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WMF will das Silit-Werk in Riedlingen stutzen

Riedlingen / Lesedauer: 4 min

Die Arbeitnehmer wehren sich
Veröffentlicht:21.08.2014, 19:22

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„Plattgemacht“ werde das Silit-Werk in Riedlingen, zugunsten der Schwestermarke WMF ausgeweidet. Peter Feld kann es nicht mehr hören. Seit fast einem halben Jahr wehrt sich der Chef des Geislinger WMF-Konzerns, bekannt für edle Kochtöpfe, Kaffeemaschinen und Küchenbesteck, gegen solche Vorwürfe. „Riedlingen ist ein wichtiger Eckpfeiler im Gesamtkonzern der WMF AG – und er wird es auch bleiben“, sagt Feld im Gespräch mit der Schwäbischen Zeitung. Die Behauptung, Silit solle zerschlagen werden, sei „Unsinn“.

Dass es um den Ruf des Arbeitgebers WMF derzeit nicht zum besten steht, hat sich Deutschlands bekanntester Hersteller von Küchengerät selbst zuzuschreiben. Zu lapidar hatte das Unternehmen im April ein radikales Sparprogramm in Höhe von 30 Millionen Euro verkündet, dem womöglich Hunderte Stellen zum Opfer fallen. Darauf erhob sich ein Sturm der Entrüstung, der die WMF-Manager verblüffte und die Öffentlichkeit aufschreckte.

Logik eines ehrgeizigen Managers

In Riedlingen im Kreis Biberach trifft die kühle Logik eines ehrgeizigen Managers, der das weltweite Gedeihen seines Konzerns im Blick hat, auf eine stolze Belegschaft, die um ihren Standort bangt. „Wir müssen die solide Ausgangslage nutzen, um WMF nachhaltig stark und ein Stück weit unabhängiger vom Heimatmarkt zu machen“, sagt WMF-Vorstandsvorsitzender Peter Feld. „Das Konzept des Vorstands wird der Komplexität des Marktes nicht gerecht“, erwidern die Gewerkschaft und der Silit-Betriebsrat in einer Denkschrift.

Mehrheitsaktionär KKR, ein mit allen Wassern gewaschener angelsächsischer Finanzinvestor, ist der Ansicht, dass WMF zu wenig Geld verdient. Auf dem wichtigen Markt in Asien kommt der Konzern nicht recht voran. „Wir hinken seit Jahren hinter der erfolgreichen Internationalisierung der deutschen Industrie hinterher“, sagt Feld. Das Unternehmen hat sich nach Ansicht des WMF-Chefs verzettelt mit seinen Untermarken, die alle ein Eigenleben führen.

Marke gestrichen

Deshalb richtet er das Unternehmen neu aus: Unrentable Läden werden geschlossen, die Marke Auerhahn wird abgeschafft, Silit beschnitten. Nach Vorstellungen des Managements soll sich künftig die Zentrale in Geislingen um den Versand, Verkauf und die Werbung für Silit-Produkte kümmern. Riedlingen werde zum „reinen Produktionswerk“ degradiert, warnt die Gewerkschaft. „Um effizient zu arbeiten und am Markt bestehen zu können, müssen wir Doppelfunktionen, wie sie heute in der Logistik und Verwaltung in Riedlingen und Geislingen bestehen, abstellen“, entgegnet Feld.

Felds Sparplan trifft auch jene WMF-Tochter in Riedlingen, die sich in den vergangenen Jahren gut entwickelt hat. Das Silit-Werk trägt die begehrte Auszeichnung „Beste Fabrik“. Silit ist berühmt für ein Material namens Silargan. Dabei handelt es sich um eine Funktionskeramik mit porenlos geschlossener, nickelfreier Oberfläche. Diese Töpfe sind teurer, aber hochwertiger etwa als Emaille. Lebensmittel lassen sich so besonders schonend zubereiten. Die gesundheitsbewusste Mittelschicht schätzt derartige Töpfe. Die Stärke von Silargan erkennt auch das WMF-Management an – nur zieht der Vorstand andere Schlüsse daraus. Wenn es nach Konzernchef Feld geht, sollen Silargan-Produkte weltweit unter der Marke WMF verkauft werden. Silit soll sich auf Deutschland, Österreich, die Schweiz und Südkorea beschränken. Feld scheut „horrende Marketing-Investitionen“, etwa um Silit in China bekannt zu machen und setzt daher auf die Zugkraft der bereits eingeführten Marke WMF. Das empört die Belegschaft in Riedlingen. Sie sieht ihre „starke, sympathische Traditionsmarke“ ausgebootet. Gleichzeitig geben Betriebsrat und Arbeitnehmervertreter zu, „dass das Wachstum Silits zu einem großen Teil in den neuen Märkten, insbesondere in Asien, erzeugt werden muss“.

Reden wie Unternehmensberater

Das sind neue Töne der Arbeitnehmervertreter. Statt „Solidarität“ einzufordern und „Kahlschlag“ anzuprangern, bedienen sie sich des Manager-Vokabulars von Wachstum und Wettbewerb. Sie lassen sich auf die „Logik des Finanzinvestors“ ein, wie es Reinhold Riebl von der IG Metall Ulm ausdrückt. Gewerkschafter postulieren den „konzerninternen Wettbewerb“ zwischen WMF und Silit und bezeichnen „Markenvielfalt als Wettbewerbsvorteil“. Anfang September soll sich entscheiden, ob die Argumente der Arbeitnehmer verfangen und wie es in Riedlingen weitergeht