu Besuch. Ich habe es immer sehr genossen, diesen Kontrast aus einer US-Millionenstadt und dem ländlichen Oberschwaben mitzubekommen.
Sie haben mit sieben Jahren angefangen Klavier zu spielen, mit 14 zudem Gitarre. Wie kamen Sie zur Musik?
Musik war schon immer ein riesiges Thema bei uns zu Hause. Mein Vater spielt Schlagzeug, es gab also sehr viel Berührungspunkte zur Musik ‐ und ich hatte einige Möglichkeiten, Bühnenerfahrung zu sammeln, sei es beim Rutentheater oder bei Auftritten an der Musikschule. Mit 16 durfte ich zum Beispiel schon auf dem Southside-Festival auftreten. Das war ein krasses Gefühl. Seitdem hat sich mein Traum immer mehr verfestigt, Musiker zu werden.
Sie haben an der renommierten Pop-Akademie Mannheim studiert. War das der richtige Schritt, bevor die Musikkarriere jetzt so richtig Fahrt aufnehmen kann?
Ich glaube, es war total wichtig für mich, nach Mannheim zu gehen. Ich habe viel gelernt über die Musik und vor allem das Business. Aber am allerwichtigsten war es für mich, dass ich in der Pop-Szene Kontakte knüpfen konnte. Primär geht es sogar ums Netzwerken an der Pop-Akademie.
Aber Sie haben am Ende auch einen wissenschaftlichen Bachelor-Abschluss in der Tasche, oder?
Ich habe meine Bachelor-Arbeit erst vor ein paar Tagen abgegeben und mir als Thema mein erstes eigenes Album ausgesucht. Das war relativ spontan, hat aber ganz gut gepasst.
Apropos: Wie stolz sind Sie auf ihr erstes Album „Songs to Scream in the car“?

Milo Hoelz alias „Myle“
„Myle“ ist in Ravensburg geboren und aufgewachsen. Sein Vater kommt aus Oberschwaben, seine Mutter aus New York.
Dadurch spricht Milo fließend Deutsch, singt aber auf Englisch. Nach seinem Schulabschluss fing „Myle“ mit einem Musikproduktionsstudium an der renommierten Pop-Akademie in Mannheim an. Ende 2020 erschien seine erste Single „Late Night High“. Die Single „Mutual“ erreichte die Top 50 der deutschen Radio-Charts.
Aufgetreten ist „Myle“ bereits bei verschiedenen Künstlern, wie Justin Jesso, Welshly Arms und Wincent Weiss als Vorband. Im Herbst dieses Jahres ist nun sein erstes eigenes Album „Songs To Scream in The Car“ erschienen, mit dem er kommendes Jahr auch auf Tour gehen wird. Auf seiner Tour 2024 wird Myle unter anderem auch Halt in Stuttgart am 25. Oktober und in München am 30. Oktober machen.
Sehr. In dem Album stecken zweieinhalb Jahre Arbeit. Vor allem konnte ich meine Erfahrungen verarbeiten ‐ aus der Komfortzone herauszukommen, das erste Mal alleine zu leben, dann aber auch über die Musik viele Leute kennenzulernen, im Radio gespielt zu werden und auf Festivals aufzutreten. Diesen Mix aus verschiedenen Gefühlswelten habe ich im Album zusammengefasst.
Wie wichtig ist es aus Ihrer Sicht, im schnelllebigen Internet-Zeitalter und vielen Musikdienstleistern noch ein komplettes Album herauszubringen?
Ich glaube, Musik ist insgesamt etwas, das über Einsen und Nullen hinausgehen muss. Singles sind schön für jeden Künstler, aber ich halte es für unfassbar wichtig, am Ende daraus auch ein Album zu kreieren. Das ist etwas Fertiges und Haptisches, dass man zu Hause in den Händen halten kann ‐ mit einem Anfang und einem Ende. Ein Album ist wie eine kleine Reise und hat nochmal eine ganz andere Wertigkeit, als sich Songs einzeln auf Streamingdiensten anzuhören.
Mittlerweile stehen Sie mit großen Künstlern wie Wincent Weiss oder Welshly Arms auf der Bühne. Wie schafft man es dabei, mit erst 23 Jahren nicht abzuheben?
Das ist für mich gar nicht so schwierig. Ich habe ein tolles Umfeld und eine Familie, die mich immer wieder erdet. Und ich glaube, ich bin eine sehr selbstkritische Person. Als typischer Schwabe gebe ich mir eben mehr Kritik als Lob.
Ihr Künstlernamen ist leicht anders als Ihr echter Namen. „Myle“ statt „Milo“. Warum?
Meine Eltern haben mir den amerikanischen Namen Milo gegeben. Doch den Namen spricht man genau gleich aus wie den des bekannten Pop-Musikers Milow, nur ohne W am Ende. Weil es phonetisch keinen Unterschied macht, war für mich klar, dass mein Künstlername anders sein muss, ‐ dann habe ich meinen Spitznamen „Myle“ genommen. Lustigerweise stand ich einmal auch mit dem anderen Milow zusammen auf der Bühne, also Milo und Milow.
Diesen Herbst haben Sie Ihre erste eigene Tour gespielt. Welche Erfahrungen konnten Sie dort sammeln?
Ich konnte in den vergangenen Jahren einige Live-Erfahrungen sammeln, aber die erste eigene Tour war schon sehr besonders. Bei jedem Auftritt wurde mir klar, dass die Leute ihr Ticket nur gekauft haben, um meine Musik zu hören ‐ ein extrem krasses Gefühl.
2024 spielen Sie mit Ihrem Team schon die nächste Tour. Warum legen Sie in Ravensburg keinen Stopp ein?
Tatsächlich wird Ravensburg als Stopp leider nicht dabei sein können. Aber es könnte sein, dass wir bald einen Auftritt in Ravensburg unabhängig von der Tour planen. Da darf man sich überraschen lassen, ich arbeite gerade daran.