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Immer mehr Schweinezüchter geben auf

Wirtschaft / Lesedauer: 3 min

Immer mehr Schweinezüchter geben wegen niedrigen Preisen auf
Veröffentlicht:26.05.2016, 17:48

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Ferkelerzeuger wie Schweinemäster schreiben seit Längerem tiefrote Zahlen. Die Folge: Immer mehr Züchter im Südwesten müssen aufgeben.

Schweinehalter Michael Reber hat in den vergangenen Monaten viel gelitten, doch der schmerzlichste Augenblick liegt noch vor ihm: „Wenn das letzte Schwein den Hof verlässt – das wird ein emotionaler Moment“, sagt der 44 Jahre alte Landwirt aus Schwäbisch Hall. Schon im August wird es soweit sein, dann muss Reber das Licht im Schweinestall für immer ausmachen. „Die Schmerzgrenze ist erreicht“, sagt der Familienvater. Jahrelang hat er für das wirtschaftliche Überleben der Schweinehaltung auf seinem Traditionsbetrieb gekämpft, jetzt zieht er die Reißleine.

Reber ist in Deutschland kein Einzelfall. Die Schweinehalter im Land fürchten um ihre Existenz. Die niedrigen Preise treiben immer mehr Betriebe zur Aufgabe. „Ferkelerzeuger wie Schweinemäster schreiben seit Längerem tiefrote Zahlen. Dieser Strukturwandel kommt einem Strukturbruch gleich“, sagt der Präsident des Deutschen Bauernverbandes ( DBV ), Joachim Rukwied. Seit 2010 haben 22 Prozent der Schweinehalter in Deutschland aufgegeben. In Baden-Württemberg waren es sogar rund 30 Prozent. Bei der Zuchtsauen-Haltung sind seit 2011 im Südwesten ebenfalls rund ein Drittel der Betriebe ausgestiegen.

Rund 2600 Schweinehalter im Südwesten

„Bei derzeitigen Preiserlösen von 1,40 Euro pro Kilogramm Schlachtgewicht legt jeder Schweinemäster drauf“, sagt Rukwied, der zugleich auch Chef des Landesverbandes in Baden-Württemberg ist. In den zurückliegenden Monaten seien bei 1,25 Euro pro Kilogramm die Verluste sogar noch größer gewesen. Derzeit gibt es laut Landwirtschaftsministerium noch rund 2600 Schweinehalter im Südwesten – und die haben zu kämpfen, schildert Rukwied. Denn der Preiswettbewerb im Handel ist hart. Das Russland-Embargo hat zudem einen wichtigen Auslandsmarkt blockiert, gleichzeitig kommt aus Spanien günstiges Fleisch nach Deutschland. Jetzt schwächelt noch der asiatische Markt. Zudem stieg die Schweineproduktion vor allem in den USA, in Spanien, Polen und den Niederlanden. Ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums rechnet das Verlustgeschäft der Schweinehalter vor: Für ein Mastschwein mit einem Schlachtgewicht von 97 Kilogramm bekommt ein Landwirt gerade noch rund 138 Euro. Etwa 60 Euro koste ihn das Ferkel, nochmal so viel das Futter. Die Kosten für die Arbeit, Stall, Strom, Versicherungen, Reparaturen seien nicht gedeckt.

„Wir machen jeden Monat ein paar Tausend Euro Minus“, erklärt Reber. Etwa 1000 Schweine sind noch in seinem Stall, in Zukunft setzt die Familie ganz auf das zweite Standbein, die Biogasanlage. Um sich trotz der Krise über Wasser zu halten, müssten viele Landwirte investieren. „Hier wird dann nicht nur Kapital im großen Stil verbrannt, sondern es werden vor allem die Menschen, die Familien verheizt“, sagt Reber. Die Entscheidung aufzugeben, hat er sich nicht leicht gemacht. „Das belastet uns auch als Familie.“ Schon die Eltern hatten sich mit der Züchtung von Schweinen einen Namen in der Region gemacht. In einem Blog im Internet informiert Reber die Menschen über die schwierige Situation. „Wie es uns im August gehen wird, wenn die Ställe leer sind, weiß ich nicht“, schreibt er. „Aber Schluss jetzt mit lamentieren. Es muss weitergehen.“