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Orientierungslosigkeit

SPD-Landesparteitag: Ein bisschen Orientierungslosigkeit

Reutlingen / Lesedauer: 3 min

Beim SPD-Landesparteitag ist ein Murren an der Basis zu vernehmen
Veröffentlicht:20.10.2013, 16:11

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„Ich habe verstanden.“ Einsichtig hat SPD-Landeschef Nils Schmid am Samstag beim Parteitag in Reutlingen nach einer Aussprache mit 20 Wortmeldungen darauf reagiert, dass die Basis nicht vorbehaltlos den Kurs der Parteispitze gutheißt. Wenigstens hatten einige Delegierte zuvor offener als am Vortag ihren Unmut beschrieben und auch abgeladen. Da waren nur die Prozentzahlen bei den Vorstandswahlen für alle Beteiligten in den Keller gerasselt.

Die Delegierte Beate Faust aus dem Zollern-Alb-Kreis wäre am Samstag nach einer Rede von Kultusminister Andreas Stoch am liebsten umgehend abgereist. „Ich möchte endlich etwas sehen, aber es tut sich nichts.“ An der Basis kämen die ständig heraufbeschworenen Erfolge nicht an. Ausgerechnet Stoch, den Hoffnungsträger, traf der Frust besonders heftig, weil die grün-rote Landesregierung mit der Fülle ihrer Bildungsreformen Eltern, Jugendliche und Schulträger verunsichert. Bei Hannes Munzinger, dem Bundestagskandidaten im Wahlkreis Ravensburg, wirkte sich das so aus: „Wir sind dem Thema ständig begegnet. Den Menschen ist die Richtung längst noch nicht klar.“

Knackpunkt Bildungspolitik

Der fürs Philosophische bekannte grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann war natürlich nicht in Reutlingen. Aber es ging am Rand direkt um ihn. „Mit Bildungspolitik gewinnt man keine Wahlen. Aber man kann sie verlieren“, hat er mehrfach schon betont. Von ihm kommt auch der jetzt von Nils Schmid so stark herausgestellte Satz, der Abbau von 11600 Lehrerstellen bis 2020 sei „nicht in Stein gemeißelt“. Schmid, als Finanzminister verantwortlich für die Haushaltssanierung, will die SPD nicht nur auf Sparbeschlüsse einengen lassen.

„Bildung hat Vorfahrt“ heißt die neue Richtung. Dazu zählt auch sein Versuch, über einen Schulfrieden zu verhandeln, den insbesondere Industrie und Handwerk fordern. Schmid glaubt, die CDU müsse auf Landesebene ihre Blockadehaltung aufgeben, „weil ihre Bürgermeister doch längst mit uns mitziehen“. Doch die Reaktionen auf Schmids Ankündigungen waren eindeutig. Während die FDP sich durchaus offen zeigte, reagierte die CDU-Landtagsfraktion mit einer langen Liste von Forderungen. Andreas Stoch fiel dazu kurz und bündig ein: „Die wollen nicht, die sind noch nicht so weit.“

Aber wie weit sind die Roten? Auf vier Regionalkonferenzen will die mit nur noch 54 Prozent Zustimmung im Amt bestätigte Generalsekretärin Katja Mast die Basis aus der Reserve locken und auch über mögliche Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen mit der CDU in Berlin debattieren lassen. Die Ulmerin Hilde Mattheis, SPD-Linke und stellvertretende Parteivorsitzende, spürt „ein bisschen Orientierungslosigkeit“ unter vielen Mitgliedern. „Die Partei ist aufgewühlt“, gibt der Biberacher Bundestagsabgeordnete Martin Gerster zu.

„Kampagnenfähig werden“

Für den stellvertretenden Juso-Vorsitzenden Leon Hahn aus Friedrichshafen liegt das an den zuletzt nun mal nur mäßig ausgefallen Erfolgen: „Wir müssen wieder kampagnenfähig werden.“ Die Skepsis über die Bildungspolitik „hat doch jeder mitbekommen“. Markus Herrera Torrez, Chef der Jusos, hatte schon am Freitag ein „klares Profil“ eingefordert. Schwer beim Kampf um Zustimmung hatte es in Reutlingen aber nicht nur die Parteispitze. Auch Torrez kam am Samstag erst über den zweiten Wahlgang wieder in den Landesvorstand. Für den Göppinger Landtagsabgeordneten Sascha Binder war am Ende eines klar: „Die Ergebnisse sind ehrlich nach innen und dumm nach außen.“