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Riedlingen - Bei schönem Wetter und heißen Temperaturen hat sich in Riedlingen schon immer ein Bad in der Donau angeboten, was auch früher die Riedlinger sehr genossen haben. Allerdings nach etwas anderen Spielregeln, wie ein Blick in historische Aufschriebe zeigt. „Trotz früherer Anweisung der Badeplätze der verschiedenen Altersklassen kann man zum Aerger der Erwachsenen wahrnehmen, daß diese Anordnung durchaus nicht befolgt wird. Strengeren Maßregeln wird entgegengesehen und namentlich wird von verschiedenen Seiten gewünscht, daß das Baden vor dem Vollmer Garten (Anmerkung: etwa dort, wo heute die Holzbrücke steht) bei Tage gänzlich verboten werden möge.“ So berichtete die Riedlinger Zeitung im August 1868.Baden in „verschiedenen Altersklassen“ und in „angewiesenen Badeplätzen“ war genauestens geregelt: Am Donaubogen oberhalb des Weilers befand sich das Bubenbad. Quer über die Donau war ein Stahlseil gespannt für Nichtschwimmer. Daran schloss sich das Herrenbad an. Es verfügte am Ufer über eine Umkleidehütte und eine Treppe, die ins Wasser führte. Die Mädchen durften in umzäunten Sicherheitszonen bei den Bleichegärten baden und für das Damenbad waren oberhalb der Donaubrücke Kabinen aufgestellt. Wildes Baden war also streng verboten und „das Tragen von Badhosen bei Strafe im freien Bad angeordnet“. Hedwig Meis-Brand, die Tochter des damaligen Apothekers am Marktplatz, beschreibt in ihren „Erinnerungen an Riedlingen“ die Einrichtung der Badekabinen: „Badehäuschen lagen an einem langen Steg, einzelne, möchte ich sagen Badestuben mit einem Gang, einer Bank und Haken an der Wand zum Entkleiden, einer kleinen Treppe, die hineinführte in einen Lattenkasten. Ähnlich sahen diese Kästen aus, wie etwa eine riesige Kartoffelkiste. Sie waren verschieden tief in die Donau eingehängt, so daß Kinder und Erwachsene, je nach ihrer Größe, darin baden konnten. Jeder dieser Kästen bot Platz für mehrere Kinder. Wir wurden dort hineingesetzt und strampelten und amüsierten uns. Unsere Kindermädchen zogen dann Schuh und Strümpfe aus, zogen die Röcke hoch, fischten eins von uns nach dem anderen aus dem Wasser, seiften uns gründlich ein und ließen uns dann wieder untertauchen.“ Die Zeitung präzisierte: „Das Badhaus besteht aus sechs Badecabineten und ruht auf einem Floß, das mit Ketten an dem Land befestigt ist. Ein jedes Cabinet ist ein 0,95 Meter breiter, 2 Meter langer und 0,85 Meter tiefer Badkasten mit Löchern. Eine Stiege dient zum bequemeren Auf- und Abgehen in dem Kasten. Auf dem geräumigen Platz zum An- und Auskleiden ist ein Tisch, ein Stuhl und ein Spiegel placirt; empfehlenswert ist es, Handtücher selbst mitzubringen.“ Länger als eine halbe Stunde durfte das Vergnügen nicht andauern, „eine in der Nähe des Badhauses abgestellte Frauensperson beaufsichtigte von morgens 6 Uhr bis abends 8 Uhr“ das Geschehen.Interessanterweise bot bereits 1852 Tuchscheerer Mayer „einem werthen Publikum seine Badhäuser an, auch gibt derselbe warme Bäder auf Vorausbestellung. Solide Bedienung wird zugesichert.“ Die Gäste wurden dort nicht etwa geschoren, sondern der Tuchscherer war ein Handwerker, der die gewobenen Stoffe veredelte und im Badeangebot einen Nebenverdienst sah. Die Tuchschererei befand sich oberhalb der Donaubrücke am rechten Ufer, worauf sich der Name „Tuchplatz“ auch bezieht. 1899 kam der große Durchbruch in der Badekultur. „Das Badehaus wurde am rechten Donauufer für Einzelbäder errichtet und das Freibad am linken Ufer fertiggestellt.“ Die Benutzung war unentgeltlich für männliche Personen ab 18 Jahren, allerdings „unter der sachkundigen Aufsicht des Herrn Stadtrats Haueisen als Badekommissär. Ein neues Seil und die neue Treppe, sowie das gegen Sonne und Regen schützende Vordach sind dankbar zu begrüßende Ergänzungen“, berichtet die Zeitung. „Indem die Stadtgemeinde den Badelustigen aller Stände eine solch prächtige Gelegenheit kostenlos bietet, kann sie von den Besuchern des Badehauses erwarten, daß Ordnung und Reinlichkeit aufrechterhalten und Verstöße gegen dieselbe zu strenger Ahndung zur Anzeige gebracht werden.“ Erst 1946 wurde die Kabinenanlage in völlig desolatem Zustand um 1200 Reichsmark an den Schafhalter Friedrich Hiller zum Abbruch verkauft.