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Missbrauchsbericht

Missbrauchsbericht wird heute vorgestellt

Wilhelmsdorf / Lesedauer: 3 min

In den Heimen der Diakonie der Brüdergemeinde sollen Kinder bis in die 1970er-Jahre Gewalt erfahren haben
Veröffentlicht:06.06.2018, 18:14

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Die Anschuldigungen wiegen schwer: Systematisch sollen Kinder in den Heimen in Korntal (Kreis Ludwigsburg) und in Wilhelmsdorf in den 1950er- bis 1970er-Jahren missbraucht worden sein und psychische wie physische Gewalt erfahren haben. Heute, Donnerstag, wird auf einer Pressekonferenz in Stuttgart erstmals ein Aufarbeitungsbericht vorgestellt, der sich mit dem Thema befasst. Bisher stehen nicht überprüfbare Zahlen von Opfervertretern im Raum, die von rund 300 Betroffenen ausgehen, von denen rund 30 bis 40 nach Wilhelmsdorf verortet werden.

Konkret geht es um die Heime der Diakonie der Evangelischen Brüdergemeinde Korntal, die auch das Hoffmannhaus in Wilhelmsdorf unterhält (die SZ berichtete mehrfach). Außerdem seien im ehemaligen Ferienlager am Lengenweiler See in Wilhelmsdorf, das die Kinder aus Korntal im Sommer besucht haben, Jungen und Mädchen missbraucht worden sein. Vertreter von Betroffenen sprechen davon, dass auch im Heim in Wilhelmsdorf Kinder Gewalt erlebt haben sollen. Doch, was genau geschehen ist, darüber gibt es noch keine Daten. Jetzt sollen in Stuttgart die mit der Aufklärung betrauten Personen Brigitte Baums-Stammberger (ehemalige Richterin) und Benno Hafeneger (Erziehungswissenschaftler) erst mal vorstellen, was in den Heimen passiert ist. Dazu haben sie mit Betroffenen und ehemaligen Mitarbeitern Interviews geführt und Archivarbeit geleistet.

Der Aufarbeitungsprozess war langwierig und immer wieder von Rückschlägen geprägt: gegenseitiges Misstrauen von Brüdergemeinde und Betroffenen, Gesprächspausen, Streit unter den Opfervertretern. Den Start für den Aufarbeitungsprozess setzte sicherlich Detlev Zander, der 2013 mit seiner Heimgeschichte an die Öffentlichkeit gegangen ist. Er berichtete erstmals öffentlich von Missbrauch, sexueller und psychischer Gewalt. Als Kind sei er auch im Ferienlager am Lengenweiler See gewesen. Er spricht von Zwangsarbeit und Missbrauch von Jungen.

Ein langwieriger Prozess

Mit der Aufarbeitung begannen die Diakonie der Brüdergemeinde und Opfervertreter im Jahr 2014. Es wurde eine Steuerungsgruppe gegründet, in der Vertreter von Brüdergemeinde und von Betroffenen sitzen. Sie sollten über das Vorgehen der Aufarbeitung entscheiden. Als wissenschaftliche Leiterin berief die Steuerungsgruppe Mechthild Wolff , Professorin an der Universität Landshut. Am 1. März 2016 schaltete sie ein Meldetelefon frei, bei dem sich betroffene Heimkinder melden konnten. Noch im selben Monat hat Mechthild Wolff die Zusammenarbeit aufgekündigt, nachdem die Vorwürfe von Teilen der Betroffenen so groß waren und sie ihr das Vertrauen entzogen haben.

Im Frühjahr 2017 sollte dann ein Neustart gewagt werden. Die Opfervertreter wünschten sich den Regensburger Rechtsanwalt Ulrich Weber als Aufklärer. Er ist der Aufklärer des Missbrauchsskandals bei den Regensburger Domspatzen. Doch dann gab es diverse Medienberichte, die seinen Namen im Zusammenhang mit einer Korruptionsaffäre nannten, weswegen er doch nicht zum Aufklärer gewählt wurde, was vor allem die Opfervertreter vom Netzwerk Betroffenenforum verärgerte, die daraufhin den Prozess ablehnten. Jetzt setzen sie aber große Hoffnungen in den Aufklärungsbericht.

Im April 2017 sind schließlich Brigitte Baums-Stammberger und Bruno Hafeneger als Aufklärer präsentiert worden, die nun ihre Ergebnisse in Stuttgart vorstellen.

Die SZ berichtet am Donnerstag nach der Pressekonferenz auf www.schwäbische.de .