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Revierkampf

Interne Grabenkämpfe im DGB

Wirtschaft / Lesedauer: 2 min

Streit um Zuständigkeiten zwischen Verdi und IG Bergbau-Chemie-Energie eskaliert
Veröffentlicht:01.10.2014, 19:07

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Die Revierkämpfe zwischen der Industriegewerkschaft Bergbau-Chemie-Energie ( IG BCE ) und Verdi werden zunehmend heftiger. Nachdem vor Wochen ein Streit um Zuständigkeiten in der Energiewirtschaft ausgebrochen war, tobt nun auch noch ein erbitterter Kampf um Mitglieder und Organisationsgrenzen in der ostdeutschen Wasserwirtschaft. Dort hat Verdi vor einigen Tagen zu einem Warnstreik aufgerufen gegen einen gültigen, von der IG BCE abgeschlossenen Tarifvertrag mit einem lokalen Wasserversorger im Erzgebirge. Das Unternehmen in Annaberg lehnt es aber ab, den bis Ende 2015 laufenden Vertrag vorzeitig aufzulösen und künftig mit Verdi zu verhandeln. In dem Betrieb mit etwa 100 Beschäftigten haben beide Organisationen Mitglieder; Verdi hat sie unter anderem damit geworben, bessere Verträge und höhere Gehälter durchzusetzen.

„Das Verhalten von Verdi ist skandalös“, rügt IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. „Ein solches Vorgehen hat es in der Geschichte des Deutschen Gewerkschaftsbundes bislang nicht gegeben.“ Vassiliadis ist insbesondere darüber empört, dass Verdi erklärtermaßen dafür streikt, dass der Betrieb künftig keine Tarifverträge mehr mit der IG BCE abschließt.

„Im DGB darf es so etwas nicht geben“, mahnt der IG-BCE-Chef. Er wirft Verdi vor, sich nicht anders zu verhalten als die Lokführergewerkschaft GDL. Wie diese Splittergewerkschaften versuche Verdi, „die aufgehobene Tarifeinheit für Organisationsfragen zu nutzen“. Tarifeinheit besagt, dass in einem Betrieb nur eine Gewerkschaft zuständig ist. Das Verhalten von Verdi widerspreche den Prinzipien des DGB, tadelt Vassiliadis.

Der Streit unter den beiden DGB-Gewerkschaften rührt daher, dass beide Organisationen in ihren Satzungen für sich beanspruchen, für die Wasserwirtschaft zuständig zu sein. Das ist ein Erbe der Wiedervereinigung: In der DDR war die Bergbaugewerkschaft zuständig, in der alten Bundesrepublik die Gewerkschaft des Öffentlichen Dienstes, ein Vorläufer von Verdi. Ein DGB-Schiedsgericht stellte 1991 fest, es gelte die im Westen übliche Organisationsabgrenzung; die Mitglieder blieben dennoch in der Bergbaugewerkschaft. Frank Bsirske und der frühere IG-BCE-Chef Hubertus Schmoldt verständigten sich in der Folge darauf, dass die ostdeutsche Wasserwirtschaft allmählich zu Verdi übergehen solle.

Bsirske wirft Vassiliadis vor, sich nicht an diese Absprache zu halten. Der wiederum verteidigt sich damit, dass er sich an die Satzung halten müsse („ich bin doch kein König“) und den Willen der Mitglieder seiner Gewerkschaft zu vertreten habe. Vassiliadis wirbt für eine „pragmatische Lösung“: Grundsätzlich sei Verdi zuständig für die Wasserwirtschaft, aber bei den ostdeutschen Firmen betreibe die IG BCE aufgrund der dortigen Tradition das Tarifgeschäft, „weil die Mitglieder das so wollen“. Dies habe, so der IG-BCE-Chef, Verdi aber abgelehnt.