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Medizin

Teva setzt auf Ulmer Firma Ratiopharm

Ulm / Lesedauer: 3 min

Der israelische Konzern setzt stark auf den Ulmer Generikahersteller
Veröffentlicht:18.02.2015, 19:03

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Auf seine frühere Wirkungsstätte als Geschäftsführer von Ratiopharm Ulm lässt Sven Dethlefs nichts kommen. Beim israelischen Pharmakonzern Teva , zu dem der schwäbische Medikamentenhersteller seit 2010 gehört, ist er für die Steuerung der weltweiten Produktion verantwortlich.

„Wir befinden uns fortlaufend im Umbau. Aber die Standorte Ulm und Blaubeuren werden davon weniger betroffen sein“, sagte er beim Besuch von Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) und Unternehmensvertretern am Konzernsitz in Tel Aviv. Nicht nur dieses Versprechen beruhigte. Die baden-württembergischen Standorte könnten wegen ihrer hohen Produktivität und Qualität in Zukunft noch mehr Modell sein für die Arzneimittelherstellung und auch die Forschung in anderen Ländern. Dabei malte Dethlefs die Zukunft nicht nur in rosigen Farben. Der weltweite Wettbewerb im Pharmamarkt nehme an Härte zu. Produzenten aus Osteuropa und Indien sind auf dem Vormarsch. 46000 Beschäftigte verdienen weltweit bei Teva ihren Lebensunterhalt, 3100 davon in Deutschland.

Das Bild von Teva-Firmengründer Eli Hurvitz hängt in dem Konferenzraum, in dem Dethlefs seinen Gästen die Strategie erläuterte. Sachlichkeit geht in dem funktional eingerichteten Gebäude vor Prunk. In 60 Ländern unterhält Teva Standorte. Auf 100 Märkten ist Teva vertreten. Nur in Afrika und aus politischen Gründen im Nahen Osten machen die Israelis so gut wie keine Umsätze.

„Das Pharma-geschäft funktioniert langfristig. Wir denken ein Jahrzehnt im Voraus“, betonte Dethlefs. Auch wenn Teva wie Ratiopharm vor allem als Generika-hersteller bekannt ist, spielen selbst entwickelte klassische Produkte und vermehrt auch biotechnisch hergestellte Arzneien eine immer wichtigere Rolle. Trotz hoher Entwicklungskosten werfen diese nach einer gelungenen Markteinführung gute Erträge ab.

Stark in der Bio-Technik

Dethlefs Nachfolger in Ulm , Markus Leick Dieken, räumte am Konzernsitz in Israel mit Blick auf den deutschen Markt vor allem mit der Unterstellung auf, die Preise würden von den Herstellern künstlich hoch gehalten. Ein Produkt, das zum Preis von einem Euro die Produktion verlasse, koste für den Endverbraucher 12,25 Euro. Er appellierte an die Politik, den Druck auf die Hersteller angesichts nicht mehr weiter zu erhöhen. Dieken will am Standort Deutschland die starke Position bei der Bio-Technik noch ausbauen. Vier der jüngsten Neuerungen im Teva-Konzern wurden in Baden-Württemberg entwickelt. Der Schwerpunkt der aus der eigenen Forschung stammenden Produkte liegt vor allem im neurologischen Bereich.

Mit Copaxone zur Behandlung von Multipler Sklerose verfügt Teva über den Marktführer in den USA und in Deutschland. Von den rund 70Milliarden Tabletten, die Teva weltweit jährlich verkauft, stammen zehn Milliarden aus den deutschen Standorten. Diese tragen mit 52 Prozent zum Ergebnis auf dem europäischen Markt bei. Auf Rang zwei liegt Russland mit sieben Prozent. Dethlefs appellierte an Nils Schmid und dessen Delegation, dass sich das Land noch aktiver in die Förderung der gemeinsamen Forschung einbringt.

Israelische Risikobereitschaft

Wie andere Gesprächspartner rühmte er die Unbekümmertheit und die Risikobereitschaft der jüngeren Generation in Israel bei der Suche nach neuen Geschäftsfeldern. Dabei sei ein Scheitern durchaus in der israelischen Kultur akzeptiert. Das müsse kombiniert werden mit der in Deutschland stärker ausgeprägten Systematik. Deutschland habe gerade unter jungen Israelis einen guten Ruf. Doch Berlin, wo Teva ebenfalls mit einer kleineren Niederlassung vertreten ist, übt mehr Anziehungskraft aus als Stuttgart oder Ulm.

Als Urlaubsland zog Baden-Württemberg dagegen Besucher aus Israel im vergangenen Jahr mit einem Plus von 13 Prozent bei den Übernachtungen besonders stark an. „Großes Geld können wir nicht anbieten“, meinte Schmid. Sein Haus will aber ein Konzept erarbeiten, noch mehr für das im Südwesten vorhandene Know-how, für die Stärken des Mittelstands und für die Vielfalt in der Forschung zu werben.