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Altertumsverein

„Museum darf keinen Staub ansetzen“

Riedlingen / Lesedauer: 5 min

Seit zehn Jahren ist Winfried Aßfalg Museumsleiter in Riedlingen
Veröffentlicht:03.01.2014, 20:10

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Seit zehn Jahren ist Winfried Aßfalg Leiter des Museums „Schöne Stiege“ in Riedlingen . Unser Redakteur Bruno Jungwirth hat mit ihm über Höhepunkte und Besonderheiten der Aufgabe gesprochen.

Herr Aßfalg, seit zehn Jahren sind Sie ehrenamtlicher Museumsleiter, seit über 15 Jahren Vorsitzender des Altertumsvereins. Was treibt Sie an?

Die Neugierde und die Freude am Schönen. Ich hatte schon immer einen Tatendrang in mir. Den kann ich hier ungehindert entfalten. Als Museumsleiter und Vorsitzender des Altertumsvereins in Personalunion habe ich Handlungsfreiheit in der Entwicklung neuer Ideen oder in der Konzeption von Ausstellungen. Die Kreativität an diesem Platz ist grenzenlos.

Museumsleitung, Ausstellungen, Konzerte und Vorträge organisieren: Wie viel Zeit investieren Sie?

Bei mir vergeht kein Tag ohne Museum. Allerdings kann ich viel vom Schreibtisch zu Hause erledigen. Angefangen vom Entwickeln der Plakate, der Ideen bis hin zur Korrespondenz. Denn jede Mail, die zu mir in Sachen Museum kommt, wird beantwortet. Auch das will erledigt sein.

Nun sind Sie ja nicht allein, Sie haben ein Team um sich, das Sie seit Jahren unterstützt?

Das ist richtig. Das Team der sechs „Diensttagler“ kommt jeden Dienstag im Museumsbüro zusammen. Jeder der Diensttagler hat seine spezielle Aufgabe. Das ist wie ein Räderwerk, das sehr gut ineinander greift. Und bei mir laufen die Fäden und die Entscheidungen zusammen

Erhalten Sie dafür eigentlich eine nennenswerte Entschädigung?

Wir arbeiten alle im Ehrenamt. Was mein Job kosten würde, kann man sich ja ausrechnen. Wenn man es richtig macht, ist es nämlich eine Vollzeitstelle.

Haben Sie das eigentlich studiert?

Das war einst ein Ziel von mir, aber dann bin ich Lehrer geworden. Aber der Lehrerberuf im alten Sinne hatte viele Facetten, und man konnte sich entfalten nach Veranlagung und Interessenslage. Ich beschäftige mich seit viele Jahren mit den Themen und habe mir inzwischen auch ein entsprechendes Renommee erworben. Und in den vergangenen 30 Jahren habe ich ein Netzwerke aufgebaut. Nur mit entsprechenden Verbindungen kann man, wenn man ehrenamtlich arbeitet, Projekte realisieren. Denn vieles läuft über die persönliche Kontakte.

Was war ihr größter Erfolg, in den vergangenen zehn Jahren?

Einen sehr großen Wunsch habe ich mir 2006 mit der Ausstellung zu „300 Jahre Johann Joseph Christian “ erfüllt. Das war für mich sehr bewegend, alle Kunstwerke Christians aus der Umgebung in Riedlingen vereint zu sehen.

Heimatmuseen werden manchmal fast schon belächelt. Haben diese noch eine Daseinsberechtigung?

Wir bezeichnen uns nicht als Heimatmuseum. Wir sind das Museum „Schöne Stiege“. Uns unterscheidet von anderen Museen, dass wir Schwerpunkte setzen und eigene Abteilungen haben, wie etwa Stadtgeschichte, Pressegeschichte, oder Hinterglasbilder. Jede dieser Abteilungen ist hervorragend bestückt und hervorragend aufgearbeitet. Dazu kommen die jährlichen Wechselausstellungen, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Wenn ein Museum sich nicht ändert, liegt Staub darauf. Das darf nicht passieren.

Wieviel Exponate haben Sie insgesamt?

Das sind rund 5000 Objekte. Parallel zur normalen Arbeit muss die Restaurierung laufen. Wir wollen, dass nichts im Depot liegt, was nicht sofort ausstellbar wäre. Das sind jedes Jahr bis zu 10000 Euro an Kosten für Neuzugänge und vorhandenen Objekten. 50 Prozent zahlt die Stadt und 50 Prozent das Land auf Antrag.

Erfahren Sie und ihre Mitstreiter Wertschätzung für Ihre Arbeit?

Wir erhalten viele Rückmeldungen – auch von ehemaligen Riedlingern aus aller Welt, die sich sich bedanken. Kritik erfahren wir so gut wie nicht.

Ist das gut oder schlecht?

Das weiß ich nicht. Aber wenn man so lange im Geschäft ist und sich durch entsprechende Preise in der Fachwelt eine Renommee erworben hat, gibt das einem Handlungsfreiheit. Ich glaube, die Bevölkerung weiß unsere Arbeit zu schätzen. Und die Fachwelt staunt, ob unserer Organisationsform, und dass wir seit zehn Jahren die Öffnungszeiten garantieren können.

Macht das „Riedlinger Modell“ Schule?

Es ist richtig, dass die Organisationsform beispielhaft ist. Bei uns haben schon der „Westallgäuer Heimatverein“ oder Mengen angeklopft, um sich zu informieren. Es ist eine Besonderheit, dass die Stadt dank der vielen Ehrenamtlichen keine Kosten durch die Öffnung des Museums hat.

Wie unterstützt Sie die Stadt?

Wir erhalten von der Stadt die Räumlichkeiten gestellt und ein Budget von 10000 Euro für Neuanschaffungen oder Restaurationen. Allerdings bin ich vom Gemeinderat noch nie angefragt worden, die Arbeit des Museums vorzustellen. Dabei ist das Museum städtisch und diese Art von Kultur, die wir pflegen, Hoheitsaufgabe der Stadt. Wir wollen Riedlingen als Kunstzentrum zeigen, denn Riedlingen hat eine reichhaltige Vergangenheit in der Kunstgeschichte. Der Rückkauf von Kunstwerken gehört auch dazu. Das ist auch spannend an meiner Aufgabe, jeder Tag ist anders, es gibt immer Neues zu entdecken.

Sie alle in der Diensttagsmannschaft sind nicht mehr die Jüngsten. Wie sieht die Zukunft für den Altertumsverein aus?

Das weiß ich nicht. Ich mache mal noch weiter, ich habe noch Ideen, habe noch Freude dran. So lange meine Mannschaft mich begleitet, lassen wir das Ende der Amtszeit offen. Aber jüngere, die mitmachen wollen, sind gerne gesehen.