Skatepark
Ein Löwe für den neuen Skatepark
Lindau / Lesedauer: 5 min
René Geier hätte einen Lindauer Löwen für den neuen Skateplatz auf der Hinteren Insel machen sollen. Doch das angehende Kunstwerk wurde in den frostig kalten Tagen im April nahezu zerstört. Nur gut, dass die 17-jährige Lara Kudera aus Tettnang gerade ein Praktikum bei dem Steinbildhauer angefangen hatte. Denn die Schülerin des FOS-Zweiges Gestaltung offenbarte dabei auch ihr bis dahin noch unerkanntes Talent – und rettete den Löwen.
Es dauert nicht mehr lange und der berühmte Bayerische Löwe am Hafen bekommt einen Lindauer Bruder auf der Hinteren Insel. Der soll nämlich, zusammen mit einem den Lindauer Leuchtturm stilisierenden Wooble den Eingangsbereich zu jenem neuen Skatepark bilden, den der Verein „Move“ im Rahmen der Gartenschau gerade zu Ende baut. Eine Idee dabei war, dass die östliche Seite des Skateparks den Lindauer Hafen symbolisiert. Der Löwe soll den Skatern als weiteres befahrbares Element dienen. So lautete zumindest der Plan, mit dem die Skatepark-Macher zu ihrem Nachbarn auf der Hinteren Insel, dem Steinbildhauermeister René Geier, gekommen waren.
Etwa zur gleichen Zeit und parallel zu der Skatepark-Geschichte traten auch die Hinterbliebenen eines Lindauers an René Geier mit einem ganz speziellen Auftrag heran. Für das Grab ihres Verstorbenen wollten sie etwas typisch Lindauerisches haben. Und was kann es Typischeres geben als den Löwen vom Lindauer Hafen? „Das ist ja das Lustige. Wie es halt so manchmal läuft, ich hab noch nie einen Löwen gehauen und plötzlich wird das gleich zweimal Thema“, sagt René Geier und erzählt, dass das Grab des Lindauers neben dem Lindauer Löwen auch noch den Faro von Las Palmas zieren wird. Beides zusammen symbolisiere bildlich dessen Verbundenheit zu seiner Heimatstadt Lindau und die Liebe zu seiner Wahlheimat Mallorca. „Total schräg, so einen Auftrag hatte ich noch nie“, sagt Geier begeistert. Mit dem Skatepark hat dieser außergewöhnliche Auftrag insofern zu tun, als dass er die Realisierung des Skaterlöwen in greifbare Nähe rückte. Denn den Movern bot der Steinbildhauer an, das Modell für den Grablöwen so groß zu machen, dass er ihn auch als Gussform für den Skatepark verwenden könne. „Dann hab ich den halt modelliert, bin aber nicht gleich dazu gekommen, ihn abzuformen“, schildert Geier und erzählt, dass er das Tonmodell in seiner Werkstatt zugedeckt mit einem Tuch immer schön feucht gehalten habe, damit der Ton nicht austrockne. Vor sechs Wochen etwa wollten die Mitglieder von Move von ihm wissen, wie weit die Arbeit gediehen sei. „Der Löwe ist fertig“, hatte René Geier verkündet und ihnen angeboten, drei Tage später zum Besichtigen vorbeizukommen. „Lara, meine Praktikantin von der FOS, war gerade ganz neu da und ich bin ganz cool zu dem Löwen gegangen. Ich habe noch zu ihr gesagt, dass der Löwe da schon eine Weile stehen würde und dass man deshalb noch ein bisschen was nachkorrigieren müsse.“ Heute kann René Geier lachen, als er das erzählt. Vor sechs Wochen jedoch war ihm nicht mehr zum Lachen zumute und auch die Coolness war ganz schnell verschwunden. „Ich habe das Tuch runtergenommen und da war nichts mehr da. Das hat nicht mal mehr ansatzweise nach einem Löwen ausgesehen. Das war einem großen Haufen Dinosaurier-Hinterlassenschaft ähnlicher als einem Löwen“, erinnert er sich mit Entsetzen. Dazu muss man wissen, dass die Werkstatt des Steinbildhauers ein Gebäude auf dem Bahnareal ist. Die Werkstatt ist nicht beheizbar. Und weil es im April in einigen Nächten hintereinander Frost hatte und René Geier den Ton ja sorgfältig feucht gehalten hatte, war der Löwe aufgefroren. Doch der Steinbildhauer hatte Glück im Unglück. Denn er hatte ja eine Praktikantin.
An diesem Tag hat er sich von der FOS-Schülerin gerade deren Bilder zeigen lassen. Aus Interesse, um zu sehen, wo sie künstlerisch stehe. Zu sehen bekommen habe er „ganz tolle Bilder“. Bilder, die ihn gleichzeitig erstaunt wie amüsiert hätten. Amüsiert deshalb, weil er über sich selbst und sein „angestaubtes“ Frauenbild schmunzeln musste. Denn, so schildert er, die Zeichnungen von Lara zeigten von „schwertschwingenden Damen bis hin zu sexy Frauen à la Kill Bill“. Sehr detailgetreu und nah an der Realität. „Und da dachte ich mir: Den Löwen, den kann eigentlich sie machen. Das könnte sie schaffen.“ Und sollte mit seiner Einschätzung Recht behalten. Er lobt:. „In den darstellenden Künsten ist so eine Plastik sehr anspruchsvoll. Wenn man das vorher noch nie gemacht hat, ist das eine sehr, sehr reife Leistung. Ich hab da wirklich nichts geholfen. Ich hab es ihr nur erklärt.“ Und betont: „Das ist nicht normal. Ich bin ein alter Hase in dem Metier. Es gibt Kollegen von mir, die schimpfen sich Bildhauer und die können das nicht.“
Die 17-Jährige zweifelte selbst anfangs: „Ich dachte nicht, dass ich’s hinbekomme. Aber ich wolle es ausprobieren. Mich machen solche Sachen neugierig“, sagt sie und erklärt, dass sie insgesamt und bis dato rund 60 Stunden an der Skulptur gearbeitet habe.
René Geier ist begeistert von der Ausbildungsausrichtung Gestaltung an der FOS und findet es schade, dass der Zweig jedes Jahr von neuem um seine Existenz bangen muss. Er selbst habe nur die besten Erfahrungen mit den Gestaltern gemacht.
Wie es mit dem Löwen weitergeht? Der ist jetzt soweit, dass Lara und ihr Lehrmeister ihn zerstören können. Natürlich nicht ohne ihn vorher mit Silikon umhüllt zu haben. Das Silikon wiederum bildet jene Gussform, die mit Beton gefüllt wird. Je nach Wetter soll der Löwe dann an seinen Platz am Skatepark kommen, um künftig darüber zu wachen.