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Omira: Das Ende der Eigenständigkeit

Wirtschaft / Lesedauer: 3 min

Französische Großmolkerei Lactalis übernimmt Omira – Das Ende der weißen Linie in Ravensburg rückt näher
Veröffentlicht:23.05.2017, 20:13

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Nach 88 Jahren ist Schluss: Die französische Großmolkerei Lactalis übernimmt die Ravensburger Traditionsfirma Omira. Der Milchpreis für die Lieferanten soll damit stabil bleiben.

Gegründet im Jahr 1929 zu Zeiten der Weltwirtschaftskrise gibt ein oberschwäbisches Traditionsunternehmen nach 88 Jahren seine Eigenständigkeit auf. Die Oberland-Milchverwertung Ravensburg (Omira) schafft es nicht mehr, der schwierigen Lage auf dem Milchmarkt allein Herr zu werden und begibt sich in die Hände einer französischen Großmolkerei: Lactalis, Unternehmensangaben zufolge weltweit die Nummer eins der Milchbranche, übernimmt Omira mit dem Stammsitz in Ravensburg und einem zweiten Produktionsstandort in Neuburg an der Donau. Das teilten die beiden Unternehmen am Dienstag mit.

„Durch das von beiden Firmen verhandelte Zukunftspaket, das eine Übernahme der Omira durch Lactalis und eine zehnjährige Milchpreissicherung für die Milchlieferanten vorsieht, soll die langfristige Zukunft der Omira-Milcherzeuger gesichert werden“, schreibt Omira in einer Mitteilung. Die Omira ist bislang genossenschaftlich organisiert, sie ist also im Besitz von 2600 Milchbauern, die ihre Milch an die Molkerei liefern. Unklar ist, wie die Besitzstruktur künftig aussehen wird. Lactalis bestätigt eine „einhundertprozentige Übernahme der Geschäfte von Omira“, Omira selbst spricht von einer Übernahme, bei der „die genossenschaftliche Struktur zwischen Omira und den Milcherzeugern erhalten bleibt“. Weder Lactalis, noch Omira wollten am Dienstag Details erläutern, noch einen Verkaufspreis nennen. Klar ist, dass die Omira-Gesellschafter der von den Molkereien ausgehandelten Übernahme am 22. Juni noch zustimmen müssen.

Omira will durch den Zusammenschluss das weltweite Vertriebsnetz von Lactalis und die von der Großmolkereien erschlossenen Märkte für sich nutzen. Das angeschlagene Unternehmen kämpfte vor allem in den vergangenen Jahren mit den so niedrigen Preisen für Frischmilch und Magermilchpulver. 2016 lag der Umsatz laut Firmenangaben bei 420 Millionen Euro, nach 460 Millionen im Vorjahr. Für das Unternehmen arbeiten rund 650 Mitarbeiter.

Lactalis will in den deutschen Markt

Der französische Konzern, zu dessen Marken Président, Galbani und Lactel gehören, plant, mit der Übernahme den deutschen Markt für sich zu erschließen. „Wir hatten in Deutschland bislang nur einen Vertriebsstandort und keine Produktion, das wird sich nun ändern – durch zwei starke Produktionsstandorte in Ravensburg und Neuburg“, sagte Klaus Gaumann, Marketing-Chef von Lactalis Deutschland, auf Anfrage der „ Schwäbischen Zeitung “. „Wir glauben außerdem, dass die laktosefreien Produkte von Omira sehr gut in unser Sortiment passen und wir die weltweit vertreiben können.“ Lactalis gehört mit mehr als 236 Produktionsstätten in 44 Ländern und Vertriebsniederlassungen in insgesamt 85 Ländern zu den größten Milchunternehmen weltweit. Fast 75 000 Mitarbeiter waren in 2016 weltweit für Lactalis tätig. Der Umsatz lag 2016 nach Konzernangaben zufolge bei rund 17,3 Milliarden Euro.

Omira teilte mit, die Übernahme ermögliche die Sicherung der Milchpreise für die Lieferanten für zehn Jahre. Dieser Milchpreis werde sich nach einer kurzen Übergangsphase dann bis Ende des Jahres 2017 mindestens am bayerischen Durchschnittspreis orientieren. „Damit erhalten alle Milcherzeuger die Sicherheit, dass sie langfristig immer im Durchschnitt der Region bezahlt werden“, heißt es in einer Mitteilung von Omira. „Die Auszahlung des Milchgeldes wird durch einen leistungsfähigen und finanzstarken Partner, der seit Jahrzehnten im Milchgeschäft arbeitet, erfolgreich garantiert."

Die Omira-Standorte Ravensburg und Neuburg sollen weiterentwickelt und durch gezielte Investitionen spezialisiert werden – der Standort Ravensburg auf Industrieprodukte wie hochwertiges Milchpulver und Fettprodukte und der Standort Neuburg primär auf Milchgetränke, Joghurt und Fertigdesserts, heißt es bei Lactalis. Nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“ aus Molkereikreisen spielt Omira schon seit Monaten die Möglichkeit durch, die sogenannte „weiße Linie“, also die Produktion von Milch- und Joghurtprodukten, in Ravensburg ganz aufzugeben. In einem internen Strategiepapier, das der „Schwäbischen Zeitung“ vorliegt und das Ende Januar auf einer Betriebsversammlung der Belegschaft vorgestellt wurde, beschreibt Omira das Ende von Milch und Joghurt in Ravensburg als „wirtschaftlich sinnvolles Szenario“.