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Studie: Im Südwesten fehlen Wohnungen

Wirtschaft / Lesedauer: 4 min

Übersichtskarte: Die Anzahl der Haushalte steigt in Baden-Württemberg von 2013 bis 2045
Veröffentlicht:16.04.2016, 06:00

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In den Raumordnungsregionen Bodensee-Oberschwaben, Donau-Iller und Allgäu wird der Wohnraum in den kommenden Jahren deutlich knapper.

Das geht aus einer gemeinsamen Studie der Allianz und dem Beratungshaus Prognos hervor, deren Ergebnisse am Dienstag präsentiert wurden. Untersucht wurden darin die Entwicklung von Bevölkerung und Wohnungsbedarf bis ins Jahr 2045.

Kräftiges Bevölkerungswachstum

Für alle drei Regionen prognostizieren die Studienautoren in den nächsten drei Dekaden auf der einen Seite ein kräftiges Bevölkerungswachstum, mit dem das Angebot an Wohnraum auf der anderen Seite aber nicht Schritt halten wird. Demnach kommen in der Region Bodensee-Oberschwaben mit den Landkreisen Bodenseekreis, Ravensburg und Sigmaringen im Jahr 2045 auf 1000 Haushalte nur noch 972 Wohungen (2013: 1003 Wohnungen). In der Region Donau-Iller mit der kreisfreien Stadt Ulm, dem Alb-Donau-Kreis und dem Landkreis Biberach wären es zum gleichen Zeitpunkt 1016 Wohnungen (2013: 994 Wohnungen) und in der Region Allgäu mit dem Landkreis Lindau 974 Wohnungen (2013: 987 Wohnungen).

Weniger prekär wird die Situation in der Region Ostwürttemberg (Landkreise Heidenheim und Ost-albkreis) und Schwarzwald-Baar-Heuberg (Landkreise Rottweil, Tuttlingen und Schwarzwald-Baarkreis) eingeschätzt. Dort dürften im Jahr 2045 auf 1000 Haushalte 1063 beziehungsweise 1052 Wohnungen entfallen.

Es fehlt an Wohnraum

Von einem ausgeglichenen Immobilienmarkt wird gemeinhin gesprochen, wenn für 1000 Haushalte 1030 Wohnungen zur Verfügung stehen. Das entspricht einem Leerstand von drei Prozent. In dieser Zahl ist berücksichtigt, dass durch Fluktuation und Modernisierungen nicht immer alle existierenden Wohnungen am Markt verfügbar sind.

Treffen die Prognosen der Studienautoren zu, wird die Bevölkerung in der Region Bodensee-Oberschwaben bis zum Jahr 2045 um gut 18 Prozent auf dann 718000 Einwohner steigen (2013: 608000 Einwohner). Die Zahl der Haushalte dürfte noch stärker, nämlich um 29 Prozent auf 396000 Haushalte zulegen. „Aufgrund der wachsenden Bevölkerung in dieser wirtschaftsstarken Region und des anhaltenden Trends zu Singlehaushalten dürfte sich die Situation auf dem Wohnungsmarkt in der Region Bodensee-Oberschwaben künftig erheblich verschärfen“, sagte Studienautor Peter Haueisen im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“.

Tatsächlich wird weniger gebaut

Für die Region Donau-Iller sehen die Zahlen ähnlich aus: Ein Bevölkerungswachstum von 15 Prozent auf 568000 Einwohner und ein Anstieg der Haushalte um 26 Prozent auf 292000 Einheiten. Etwas weniger stark werden die Zuwächse im Allgäu prognostiziert. Dort dürfte die Einwohnerzahl bis 2045 um 13 Prozent auf 530000 zulegen und die der Haushalte um 21 Prozent auf 291000.

Das Angebot an Wohnraum haben die Studienexperten auf Basis des Zubaus der vergangenen Jahre in die Zukunft fortgeschrieben. In Zahlen ausgedrückt heißt das: Deutschlandweit kommen jährlich 200000 Wohnungen hinzu. Dieser Wert berücksichtigt sowohl den Zuwachs durch den Neubau von Wohnungen als auch den Verlust von Wohnungen durch Abriss oder Rückbau. „Ein jährlicher Bestandszuwachs von 200000 Wohnungen entspricht dem Durchschnitt der vergangenen 14 Jahre. Tatsächlich gebaut wird aktuell aber deutlich weniger“, erklärt Haueisen.

Erhebliche Binnenwanderung

Als entscheidenden Treiber für die regional unterschiedliche Entwicklung der Wohnungsmärkte machen die Studienautoren die Binnenwanderung, also die Wanderbewegungen innhalb Deutschlands aus. So seien im Durchschnitt der vergangenen Jahre jedes Jahr 3,8 Millionen Menschen über die Kreisgrenzen hinweg umgezogen. Im Jahr 2014 hätten 73Prozent der Veränderungen am Wohnungsmarkt mit der Binnenwanderung erklärt werden können; mit der Zuwanderung dagegen lediglich 27 Prozent, heißt es in der Studie.

Während jüngere Menschen vor allem in Groß- und Universitätsstädte ziehen, ist für die 30- bis 50-Jährigen auch das gut angebundene Umland wirtschaftsstarker Ballungsräume attraktiv. Der Druck auf die Wohnungsmärkte nehme dort überproportional zu. „Diese Regionen müssen in den kommenden Jahren ihre Bautätigkeit teils massiv steigern“, sagt Haueisen, oder gemeinsam mit den benachbarten Regionen Lösungen für die Ungleichgewichte an den Wohnungsmärkten erarbeiten und umsetzen. In diesem Punkt gebe es noch großen Nachholbedarf.

Umland stärker erschlossen werden

„Wirtschaftsstarke Regionen mit einem angespannten Wohnungsmarkt dürfen nicht mehr nur in regionalen oder kommunalen Grenzen denken. Es muss künftig auch das Umland stärker erschlossen und die Immobilienmärkte effizienter gemacht werden, etwa durch die Anbindung an moderne Verkehrs- und Dateninfrastruktur.“

Eine Preisblase macht Haueisen dagegen nur an „vereinzelten Mikrostandorten“ aus. In Stuttgart etwa, wo für Eigentumswohnungen in speziellen Lagen mittlerweile bis zu 15000 Euro für den Quadratmeter verlangt werden. Für den Immobiliensektor generell will Haueisen die Gefahr von dramatischen Preiseinbrüchen aber nicht gelten lassen.