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Hopfenhandelshaus

Boston zeigt sich stolz auf Tettnangs „grünes Gold“

Tettnang / Lesedauer: 4 min

Boston zeigt sich stolz auf Tettnangs „grünes Gold“
Veröffentlicht:07.08.2013, 17:10

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„Hops are our world“, so lautet der Slogan des Hopfenhandelshauses Joh. Barth & Sohn. Wie die Hopfen-Welt jenseits des „großen Teiches“ aussieht, davon haben sich 27 Tettnanger Hopfenpflanzer ein Bild gemacht. Als Vertragspartner des Nürnberger Handelshauses, das Reinhold Kugel in Tettnang vertritt (ansässig im Hopfengut in Siggenweiler), weilten sie für acht Tage in den USA – und brachten manch Erkenntnis und Eindruck mit heim.

Zwei Ziele verbanden die Pflanzer mit der achttägigen Studienreise, auf der sie von Hopfenkönigin Anja Bentele und Hopfenprinzessin Anita Kramer begleitet wurden: die „Konkurrenz“ begutachten, wie sie Hopfen anbaut, und mit der „ Boston Beer Company“ den größten Kunden für Tettnanger Hopfen besuchen.

Drei Stunden Busfahrt vom Flughafen Seattle entfernt befindet sich die Stadt Yakima, nach der das Anbaugebiet im Bundesstaat Washington benannt ist. Mit 10 133 Hektar ist es acht Mal so groß wie das Tettnanger Gebiet. Beeindruckende Ausmaße, die schon der erste Augenschein am Montag ergab, nachdem der Tag zuvor für einen Ausflug entlang des Columbia Rivers genutzt wurde.

„ John I. Haas Inc.“, diese Tochterfirma von Joh. Barth & Sohn ist in Yakima angesiedelt. Farm, Versuchsfelder und ein neu eröffnetes „Technical Center“ mit Forschungsbrauerei gehören dazu – und öffneten für die Tettnanger Delegation ihre Türen. „Flavor hops“ mit neuartigen Hopfenaroma- und Geschmacksnoten waren hier ebenso ein Thema wie der unheimliche Boom der „craft brewers“. Dahinter stecken „Handwerks-“, sprich Kleinbrauereien, die mit ihrer regionalen Ausrichtung Trendsetter in den USA sind.

Das Besondere dabei: „Sie sind sehr hopfenorientiert“, erläutert Reinhold Kugel. Sechs Prozent des (insgesamt stagnierenden) Bierausstoßes kommen in den USA von den „craft breweries“, die dafür 39 Prozent der dortigen Hopfenproduktion in Beschlag nehmen. Da das Konzept aber regional bis lokal ausgerichtet ist (auch was die Rohstoffe betrifft), „nützt uns das nur indirekt“, so Kugel.

Anschauungsunterricht gab es auf der Farm von Leslie Roy, der als einer der innovativsten Hopfenpflanzer in den USA gilt und der ähnlich viel Hopfen anbaut wie das gesamte Anbaugebiet Tettnang. Dann war es schon an der Zeit, nach Boston zu fliegen – was an die acht Stunden dauerte. Zum Programm am Donnerstag war auch Pflanzervorsitzender Johann Heimpel dazugestoßen, die „Boston Beer Company“ hatte hier allerhand aufgeboten – nur mit dem Heimspiel der Boston Red Sox wurde es nichts, da die Baseballer bei Regen nicht antreten. Hingegen bleibt die „Duck Tour“ sicher in Erinnerung, geht sie doch zu Wasser und Land mit ein und demselben Gefährt über die Bühne. „Sightseeing“ beherrschte dann die beiden letzten Tage – zunächst in Boston und dann auf Wunsch der Pflanzer mit einem „Abstecher“ nach New York.

Was ließ sich an Erkenntnis mitnehmen? Dass alles viel größer ist und dass doch viele Probleme ähnlicher Natur sind – vom Pflanzenschutz über die steigenden Lohn- und Energiekosten bis zur Frage der Arbeitskräfte (viele Mexikaner in Yakima). Im Ausblick nennt Reinhold Kugel eine Doppelstrategie – den „Tettnang Tettnanger“ als eigene Hauptsorte und Aushängeschild zu pflegen und sich zusätzlich der Tendenz hin zu „Flavor hops“ und Bitterstoffhopfen nicht zu verschließen.

Was gut getan habe: die Wertschätzung für den Tettnanger Hopfen zu spüren, die vor Ort existiert. „The Boston Beer Company ist proud to be the biggest user of fine TT hops“ stand auf einem überdimensionalen Schild – was ebenso Bände spricht wie die stete Werbung mit dem Tettnanger Produkt. „Beide Seiten waren begeistert“, fasst Reinhold Kugel zusammen.

Die Boston Beer Company ist eine amerikanische Brauerei, die 1985 von Jim Koch in Boston gegründet wurde. Ihre Biermarke nennt sich Samuel Adams – mit Bezug auf den Mann, der eine Brauerei besaß, in erster Linie aber für seine Rolle im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg bekannt wurde.

Die Boston Beer Company ist die größte Brauerei im amerikanischen „Craft Brewery“-Sektor. Der Ausstoß beträgt 1,4 Millionen Hektoliter jährlich (gleichsam ein Anteil von einem Prozent am US-Markt). Die Hauptsorte bildet das „Samuel Adams Lager“ – eines von zwölf Bieren, das ganzjährig gebraut wird. Groß ist freilich die Experimentierfreudigkeit: Anno 2012 gab es 54 verschiedene Biersorten , die von der Boston Beer Company hergestellt wurden (oft nur kurzzeitig, wie ein Bier mit Zimtgeschmack zur Weihnachtszeit).

Darunter ist auch das exklusiv mit Hopfen der Sorte „Tettnang Tettnanger“ gebraute „Alpine Spring“, das im Februar 2012 im Rittersaal in Anwesenheit von David Grinnell (Vize-Präsident der Boston Beer Company) offiziell vorgestellt worden war. Derzeit gibt es, so Reinhold Kugel, Überlegungen, das „Alpine Spring“ in den Kanon der Standardbiere aufzunehmen – was einem Ritterschlag gleich käme.

Geht Kugel von einer „Abnahmesicherheit für Tettnanger auf momentanem Niveau“ am US-Markt aus, so sieht der Fachmann eher Risiken aufziehen, wenn der Konsum von Pils-Bieren in Deutschland weiter rückläufig ist.