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Bares bleibt Wahres

Wirtschaft / Lesedauer: 4 min

Wirtschaftsforscher des HWWI veröffentlichen Studie zur Zukunft des Geldes
Veröffentlicht:13.06.2017, 19:16

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Digitales Bezahlen wird das Bargeld verdrängen. In Deutschland wird das aber noch dauern. Digitale Währungen werden aber Euro, US-Dollar und andere gesetzliche Zahlungsmittel nicht ersetzen. Denn ihnen fehlt eine Zentralbank, die sie in Krisen raushaut.

So stellen sich das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) und die Berenberg Bank „die Zukunft des Geldes“ vor. Untertitel der gestern vorgestellten Studie: „Das Geld der Zukunft“. Das wird in Deutschland, solange es ihn gibt, der Euro sein, gern als Bargeld im Portemonnaie. Hierzulande werden immer noch rund 80 Prozent aller Einkäufe bar bezahlt, vor allem kleinere Geschäfte. Dieser Anteil dürfte sich bis 2030 auf 50 Prozent reduzieren. Die älteren Bargeldfans sterben aus und jüngere Menschen nutzen jetzt schon in höherem Maße elektronische Zahlungsmittel. Außerdem machen neue Techniken das digitale Bezahlen leichter.

Die Experten erwähnen vor allem das kontaktlose Bezahlen mit der Kreditkarte über die sogenannte Nahfeldkommunikation, das mobile Bezahlen mit dem Smartphone, die Peer-to-Peer-Zahlungen, also Transaktionen zwischen Gleichgestellten, und das Bezahlen in Echtzeit (Instant-Payment). Der Vorteil für die Händler dabei: Sie müssen nicht, wie bei der EC-Karte, über Nacht auf den Zahlungseingang warten, sondern erhalten sofortige Zahlungssicherheit. Sie sehen sofort, dass der Preis für die verkaufte Ware auf ihrem Konto verbucht ist. Alle diese Verfahren knüpfen an die schon bestehende Infrastruktur bei Händlern, Banken und Anbietern von Kreditkarten an.

In anderen Ländern, namentlich in Dänemark und Schweden, spielt Barzahlung kaum mehr eine Rolle. In Schweden verwenden mehr als 90 Prozent aller Einkäufer zum Bezahlen eine Bankkarte. Elf Prozent der Bevölkerung sagen, sie benötigten kein Bargeld. In Südeuropa sind Bargeschäfte nur bis zu einer gewissen Größenordnung erlaubt: Spanier dürfen Rechnungen von höchstens 2500 Euro bar bezahlen. In Italien liegt die Höchstgrenze bei 3000 Euro, in Griechenland gar nur bei 1500 Euro. Autokäufe sind davon ausgenommen. Hintergrund der Obergrenzen ist die Absicht, Schwarzgeldgeschäften und Steuerhinterziehung den Boden zu entziehen.

Unausgereifte Digitalwährungen

Selbst wenn sich digitales Bezahlen auch in Deutschland immer mehr durchsetzen sollte: Es wird in Euro bezahlt, nicht in digitalen Währungen. Bislang werden sie von Verbrauchern und Händlern auch kaum akzeptiert. In Köln gibt es derzeit sieben, in Düsseldorf, Stuttgart, Leipzig und Dresden je zwei Akzeptanzstellen. In Frankfurt nehmen vier Händler den Bitcoin , in Nürnberg fünf, in München zehn, in Hamburg 13 und in Berlin 44. In Hamburg sei es etwa ein Pizzabäcker, sagte Jörg Quitzau, Volkswirt der Berenberg Bank: „Man kann sich also mit Bitcoin ernähren, aber eben nur mit Pizza.“

Bitcoins seien trotz des fulminanten Wertzuwachses auch nicht als Wertaufbewahrungsmittel geeignet, meint Quitzau. Dazu schwanke der Kurs zu stark. Müsse man zu einem bestimmten Zeitpunkt verkaufen, könne man ein Kurstief erwischen. Außerdem sei auch der langfristige Wertzuwachs nicht gesichert, weil ständig vergleichbare Digitalwährungen erfunden werden könnten.

Tatsächlich gibt es sie schon zuhauf. Mitte April zählten die Autoren der Studie 782 solcher Währungen, Ende Mai schon 830 und Anfang dieser Woche 871. Ihr addierter Marktwert stieg in derselben Zeit von 27 auf 112 Milliarden US-Dollar. Das lag vor allem an der größten Digitalwährung, dem Bitcoin, dessen Wert sich in den vergangenen zwölf Monaten auf mehr als 2000 US-Dollar verdoppelt hat.

Mehr noch als ihre stark schwankenden Kurse und ihre schnell wachsende Zahl fehlt den Kryptowährungen aber eine Zentralbank im Rücken. Sie sind von einem Netzwerk geschaffen worden, nicht von einer Notenbank. Vor allem sind die digitalen Währungen aber nicht mit einer gesetzlichen Annahmepflicht versehen. Damit fehlt ihnen auch die Hilfe einer Zentralbank in ihrer Funktion eines „lender of last resort“: In dieser Rolle als „Kreditgeber der letzten Zuflucht“ geben Zentralbanken Kredit, wenn niemand anderes mehr dazu bereit ist. EZB-Präsident Mario Draghi hatte das vor fünf Jahren vorgeführt, als er Spekulationen gegen den Euro mit drei Worten beendete: Die EZB werde die Europäische Gemeinschaftswährung „unter allen Umständen“ verteidigen: „whatever it takes“.

Es ist diese Rolle des Liquiditätsspenders die man gerade in Finanzkrisen brauche, „um solche Finanzkrisen zu lösen“, sagte der Mitautor der Studie, Professor Henning Vöpel vom HWWI. Den digitalen Währungen wohne keine Funktion inne, die nötig sei, „um ein modernes Geldwesen zu regulieren und zu steuern“.