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Ökokosten und Strompreise klettern

Wirtschaft / Lesedauer: 3 min

EEG-Umlage legt 2017 auf 6,9 Cent zu – Energieexperten prognostizieren weiteren Anstieg
Veröffentlicht:11.10.2016, 18:53

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Stromverbraucher müssen im kommenden Jahr mit steigenden Preisen rechnen. So wächst die Umlage für Ökostrom, die einen Teil der Elektrizitätskosten ausmacht, wohl um einen halben Cent pro Kilowattstunde auf knapp 6,9 Cent. Dabei bleibt es nicht: Hinzu kommen höhere Netzkosten. Durchschnittlich würden die kompletten Stromrechnungen der Privathaushalte 2017 um drei Prozent steigen, schätzt deshalb das Vergleichsportal Verivox . Das bedeute etwa 30 Euro Mehrkosten pro Jahr – 2,50 Euro monatlich.

Die Öko-Umlage macht knapp ein Viertel der Stromrechnung von Privathaushalten aus. Dass sie von jetzt 6,35 Cent pro Kilowattstunde auf 6,88Cent im nächsten Jahr erhöht wird, berichtete die „ Frankfurter Allgemeine Zeitung “. Die vier Betreiberfirmen des Höchstspannungsnetzes geben den Wert am kommenden Freitag offiziell bekannt und wollten sich am Dienstag nicht äußern.

Aus der Umlage auf Basis des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) werden Wind-, Sonnen- und Biomassekraftwerke bezuschusst, weil ihr Strom mehr kostet als die Elektrizität aus Kohle-, Gas- und Atomkraftwerken. Erhalten die konventionellen Anlagen für ihren Strom an der Börse so niedrige Preise wie zur Zeit, steigt die Differenz zu den Produktionskosten des Ökostroms, und damit die Umlage.

Für einen sparsamen Dreipersonenprivathaushalt, der 2000 Kilowattstunden (kWh) im Jahr verbraucht, nehmen die Ökokosten 2017 um zehn Euro zu. Für einen Vierpersonenhaushalt, der mit 4000 kWh beim Durchschnittsbedarf liegt, kostet die Erhöhung 20 Euro jährlich.

Neben der EEG-Umlage macht sich 2017 auch bemerkbar, dass die Kosten für den Ausbau der Stromnetze zunehmen, unter anderem für neue Höchstspannungsleitungen von Nord- nach Süddeutschland. Die daraus resultierenden Belastungen für die Privathaushalte und Unternehmen schwanken von Region zu Region.

Dem entgegengesetzt wirken allerdings die Rohstoffpreise, die die Kraftwerke für Gas und Kohle ausgeben. Diese liegen recht niedrig, was zu Entlastungen auch für Privathaushalte und Unternehmen führen kann. Wie sich die konkreten Stromkosten entwickeln, hängt aber von der Preispolitik der jeweiligen regionalen Stromversorger ab. Manche geben Preissenkungen an die Kunden weiter, viele tun es nicht.

Kritik an EEG-Reform

In den Jahren nach 2017 wird die EEG-Umlage wohl weiter steigen, möglicherweise auch stärker, als es Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel anlässlich der Reform des EEG 2014 versprach. Diese hatte zum Ziel, weitere starke Anstiege der Energiewendekosten zu vermeiden. Damals hieß es, die Umlage solle bis 2020 nur gut sieben Cent erreichen. Nun zeigt die Prognose des Instituts Agora Energiewende, dass der Ökoanteil 2020 bei 7,7Cent liegen könnte. Das Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (Dice) sieht die EEG-Umlage 2020 über acht Cent.

Ist Gabriels Reform also gescheitert? „Eindeutig“, sagte Energieexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin. „Die Reform wird zu steigenden Strompreisen führen.“ Kemfert argumentiert, die Regierung dulde zu viele klimaschädliche Kohlekraftwerke am Netz. Dies führe zu einem Überangebot von Elekrizität, trage zu niedrigeren Börsenpreisen und damit einer höheren EEG-Umlage bei. „Zudem wurde eine Abwrackprämie für alte Kraftwerke beschlossen, was auch den Strompreis erhöht“, so Kemfert.

Oliver Krischer, Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, kritisierte außerdem, dass Gabriel inzwischen viele Industriebetriebe „von der Umlage befreit“ habe. Die Ausnahmen für die Industrie würden die Kosten für die Mehrheit der Wirtschaftsbetriebe und die Privathaushalte erhöhen. „Wir brauchen dringend einen Systemwechsel bei der Finanzierung der Energiewende“, erklärte auch Ingeborg Neumann, Präsidentin des Gesamtverbands der deutschen Textil- und Modeindustrie. Der Verband der bayerischen Wirtschaft (vbw) forderte gar eine gänzliche Abschaffung des EEG: „Die Industriestrompreise in Deutschland haben sich zu einem gravierenden Standortnach-teil entwickelt“, sagte vbw-Präsident Alfred Gaffal.

Das Wirtschaftsministerium wollte keine Stellungnahme abgeben. Man versucht, die Kosten zu drosseln, indem ab 2017 keine politisch festgelegten Vergütungen für sauberen Strom mehr gezahlt werden. Anlagenbetreiber, die die günstigsten Preise bieten, erhalten dann den Zuschlag nach Ausschreibungen.