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Einstiegsakkordeon

Ein Einstiegsakkordeon für Kinder

Wirtschaft / Lesedauer: 4 min

Trossinger Musikinstrumentenbauer Hohner sorgt sich um den Nachwuchs
Veröffentlicht:10.12.2017, 20:07

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Egal ob Blockflöte, Blasinstrument oder Akkordeon: Die Instrumentenhersteller machen sich Sorgen um den musikalischen Nachwuchs. Die in Trossingen ansässige Hohner Musikinstrumente GmbH versucht nun noch gezielter auf Kinder im Einstiegsalter zuzugehen. Seit eineinhalb Jahren werde ein Akkordeon für Kinder im Alter von vier bis sieben Jahren entwickelt, sagt Christian Dehn, Mitglied der Geschäftsleitung. Es seien schon erste Prototypen gebaut worden. Das Instrument solle auch in Deutschland produziert werden. „Mit ihm soll gezielt in Vorschulen und Kindergärten gegangen werden, um Werbung zu machen.“ Ziel sei es, von unten Bedarf zu kreieren. Und deshalb tritt das Unternehmen mit seinen 120 Mitarbeitern auch verstärkt als Sponsor bei entsprechenden Veranstaltungen auf, um für seine Musikinstrumente zu werben.

25 000 Instrumente im Jahr

In Deutschland lernen aktuell knapp 13 000 Schüler Akkordeon an den 930 öffentlichen Musikschulen. In der jüngsten Statistik des Verbandes deutscher Musikschulen (VdM) belegt das Akkordeon Platz 14 der beliebtesten Instrumente. An der Spitze liegen Klavier, Gitarre, Violine, Blockflöte und Schlagzeug. Noch vor 20 Jahren rangierte das Akkordeon auf Platz sieben. Die Schülerzahlen seien seit Jahren relativ stabil, wie eine Verbandssprecherin mitteilt. Im Norden der Republik wird nach Angaben von Hohner weniger Akkordeon gelernt als im Süden.

Das Unternehmen produziert rund 25 000 Instrumente im Jahr, die meisten davon werden in China hergestellt. Im Sommer kaufte der Mittelständler die Mehrheit der Anteile an dem italienischen Produzenten Industria Musicale Castelfidardo (IMC). Die italienische Stadt stehe für die Produktion hochwertiger Akkordeons, sagt Dehn. Dort sind weitere bekannte Hersteller und Zulieferer angesiedelt. Dieses Potential solle genutzt werden. Vor allem im hochwertigen Produktsegment sehen die Deutschen weitere Chancen, um neue Käufer zu gewinnen.

Hohner setzte im vergangenen Jahr knapp 24,5 Millionen Euro um, im Vorjahr waren es noch 26,3 Millionen Euro. Der Rückgang wurde laut dem im Bundesanzeiger veröffentlichten Geschäftsbericht unter anderem auch mit der schwierigen Lage in Russland und der Ukraine begründet. Der Gewinn unter dem Strich konnte aber von zwei auf drei Millionen Euro gesteigert werden. Die Eigenkapitalquote betrug im vergangenen Jahr 60,7 Prozent.

Hohner gehört der HS Investment Group, ein taiwanesisches Unternehmen, das seinen Sitz in Tortola auf den als „Steueroase“ geltenden Britischen Jungferninseln hat. Die Taiwanesen hatten den Trossinger Instrumentenbauer 2014 von der Börse genommen und die verbliebenen Kleinaktionäre per Zwangsausschluss aus dem Unternehmen gedrängt. In den Ohren der Kleinaktionäre klang der Name Hohner in den Jahrzehnten davor nach allem anderen als Musik. Verluste und Umsatzrückgänge oder Kapitalherabsetzungen standen immer wieder auf der Tagesordnung.

90 Prozent gehen ins Ausland

Nach dem Abgang vom Börsenparkett wurde das Unternehmen umgebaut. Ein Schwerpunkt war eine verstärkte Automatisierung. Früheren Angaben zufolge will Hohner bis zum nächsten Jahr fünf Millionen Euro am Standort in Trossingen investieren. In der Vergangenheit wurde zudem die Produktpalette in der Mundharmonika-Sparte gestrafft, wie Dehn berichtete. Aktuell gebe es noch rund 60 Modelle. In der Vergangenheit waren es ein Fünftel mehr. Das nun anstehende Weihnachtsgeschäft ist für Hohner von großer Bedeutung – nicht nur, was Akkordeons angeht, sondern auch bei den Mundharmonikas. Von denen verkauft der Mittelständler rund zwei Millionen Stück im Jahr.

Im Vertrieb setzt das Unternehmen auf Großhändler, die wiederum an die Einzelhändler liefern. „Einen direkten Zugang zum Kunden haben wir nicht“, sagt Dehn. Deshalb sei die Kommunikation mit den Instrumentenspielern umso wichtiger. Die erfolgt heute unter anderem auch über das Internet. Fast 90 Prozent der Erlöse wurden im vergangenen Jahr im Ausland erwirtschaftet. Rund 30 Prozent des Umsatzes wurden in Nordamerika erzielt. Neben dem Heimatmarkt seien auch Spanien, Frankreich und Großbritannien wichtig und in Asien Japan sowie Korea. In Südamerika solle künftig das Geschäft mit dem Akkordeon ausgebaut werden. Und in China kann sich das Unternehmen vorstellen, künftig noch stärker aktiv zu werden. Dazu müsse aber zunächst der Vertrieb ausgebaut werden, so Dehn weiter. Konkreter wollte er aber nicht werden.

Insgesamt zählte die Branche in Deutschland im vergangenen Jahr 21 Betriebe mit mehr als 50 Beschäftigten, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Die Unternehmen beschäftigten fast 2600 Mitarbeiter.