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„Tatort“-Kritik aus Dresden: „Katz und Maus“

Kultur / Lesedauer: 2 min

Der Dresdener Tatort „Katz und Maus“ zeigt gekonnt, welche Folgen Fake News haben können: Ein Geiselnehmer vermutet 150 entführte Kinder in einem Keller. Die gibt es jedoch nicht.
Veröffentlicht:19.11.2022, 05:00

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Tatort: Katz und Maus (So., ARD , 20.15 Uhr) –Diese „Tatort“-Folge aus Dresden zeichnet sich durch ihr enormes Tempo aus. Den Ermittlerinnen um Kommissariatsleiter Peter Michael Schnabel (Martin Brambach) ist, wie auch den Fernsehzuschauern, keine Pause vergönnt.

Gleich zu Beginn wird die Reporterin eines Sensationsblatts gekidnappt. In einem online gestellten Video fordert der Geiselnehmer ( Hans Löw ), dass 150 von Menschenhändlern entführte Kinder innerhalb von 24 Stunden aus einem Keller in Dresden befreit werden. Er bezieht sich mit seiner Forderung auf die Behauptung eines Verschwörungstheoretikers, der auf seinem Kanal von einer unheilvollen Allianz zwischen Polizei und Presse faselt. Der Entführer der Journalistin glaubt, dass auch seine vor Jahren verschwundene Tochter unter den Kindern ist.

Vorbild für den Tatort am Sonntag war das „Pizzagate“ in den USA

Wie geht man auf einen Geiselnehmer ein, dessen Forderungen man niemals erfüllen kann? Weil es die 150 Kinder im Keller nicht gibt. Als nach der Journalistin auch Schnabel in die Fänge des Psychopathen gerät, stoßen seine beiden Kolleginnen Gorniak (Karin Hanczewski) und Winkler (Cornelia Gröschel) an ihre Grenzen – und die des Gesetzes. Ist es legitim, Fake News mit Fake News zu bekämpfen?

Gregory Kirchhoff, mit seinen 30 Jahren der jüngste „Tatort“-Regisseur aller Zeiten, hat sich Thriller-Altmeister David Fincher zum Vorbild genommen. Tatsächlich gelingt ihm eine atemlose Jagd durch Dresden, das sich diesmal mit viel Lokalkolorit präsentiert. Die Drehbuchautoren Jan Cronauer und Stefanie Veith haben sich derweil von dem als „Pizzagate“ in die US-Geschichte eingegangenen Skandal inspirieren lassen.

Im Jahr 2016 warfen Anhänger von Donald Trump dessen Kontrahentin Hillary Clinton vor, in einen Kinderpornohandel in einer Pizzeria verstrickt zu sein.

Ein gelungener „Tatort“, spannend bis zum Schluss. Die nächsten beiden Wochen sendet die ARD wegen der Fußball-WM übrigens keine neuen „Tatort“-Folgen.