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Serie zum BürgerforumTeil 3: Die Experimente etablieren sich

Friedrichshafen / Lesedauer: 7 min

Studentische Kultur mischt sich ein – Seekult-Fesival und Wellenreiter-Konzerte schaffen alternatives Angebot
Veröffentlicht:22.11.2012, 18:15

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„Hochschulstadt Friedrichshafen: Chancen und Herausforderungen“ – so lautet der Titel des Offenen Bürgerforums, zu dem Zeppelin Universität , Duale Hochschule Baden-Württemberg und die Stadt am Mittwoch, 28. November, ab 18 Uhr ins Graf-Zeppelin-Gymnasium einladen. In vier Workshops diskutieren alle Teilnehmer über die Wohnsituation für Studenten, das Nachtleben am See, die Wünsche der hiesigen Wirtschaft an die Unis und die Jobchancen für Absolventen nach dem Studium in Friedrichshafen sowie über die spannende Frage, welche Kosten das Thema Hochschule in FN verursacht und ob der Nutzen, den die Stadt aus beiden Einrichtungen zieht, dazu im richtigen Verhältnis steht.

Die Serie: Die vier Themenblöcke werden von der Schwäbischen Zeitung mit einem Artikel und jeweils unterschiedlichen Impuls-Beiträgen vorgestellt. Diese Beiträge sollen die Diskussion anregen.

Anmeldungen zu der Veranstaltung sind möglich im Internet unter www.zu.de/veranstaltungen , telefonisch unter 0 75 41 / 6009-2192 oder per E-Mail: [email protected]. Der Eintritt ist frei. Ab 20.45 Uhr lädt die ZUG zu einem Apéro.

Es geht um „Regionale Identität“ beim aktuellen Seekult-Festival, das heute im Fallenbrunnen beginnt. Zentraler Veranstaltungsort ist das Kulturhaus Caserne. Organisiert wird dieses Festival bereits zum zweiten Mal von Studenten der Zeppelin Universität.

„Friedrichshafen als Teil des Dreiländerecks bietet einem fachübergreifendem Team von Studenten der Zeppelin Universität eine inspirierende Grundlage: Zwischen industriellen Weltmarktführern, internationalem Tourismus, aufstrebenden Bildungseinrichtungen und schwäbischen Traditionen treffen Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen aufeinander“, so ist es in den Konzepten der Veranstalter zu lesen. Und die haben sich etwas dabei gedacht. Mit den Studenten treffen in Friedrichshafen die unterschiedlichen Identitäten aufeinander und gehen miteinander um. Das in einem Kulturfestival zu thematisieren, ist bereits ein weit größerer Schritt, als lediglich ein Kulturangebot zu schaffen. Die Studenten bieten an, über sich und die Menschen dieser Stadt nachzudenken.

Wenn das Kultur-Angebot der Nachfrage nicht gerecht wird, dann muss man eben selbst aktiv werden. Diese Motivation war nicht nur beim Seekult-Festival Hintergrund der Überlegungen, sondern auch bei der Langen Nacht der Musik, die in diesem Jahr zum wiederholten Mal große Erfolge beim Publikum gefeiert hat. Immer mehr Menschen kommen zu diesen Veranstaltungen und die alternativen Formate finden ihre Anhänger beim Publikum.

Ein gutes Beispiel dafür ist auch das neue Konzertformat der Gruppe Wellenreiter-Konzerte. Ausgehend von Welle 20, dem Radiosender der Zeppelin Universität, der ebenfalls von Studenten betrieben wird, hat sich eine Gruppe junger Menschen aufgemacht, um Konzerte jenseits von Klassik und Jazz in die Stadt zu holen. Dabei geht es nicht um große Hallen und spektakuläre Namen, sondern vielmehr um das etwas andere Format. Das nächste Konzert findet am Freitag, 30. November, 20 Uhr statt. Florian Horwath (AT/Universal) & Music is her Boyfriend (CH) spielen quasi im Wohnzimmer des Brot|Kaffee|Wein (ehemals Aran) auf der Karlstraße. Die Karten kosten 15 Euro, im Anschluss wird es einen gemütlichen Ausklang mit Wein und Musik geben.

Die Wellenreiter-Konzerte bedienen damit genau den Publikumswunsch derer, die sich Abwechslung und Vielfalt wünschen. Die Wellenreiter füllen eine Nische, die jedoch noch für viele andere Produktionen und Veranstalter Platz hätte.

„Wir haben den Anspruch, Stadt und Uni in der Veranstaltung näher zu bringen“, erklärt Tobias Kösters, der die Gesamtleitung des Seekult-Festivals inne hat. Marketing-Leiterin Ann-Christin Bakhos sieht in dem Festival, aber auch mit den Wellenreiter-Konzerten die Möglichkeit, dass sich Studenten und Häfler näherkommen, sich treffen, sich vielleicht Gedanken machen, wie neue Projekte eines alternativen Kulturangebotes aussehen könnten.

Und für Christopher Owen, der das Produktionsbüro des Festivals leitet, steht nicht das solitäre Projekt im Vordergrund, sondern die Möglichkeit, mit solchen Formaten im Kulturleben der Stadt neue Strukturen zu schaffen, auf denen aufgebaut werden könne.

Das Festival will mit den stereotypen Vorstellung vom jeweils anderen, den Vorurteilen und Missverständnissen aufräumen, die sich an verschiedenen Stellen im Zusammenleben zwischen Stadt und Hochschule bilden und niederschlagen. Die verschiedenen Identitäten, die hier am See aufeinander treffen, können auf diesem Weg zusammenfinden und voneinander lernen.

Was das Seekult-Festival als erklärtes Ziel formuliert, ist bei der Langen Nacht der Musik ansatzweise bereits umgesetzt und bei den Wellenreiter-Konzerten als große Chance vorhanden.

Das Campusradio Welle20 präsentiert ein neues Wellenreiter-Konzert mit Florian Horwath (AT/Universal) & Music is her Boyfriend (CH) am 30. November im Wohnzimmer des Brot|Kaffee|Wein in Friedrichshafen. Einlass ist um 19:30 Uhr, Konzertbeginn um 20 Uhr. Die Karten kosten 15 Euro. Während des Wohnzimmerkonzertes wird es ein spezielles Wohnzimmermenü geben, welches zu einem kleinen Preis serviert wird. Im Anschluss wird es einen gemütlichen Ausklang mit Wein und Musik geben. Weitere Informationen gibt es auch unter www.facebook.com/Wellenreiter.Konzerte .

Das Seekultfestival beginnt am Freitag, 23. November, und ist unbedingt einen Besuch wert. www.seekult.de

Claus-Michael Haydt, Geschäftsführer des Kulturhauses Caserne:

Kultur in Friedrichshafen ist ein schwieriges Geschäft. Neben den etablierten Angeboten eine Subkultur aufzubauen, ist schwer, man kann mitunter eine Veranstaltung überall anders mit großem Erfolg machen, nur in Friedrichshafen nicht. Die Uniszene bricht diese Strukturen so langsam auf. Da wird im Kulturhaus Caserne ein neuer Raum gebaut und eingerichtet, da entsteht eine eigene Subkultur und die Leute sind offen für Experimente.

Was hier ansonsten schwer fällt, machen die Studenten: Sie bauen auf vorhandenen Strukturen auf und versuchen auch mal etwas. Die Lange Nacht der Musik, das Wellenreiterprojekt oder das Seekult-Festival sind die ersten Beispiele dafür. Diesen Schritt aber schaffen nur ganz wenige. Wer sich beschwert, dass in Friedrichshafen nichts geht oder zu wenig angeboten wird, ist in der Regel selbst viel zu unflexibel, sich auf die ein oder andere Sache einzulassen. In dieser Stadt fehlt das Engagement, kaum einer ist in der Lage, hinter dem Ofen herzukommen. Die Mehrheit der Besucher in den Veranstaltungen kommt aus dem Umland und nicht aus Friedrichshafen. Die Mehrheit der Besucher des Kulturufers kommt aus der Region. Die Häfler sind viel zu bequem dazu. Das Problem dieser Stadt ist, dass sie reich ist, dass sie alles hat aber keinen Raum für Experimente und Ausprobieren neuer Veranstaltungsformen bietet. Die Caserne bietet Platz dafür, wird aber nur wenig wahrgenommen.

Die Menschen hier sind ein träges Volk, das darauf wartet, von irgendeinem Prinzen wachgeküsst zu werden. Und wenn sie sich bewegen, muss alles auf High-End-Niveau sein, darf aber nichts kosten.

Paula Tuschner, ZU-Studentin und Vorstand in der StudentLounge:

Friedrichshafen ist keine architektonische Schönheit. Wir würden gerne sagen können: „Friedrichshafen ist cool!“. Denn es kommt nicht auf das Äußere an, sondern auf den Inhalt. Der überzeugt nicht, wenn wir auf das Kultur- & Nachtleben schauen. Für Studenten ist nicht viel zu holen. Wir suchen vergeblich nach Cafés, die auf junge Menschen zugeschnitten sind und nach einem Musikprogramm jenseits von Klassik & Jazz, welches außerhalb der Touristen-Hochsaison existiert. Wir sollen unser Umfeld aktiv gestalten – „Seid nicht zu Gast an eurer eigenen Uni“ und in der Stadt, in der ihr lebt. Mit dem Studienplatz an der ZU entscheiden wir uns aber für ein Vollzeitstudium, wir engagieren uns bei der Uni-Zeitung, in politischen Gruppen, Kunstprojekten oder in der StudentLounge. Wenn wir uns zusätzlich für ein Kulturleben einsetzen, wann sollen wir dann noch schlafen? Vielleicht können sich die Barbesitzer mal ein attraktives Angebot überlegen. Wir sind nicht alle reich. Wir sind auch nicht alle unter 18 und tanzen gerne zu anspruchsloser Partymusik. Und vor allem sind wir es leid, an einem Dienstag verzweifelt mit einem Bier vor Kaufland stehen zu müssen, weil überall Ruhetag ist. Es gibt keine Möglichkeit, nachts etwas Essbares zu finden, das wir uns leisten können. Und wenn es die gäbe, würden wir nicht mehr hinkommen, weil der letzte Bus weg ist. Ich habe das Gefühl, dass um 18 Uhr die Bordsteine hochgeklappt werden. Wie kann sonst die beliebteste Kneipe eine Hotelbar sein? Warum gibt es keinen Treffpunkt für junge Menschen, wo ein Glas Wein nicht über 3,50€ kostet? Bitte lassen Sie uns endlich einen schöneren Inhalt gestalten!