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Bürgerbegehren

„Nuxit“: Deshalb will die Stadt das Bürgerbegehren ablehnen

Neu-Ulm / Lesedauer: 4 min

Der Streit um den „Nuxit“ geht weiter: Zwei Rechtsgutachten listen eine Reihe von Mängeln auf. Die Initiative „So geht’s net“ wird wohl vors Verwaltungsgericht ziehen.
Veröffentlicht:15.05.2018, 19:04

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Die Empfehlung der Verwaltung ist eindeutig: Der Neu-Ulmer Stadtrat soll in der Sitzung am Mittwoch beschließen, dass das Bürgerbegehren zum Nuxit rechtlich unzulässig ist. Zwei Anwaltskanzleien listen in ihren Gutachten eine Reihe von Mängeln auf und kommen zu dem Schluss, dass den Räten gar nichts anderes übrig bleibt, als das Begehren abzuschmettern.

In einem der Papiere heißt es zudem: „Sollte der Stadtrat das Bürgerbegehren wider Erwarten für rechtlich zulässig erklären, wäre der Oberbürgermeister (. . .) verpflichtet, diese Entscheidungen zu beanstanden, ihren Vollzug auszusetzen und die Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde herbeizuführen.“ Die Bürgerinitiative „Nuxit? So geht’s net!“ will sich trotz der drohenden Niederlage nicht geschlagen geben und wird voraussichtlich vors Verwaltungsgericht ziehen. Auch die Vertreter der Charmeoffensive „Nur gemeinsam“ kritisieren die Gutachter deutlich und halten deren Argumente für nicht stichhaltig.

Unterschriften nicht eindeutig

In der Beschlussvorlage für die Sitzung am Mittwoch geht die Verwaltung nur auf einen der von den Anwälten genannten Punkte näher ein. Dabei geht es um die Unterschriften, die über einen von der FDP- und FWG-Fraktion verteilten Flyer gesammelt wurden. Darauf stand, dass die Bürger die Liste an Alfred Schömig ( FDP ) oder Christina Richtmann (Freie Wähler) senden sollen. „Aus der Form der Darstellung wird nicht eindeutig erkennbar, wer nun die Vertreter des Bürgerbegehrens tatsächlich sind“, schreibt die Stadtverwaltung. Das führe dazu, dass von den 3184 zunächst als gültig eingestuften Unterschriften 580 ungültig seien. Damit würden der Initiative elf Signaturen fehlen. Inzwischen hat sie allerdings deutlich mehr nachgereicht. Das Quorum ist somit erfüllt.

Die Gutachter sehen aber noch weitere Mängel. So kommen sie zu dem Schluss, dass bereits die Fragestellung irreführend sei. Zunächst hieß es auf den Listen: „Sind Sie dafür, dass die Große Kreisstadt Neu-Ulm im Landkreis Neu-Ulm verbleibt und deshalb auf einen Antrag bei der Landesregierung auf Erklärung der Kreisfreiheit verzichtet?“ Da die Stadt den Antrag inzwischen bei der Staatsregierung gestellt hat, wurde die Frage nachträglich abgeändert mit der Formulierung, dass die Stadt Neu-Ulm „den bereits gestellten Antrag bei der Landesregierung auf Erklärung der Kreisfreiheit widerruft“. Damit werde dem Bürger suggeriert, dass er die Frage der Kreisfreiheit verbindlich entscheiden könne, schreiben die Gutachter. Dies sei jedoch falsch.

50000 Einwohner notwendig

Denn nach der Gemeindeordnung könnten Gemeinden mit mehr als 50 000 Einwohnern mit Zustimmung des Landtags und nach Anhörung des Kreistags durch Rechtsverordnung der Staatsregierung für kreisfrei erklärt werden. Die Aufhebung des Stadtratsbeschlusses vom 21. März und eine anschließende Rücknahme hätten damit lediglich politischen Appellcharakter. Daher sei das Bürgerbegehren auch „mangels Entscheidungscharakter“ unzulässig. Denkbar sei, dass viele Bürger gar nicht unterzeichnet hätten, wenn sie gewusst hätten, dass sie ohnehin keinen unmittelbaren Einfluss mehr auf die Beibehaltung der Kreisangehörigkeit haben. Die nachträgliche Umformulierung der Fragestellung monieren die Anwälte ebenfalls. Dies sei unzulässig und komme einer „Blankovollmacht“ gleich.

Klaus Rederer , einer der beiden Sprecher der Bürgerinitiative, hat sich in einem offenen Brief an die Stadträte gewandt, die heute eine Entscheidung treffen müssen. „Die Bemühungen der Ihnen vorliegenden bezahlten Auftragsgutachten, eine Unzulässigkeit oder gar Rechtswidrigkeit des Bürgerbegehrens ,Nuxit? So geht’s net!’ zu konstruieren, sind erheblich, an manchen Stellen fast rührend“, schreibt er darin. „In dem einem Gutachten wird fantasievoll zwischen dem Landesrecht anderer Bundesländer und dem Bundesbaugesetzbuch hin und her geschwubbelt, im anderen der Spekulation freien Raum gelassen.“ Rederer weist in seinen Einlassungen zu den Gutachten die Argumente der Anwälte zurück und kritisiert auch Teile der Formulierungen – etwa die, dass die Bürger durch die gewählte Fragestellung getäuscht würden. „Die Behauptungen der Suggestion und Irreführung sind reine Spekulation und weichen erheblich von der in einem Gutachten zu erwartenden Sachlichkeit und Faktentreue ab“, schreibt Rederer.

Einseitige Auslegung der Rechtsprechung

Auch Kreisrat Jürgen Bischof (Freie Wähler) aus Weißenhorn geht als Vertreter der Charmeoffensive hart mit den Anwälten ins Gericht. „Es ist klar zu erkennen, dass die Gutachter bemüht sind, durch eine einseitige und extrem kleinliche Auslegung der rechtlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung Argumente gegen die Zulässigkeit zu finden“, schreibt er. „Dies widerspricht einer wohlwollenden Prüfung im Sinne der Bürger und ist daher abzulehnen.“