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Wohnungsbau hofft auf mehr Förderung

Aalen / Lesedauer: 6 min

Wohnungsbau Aalen hofft auf mehr Förderung und weniger Vorschriften – „Es muss auch finanziert werden können“
Veröffentlicht:19.04.2018, 17:46

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Aalen - Zu teuer, nicht bezahlbar, am wahren Bedarf vorbei – die Kritik am derzeit boomenden Wohnungsbau zieht sich gleichlautend durch die ganze Republik. Und trifft nach Ansicht nicht weniger auch auf Aalen zu. Ja, es seien bislang zu wenig Sozialmietwohnungen gebaut worden, sagt Robert Ihl, Geschäftsführer der Wohnungsbau Aalen. Er gibt aber auch das zu bedenken: „Sozialer Wohnungsbau muss auch finanziert werden können.“

Mit ihren rund 1400 Wohnungen im Bestand ist das städtische Tochterunternehmen Wohnungsbau Aalen eine Größe im Aalener Immobilienmarkt. Allein dieser Bestand mit Mieten unter den Werten des Aalener Mietspiegels wirke schon dämpfend auf die Mietpreise in der Stadt, ist Ihl überzeugt. Worum sich das Unternehmen auch stetig bemüht. Bei der Modernisierung eines Mietwohnbaus etwa dürfte die Wohnungsbau nach Gesetz elf Prozent Mietpreisumlage verlangen, das heißt zwei bis drei Euro mehr pro Quadratmeter. „Wir belassen es aber bei einer Anpassung zwischen 50 Cent und einem Euro“, sagt Ihl, weil eine solche Erhöhung zwischen vier und fünf Prozent für die Mieter noch tragbar sei. Will gleichzeitig auch heißen: „Luxussanierungen machen wir nicht.“

Allerdings hat der Verzicht auf die volle Modernisierungsmiete Auswirkungen auf die Bilanz des Unternehmens: Rund 250 000 Euro fehlen dadurch regelmäßig im Jahresergebnis. Geld, das an anderer Stelle verdient werden muss. Auch dafür, um geförderten Wohnraum, etwa für Menschen mit einem Wohnberechtigungsschein, bauen zu können. Um 33 Prozent muss hier die Miete unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Derzeit stehen 640 Menschen auf der Warteliste der Wohnungsbau, etwa die Hälfte davon hat einen Wohnberechtigungsschein.

Formel zur Querfinanzierung

Bei der Neubautätigkeit der Wohnungsbau Aalen gilt schon lange die Formel 50-25-25. Will heißen, die Hälfte neuer Wohnungen baut sie für den Verkauf, ein Viertel als „normale“ Mietwohnungen, ein weiteres Viertel als geförderten Wohnraum. „Mit dieser 50-prozentigen Verkaufsquote finanzieren wir den geförderten Wohnraum quer“, sagt Ihl. Und diese Formel verhelfe dem Unternehmen zu einem soliden Finanzgefüge, das auch bei der Kreditaufnahme dem von den Banken geforderten Messzahlen gerecht werde. In den kommenden acht Jahren plant die Wohnungsbau, 500 neue Wohnungen zu errichten, davon werden 130 geförderte Wohnungen sein.

Die Formel 50-25-25 bewirkt nach Überzeugung Ihls aber noch mehr: Sie sorge für „gesunde Nutzerstrukturen“ in einem Quartier und wirke der Stigmatisierung von ganzen Wohnvierteln wie etwa über Jahrzehnte hinweg am Rötenberg entgegen. Weshalb gerade dort das ganze von der Wohnungsbau anvisierte Programm mit Modernisierungen und Neubauten vor allem auch ein Ziel haben soll: aus einem alten „Problemviertel“ ein attraktives Wohnquartier zu machen mit einer guten Durchmischung der Bewohner. Was freilich, das räumt auch Ihl ein, fast schon die Aufgabe für eine ganze Generation ist.

Schon jetzt macht sich laut Ihl nicht nur im südlichen Teil des Rötenbergs der sogenannte Sickereffekt bemerkbar. Das ist eine Art Umschichtungsprozess zwischen den einzelnen Segmenten am Wohnungsmarkt.

Auslöser einer Umzugskette

Dabei wird davon ausgegangen, dass Haushalte mit höherer wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit in neu geschaffene Wohnungen mit höherer Qualität ziehen und so eine Umzugskette auslösen, bei der auch die jeweiligen anderen Haushaltsgruppen in ein höheres Wohnungsniveau umziehen. Das sickert dann so bis zu den unteren Einkommensschichten durch. Auch der Verkauf von älteren Bestandswohnungen mit bestimmten Auflagen, den die Wohnungsbau immer wieder tätigt, trägt zu diesem Sickereffekt bei. Ebenso der Umstand, dass die Wohnungsbau in seltenen Fällen bei einem Neubauvorhaben gar keine geförderten Wohnungen errichtet wie im Quartier am Stadtgarten. 50 Prozent ihrer dort neu gebauten Wohnungen seien an Kapitalanleger zum Vermieten verkauft worden. Aber auch das, so Ihl, mache wiederum andere Wohnungen aus dem Bestand frei.

Dennoch bleibt Ihls Feststellung: Es sind in den vergangenen Jahren zu wenig Sozialmietwohnungen gebaut worden. Jährlich, so rechnet er vor, fielen in Baden-Württemberg 4000 Wohnungen aus der Sozialbindung heraus, die 180 Millionen Euro an Wohnungsbauförderung durch das Land reichen aber nur für 2500 neue geförderte Wohnungen. Ihl hofft deshalb auch auf die verschiedenen Ankündigungen der neuen Großen Koalition in Berlin, den Wohnungsbau wieder stärker zu fördern und vor allem einfacher zu machen. Mittlerweile habe die Menge an Bauvorschriften nämlich ein absolutes Übermaß angenommen. Weshalb Ihl auch dafür plädiert, den Städten und Gemeinden mehr Freiheiten bei der Anwendung der Landesbauordnung einzuräumen.

Innerstädtisch wird’s teuer

Ganz schwierig sieht Ihl inzwischen die Bebauung direkter innerstädtischer Grundstücke: Altlastenuntersuchungen oder archäologische Untersuchungen seien da inzwischen ebenso Standard wie teure Beweissicherungsverfahren an den Nachbargebäuden oder der sogenannte Berliner Verbau zur Sicherung der Wände einer Baugrube mit einer aufwendigen Trägerbohlwand. Das alles verschlinge beim Bauen zusätzlich viel Geld.

Schließlich die große Frage: Wie definiert sich eigentlich bezahlbarer Wohnraum? „Wenn die Wohnungskosten ein Dittel des verfügbaren Einkommens nicht übersteigen“, erklärt Ihl.

Daten und Fakten

Die Wohnungsbau Aalen verfügt aktuell über einen Bestand an rund 1400 Wohnungen. Ein Fünftel davon unterliegt der Sozialbindung. Das heißt, es darf höchstens die zur Deckung der laufenden Aufwendungen erforderliche Kostenmiete verlangt werden. Sozialwohnungen dürfen zudem nur an Personen mit einer Wohnberechtigungsbescheinigung vermietet werden.

Jedes Jahr fallen bei der Wohnungsbau etwa 20 bis 30 Wohnungen aus dieser Sozialbindung heraus. Das ist dann der Fall, wenn das zum Bau gewährte öffentliche Darlehen zurückbezahlt ist oder wenn die Wohnung nicht mehr durch Zuschüsse gefördert wird. Mithilfe eines Landesprogramms wandelt die Wohnungsbau bei jeder herausfallenden Wohnung die Sozialbindung in eine Belegungsbindung um, das heißt, die bisherigen Mieter können für denselben Mietpreis weiterhin dort wohnen.

Insgesamt liegen die Mieten der Wohnungsbau Aalen zehn bis 15 Prozent unter dem Aalener Mietspiegel. Laut dem beträgt die Durchschnittsmiete in Aalen 6,70 Euro je Quadratmeter, bei der Wohnungsbau liegt sie bei 5,70 Euro. Knapp die Hälfte des Bestandes der Wohnungsbau liegt unter 5,30 Euro, 90 Prozent all ihrer Wohnungen unter sechs Euro. Im Bestand der Wohnungsbau sind auch 250 Wohnungen mit einer Miethöhe 20 Prozent unter der ortsüblichen Miete. Diese „Einfachstwohungen“ verfügen aber auch heute fast durchweg über ein Bad, über Zentralheizung und Bodenbeläge.