StartseitePanoramaProfilierungssucht, Zensur und Regierungsnähe: Landeselternbeirat weiter in Turbulenzen

Profilierungssucht

Profilierungssucht, Zensur und Regierungsnähe: Landeselternbeirat weiter in Turbulenzen

Stuttgart / Lesedauer: 4 min

Profilierungssucht, Zensur und Regierungsnähe: Landeselternbeirat weiter in Turbulenzen
Veröffentlicht:03.04.2014, 07:40
Artikel teilen:

Dem Landeselternbeirat (LEB) steht erneut ein Umbruch bevor: Das Gremium erhält den vierten neuen Vorsitzenden in wenig mehr als vier Jahren. Denn der bisherige Frontmann Theo Keck hat sich wegen einer schweren Erkrankung für das neue Gremium gar nicht mehr zur Wahl gestellt. Er war der dritte LEB-Chef nach Abschluss der Ära Christiane Staab, die nach langjährigem Engagement im März 2010 wegen Konflikten mit dem damaligen Kultusminister Helmut Rau (CDU) zurücktrat.

In kurzer Folge hatten danach Matthias Fiola und Christian Bucksch das Handtuch geworfen, bis im Januar 2012 der ehemalige Polizist Keck aus Rottenburg an die Spitze des Gremiums gewählt wurde. Von Kontinuität kann somit in dem Gremium, das mehr als zwei Millionen Eltern im Südwesten vertritt, keine Rede sein.

Die dreijährige Amtszeit des 16. LEB ist Anfang der Woche abgelaufen. Wer im neu gewählten 33-köpfigen Rat an die Spitze strebt, ist noch unklar. „Es hat noch keiner seinen Hut in den Ring geworfen“, sagt der kommissarische Vorsitzende und Neurobiologe Carsten Rees aus Freiburg, dem intern Ambitionen auf die Führung nachgesagt werden. Nach eigenen Worten kann Rees sich vorstellen, weiter als Stellvertreter zu fungieren. Eventuell kristallisiert sich bei einem zweitägigen Kennlern-Treffen am kommenden Wochenende mehr heraus.

Die Wahl des siebenköpfigen Vorstands ist für den 21. Mai terminiert. Von dem bisherigen Vorstand gehören noch vier Männer und Frauen dem Beirat an; insgesamt sind elf „alte“ Mitglieder in den 17. LEB gewählt worden.

Das Klima in dem Gremium ist schon lange vergiftet. So traten im Oktober 2013 drei Mitglieder geschlossen zurück, allesamt Vertreter der beruflichen Schulen. Einer davon war der Vertreter für berufliche Schulen im Regierungsbezirk Freiburg, Werner Mauch aus Schramberg. Er nennt als Hauptgrund, dass der Vorstand ein Eigenleben entwickelte, etwa Veranstaltungen und Diskussionen besuchte, ohne die einfachen Mitglieder einzuweihen. Außerdem seien die beruflichen und die Realschulen bei den Diskussionen stets zu kurz gekommen. Bei Beschwerden habe Grünen-Mitglied Rees mit dem Gang vor den Kadi gedroht. „Er wollte kritische Mitglieder einschüchtern.“

Außerdem war Mauch die Führung, darunter auch Rees' Stellvertreterin, die frischgebackene SPD-Bundestagsabgeordnete Saskia Esken, zu regierungsnah. Dass jemand in einem solchen Gremium ein Parteibuch habe, sei wohl unvermeidbar. „Aber die Spitzenvertreter sollten unabhängig sein“, meint Mauch. „Es ist doch Aufgabe des LEB, den Finger in die Wunden zu legen, die die Regierung verursacht hat, und zu versuchen, die Wunden zu heilen.“

Sein Nachrücker im Gremium habe schon nach ein paar Sitzungen mit den Worten aufgegeben. „In den Kindergarten gehe ich nicht mehr.“ Mauch verweist auch auf den Fall einer neu gewählten Elternvertreterin, die schon vor dem Antritt auf ihr Amt verzichtete, weil der Vorstand ihr einen „Maulkorb“ habe verpassen wollen.

Auch dem Sprecher der Karlsruher Elternbeiräte der Gymnasien, Luzian Weisel, ist der LEB nicht neutral genug. Die Interessen der Gymnasien sehe er dort nicht angemesseen vertreten. Der Landeschef des Gymnasiallehrerverbandes, Bernd Saur, sekundiert: „Die LEB-Spitze ist parteipolitisch auf die grün-rote Bildungspolitik ausgerichtet.“ Eine ausgewogene Vertretung aller Schularten sehe er nicht.

Rees weist die Vorwürfe als „durchsichtige Aktionen“ zurück, ihn als Konkurrenten auszustechen. „Wer bei der Elternarbeit parteipolitisch denkt, hat nichts verstanden.“ Er habe schließlich im vergangenen Jahr die erste LEB-Demo gegen die grün-rote Schulpolitik organisiert.

Im Kultusministerium ist man indes voll des Lobes. „Wir arbeiten mit dem LEB gut zusammen. Er ist sehr kritisch und bringt viele konstruktive Vorschläge ein“, sagt ein Sprecher.

Ein Neustart des LEB scheint weit entfernt. Zwar gibt es 22 neue Mitglieder. Aber — so verlautet aus dem Umkreis des Gremiums — Rees versuche, telefonisch die Neulinge auf seine Seite zu ziehen. Ein Ex-Mitglied des Gremiums meint: „Es tut mir in der Seele weh, dass das Sprachrohr der Eltern im Nirwana verschwindet.“