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„Kleine Banken können diese ganze Bürokratie kaum mehr erfüllen“

Stuttgart / Lesedauer: 5 min

Der Chef der Sparda-Bank Baden-Württemberg über den schlechten Ruf von Aktien, das Geschäft mit der Baufinanzierung und die Rivalität mit den Volksbanken
Veröffentlicht:21.04.2014, 18:50

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Die Sparda-Bank ist der Erzrivale vieler angestammter Geldhäuser. Das Angebot der Genossenschaftsbank ist reduziert auf Girokonten, Tages- und Festgeld, Sparverträge und Baukredite, manche Sparda-Banken verkaufen noch Fonds. Kunden schätzen dieses abgespeckte Angebot, zumal die Kontoführung bei der Sparda-Bank oft gebührenfrei ist. Seit Anfang des Jahres ist Martin Hettich neuer Chef der Sparda-Bank Baden-Württemberg . Im Interview mit Steffen Range spricht der Vorstandsvorsitzende über seine Pläne und das Verhältnis zwischen Badenern und Württembergern in seinem Unternehmen.

Wie bedeutend ist die Region zwischen Ostalb und Bodensee für die Sparda-Bank Baden-Württemberg?

Unsere Filialen im Osten Baden-Württembergs entwickeln sich im Verhältnis zum Rest der Bank überdurchschnittlich, wenn wir dort auch einen durchschnittlichen Marktanteil haben. Für uns ist die Region von Ulm über Ravensburg bis Friedrichshafen und Konstanz sehr wichtig. Die Wirtschaftskraft nimmt beständig zu, die Bevölkerung wächst.

Sie sind jetzt rund einhundert Tage Chef der Sparda-Bank im Land. Wo sehen Sie Handlungsbedarf?

Wir sind erfolgreich und müssen die Weichen nicht abrupt neu stellen. Wir haben im vergangenen Jahr viele Schritte eingeleitet, die bald Wirkung zeigen werden.

Was meinen Sie zum Beispiel?

Die Sparda-Bank wird das genossenschaftliche Gemeinwohlverständnis stärker betonen.

Fühlen Sie sich denn willkommen in der Familie der Genossenschaftsbanken? Schließlich machen Sie den kleinen Volksbanken vor Ort Konkurrenz mit Ihrem gebührenfreien Girokonto...

Ja, wir sind Konkurrenten. Trotzdem glaube ich, dass wir willkommen sind, denn gemeinsam sind Sparda-Banken, Kirchenbanken und Genossenschaftsbanken vor Ort leistungsfähiger. Ich betrachte die Sparda-Bank als Spezialeinrichtung für Privatkunden. Wir können den Bedürfnissen der Privatkunden besser entsprechen als eine Genossenschaftsbank vor Ort. Andererseits haben wir Nachteile bei Kunden, die sich eine Filiale um die Ecke wünschen. Wenn ein Kunde darauf viel Wert legt, ist er bei einer Volks- oder Raiffeisenbank besser aufgehoben. Und aus dem Geschäft mit Firmenkunden halten wir uns raus. Das ist eine Domäne der Volks- und Raiffeisenbanken.

Wen betrachten Sie als die größten Rivalen?

Wenn es um Girokonten oder Tagesgeld geht, sind die Direktbanken die wichtigsten Wettbewerber: etwa die Diba oder die DKB. In unserem wichtigsten Geschäftsfeld, der Baufinanzierung, stehen wir im Wettstreit mit Sparkassen und Volksbanken.

Wie wichtig ist das Geschäft mit Baukrediten?

In unserem Kerngeschäftsfeld in Baden-Württemberg ist die Nachfrage unverändert hoch. Eine Sättigung des Marktes sehe ich noch lange nicht. Außerdem schichten viele Leute ihre früheren teuren Kredite in billigere Baufinanzierung um. Das macht bei uns bereits 40 Prozent des Neugeschäfts aus.

Spielt das Geschäft mit Wertpapieren noch eine Rolle?

Umfragen zeigen, dass von unseren Kunden höchstens 15 Prozent Interesse an Aktien haben. Das Wertpapiergeschäft ist teilweise auch Opfer der rigiden Regulierung geworden. Es ist völlig in Ordnung, die Kunden aufzuklären. Die Umsetzung halten wir aber für völlig überzogen. Aber ich möchte nicht jammern, wichtiger ist die Frage, wie wir in Zukunft damit zurecht kommen.

Und wie kommen Sie damit zurecht?

Die meisten Kunden wollen doch gar kein Depot für einzelne Aktien. Wenn ein Kunde an Aktien interessiert ist, empfehlen wir wertgesicherte Fondsprodukte von unserem genossenschaftlichen Partner Union Investment. Ohne Wertsicherung läuft da wenig.

Bedauern Sie es, dass die Deutschen Aktien gegenüber so skeptisch eingestellt sind?

Wir haben jetzt 30 Jahre lang in Deutschland versucht, den Menschen beizubringen, dass Aktien ab einem bestimmen Vermögen dazugehören. Den meisten Deutschen geht es aber vor allem um Sicherheit. Wenn der Deutsche so tickt, dann ist es vergebene Liebesmüh, ihm etwas anderes einzureden.

Wo sehen Sie noch Möglichkeiten, das Geschäft auszuweiten?

Wir hatten zum Beispiel eine gelungene Geldanlage-Aktion, bei der ungefähr ein Viertel aller Abschlüsse vom Kunden eigenständig online oder per Telefon gemacht wurden. Das lief super. Wir haben allerdings auch noch Prozesse, die gestrafft werden müssen, etwa bei der Baufinanzierung. Da könnte der Kunde im Internet mehr erledigen als es bisher der Fall ist.

Ihnen nimmt es vermutlich Arbeit ab, wenn die Leute die Formulare selbst ausfüllen. Was aber hat der Kunde davon?

Er bekommt schneller einen Kredit. Wir können zum Beispiel jetzt eine Kreditzusage innerhalb von 24 Stunden geben.

Was bringt mir eine so schnelle Zusage?

Natürlich braucht das nicht jeder. Wer umschulden will und ein Jahr Vorlauf hat, benötigt keine Entscheidung über Nacht. Aber wenn Sie etwa in Stuttgart eine attraktive Eigentumswohnung kaufen wollen, stehen Sie im Wettstreit mit mindestens 50 anderen Bietern. Wenn Sie innerhalb von 24 Stunden die Finanzierung auf dem Tisch liegen haben, ist das womöglich der entscheidende Grund, dass Sie den Zuschlag bekommen.

Sie arbeiten schon lange bei der Sparda-Bank Baden-Württemberg. Ihr Geldhaus ist entstanden aus der Fusion einer badischen und einer württembergischen Bank. Wie vertragen sich die beiden Teile?

Es gibt nach wie vor mal einen Scherz über die Schwaben oder Badener. Aber im Ernst: Wir haben sehr schnell gemerkt, dass wir gemeinsam stärker sind. Und wir haben dafür gesorgt, dass Badener Verantwortung für Geschäftsgebiete in Württemberg tragen und umgekehrt. Ich bin selbst das beste Beispiel. Ich bin in Freiburg aufgewachsen, habe eine ganze Zeit lang in Karlsruhe gelebt und wohne jetzt in Stuttgart.

Lässt sich der Erfolg ihrer Fusion mit Zahlen belegen?

Zum Zeitpunkt der Fusion, vor knapp 14 Jahren, hatten wir ein Bilanzvolumen von zehn Milliarden Mark, also gut fünf Milliarden Euro. Heute liegen wir deutlich über 13 Milliarden Euro. Wir haben unser Volumen mehr als verdoppelt.

Werden mehr Genossenschaftsbanken Ihrem Vorbild nacheifern und fusionieren?

Ich gehe davon aus, dass es bald Zusammenschlüsse gibt. Kleine Banken können diese ganze Bürokratie, all diese gesetzlichen Anforderungen kaum mehr erfüllen. Allein deshalb werden größere Einheiten entstehen. Das ist nur vernünftig.