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Reibung

FC Bayern: Mehr Reibung, bitte!

Sport / Lesedauer: 4 min

Vor dem Start in die Rückrunde bleibt der Konkurrenz nur noch, auf Streit beim Branchenprimus FC Bayern München zu hoffen
Veröffentlicht:29.01.2015, 21:06

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Fans, Verantwortliche und Beobachter der Bundesligisten außerhalb Münchens scheinen sich dieser Tage eine sehr alte (und freilich zurecht umstrittene) Weisheit zu eigen gemacht haben. „Only bad news are good news“, nur schlechte Nachrichten seien gute Nachrichten, heißt es in der Medienpsychologie. Übertragen auf die Fußball-Bundesliga heißt das: Nur schlechte Nachrichten von der Säbener Straße sind gute Nachrichten für die Konkurrenz. Bei elf Punkten Vorsprung vor dem Start in die Rückrunde am Freitag hilft wohl tatsächlich nur noch die nicht sehr feine, aber verständliche Hoffnung auf Krach beim FC Bayern .

Dass die Serienmeister in Wolfsburg spielen (20.30/ARD und Sky live), beim einzigen Klub, der sich noch mit einiger Berechtigung Bayern-Verfolger nennen darf, spricht einerseits für eine gewisse prophetische Gabe der Spieltagsmacher von der DFL, andererseits ist aber klar: Gewinnt Bayern auch den Rückrundenstart, wäre es mit der Spannung im Meisterkampf endgültig vorbei – sollte die irgendwer überhaupt noch gespürt haben in den letzten Monaten. 14 Punkte Vorsprung würde wohl keine funktionierende Mannschaft der Welt 16 Spieltage vor Schluss mehr verspielen, schon gar nicht der in dieser Saison noch ungeschlagene FC Bayern, dessen Spieler sich in der Vorrunde erstaunlich zielstrebig und seriös präsentierten, WM-Strapazen hin, Verletzungssorgen her. „Es hängt von uns ab. Wir wissen, wie wichtig die ersten zwei Spiele der Rückrunde sind. Wenn wir in der Lage sind, diese zu gewinnen, dann können wir einen großen Schritt in Richtung Titelverteidigung machen“, sagte auch der sonst so zurückhaltende Trainer Pep Guardiola am Donnerstag.

„Ein hochsensibles Gebilde“

Auch Oliver Kahn, der als Torwart von 1994 bis 2008 die Bayern-DNA nicht nur aufsaugte, sondern sie mit seiner „weiter-immer-weiter-Attitüde sogar verfeinerte, glaubt, dass Bayern sich, wenn überhaupt, nur selbst schlagen kann. „Das ist zu schaffen, wenn der FC Bayern aus unerfindlichen Gründen seine Motivation, Fußball zu spielen, verliert“, sagte er dem „Kicker“. Der FC Bayern sei „ein hochsensibles Gebilde. Ein, zwei Nachlässigkeiten reichen, dass sie die ganz großen Ziele verfehlen.“ Dass dies aber wirklich passieren könnte in den kommenden Monaten, kann sich Kahn „nicht vorstellen“.

Wie auch? Dass es wirklich nachhaltig Krachen wird bei Bayern, danach sieht es auch jetzt nicht aus. Ein von einem Sky-Reporter am Montag zufällig mitgehörter lautstarker Disput im Kabinentrakt zwischen „wahrscheinlich“ Pep Guardiola und „vermutlich auch“ Sportvorstand Matthias Sammer , entpuppte sich als Scherz der Spieler, die zwischen den Trainingseinheiten ihren Trainer imitiert hatten. Guardiola und Sammer wollten jedenfalls glaubhaft nichts von einem Streit zwischen sich mitbekommen haben. „Ich weiß nicht, wovon die Leute sprechen. Wir hatten ein ruhiges Training“, sagte Guardiola.

Auch, dass Guardiola sich bisher beharrlich weigert, auch nur über eine Verlängerung seines Vertrages nachzudenken, dürfte weder Spieler, noch den Bayern-Vorstand und am allerwenigsten Guardiola wirklich beschäftigen. Der Vertrag des Trainers läuft noch bis 2016 und beim FC Barcelona hat er einst auch immer nur Jahresverträge unterschrieben. „Pep will jetzt überhaupt nicht, wir wollen jetzt auch nicht, außer Fußball spielen, Gas geben und angreifen“, sagte Sammer am Donnerstag.

Ex-Trainer Ottmar Hitzfeld sieht dennoch eine gewisse „Explosionsgefahr“ bei Bayern. Nämlich in der Mannschaft, wenn gerade im Mittelfeld bald ein Hauen und Stechen um die Stammplätze einsetzen dürfte. Die Reihen der Dauerverletzten lichten sich, David Alaba etwa dürfte bald wieder in die Stammelf drängen, Philipp Lahm sollte im März wieder einsatzfähig sein, Bastian Schweinsteiger und Xabi Alonso sind richtig fit, zudem will Sebastian Rode seinen Platz natürlich nicht kampflos räumen, Talente wie Mitchell Weiser und Gianluca Gaudino hätten auch gerne mehr Einsatzzeiten. Auch Verteidiger Holger Badstuber präsentierte sich nach seinem beinahe zweijährigen Verletzungsmartyrium im Trainingslager stark. Sammer hat nichts gegen etwas mehr Reibung im Training, warnt aber schon: „Die Gruppe und der Kader haben zusammenzustehen. Es geht nicht, dass einer den Erfolg gefährdet. Da hat sich jeder ein- und unterzuordnen.“

Den Spielern scheint dies klar zu sein. Natürlich könnten einzelne Probleme auftreten, sagte Thomas Müller, „aber es geht darum, dass wir für den Verein Meisterschaften und Titel gewinnen sollen, und nicht darum, dass jeder mit einem Lächeln ins Bett geht.“

Zumal sich das vermeintliche Problem mit dem Überangebot an Spielern für den Moment ohnehin wieder von selbst erledigt hat: Rafinha und Franck Ribéry fallen mit leichteren Bänder- und Muskelverletzungen mindestens zwei Wochen aus. Grund genug für die Wolfsburger, Hoffnung zu schöpfen. Oder? Trainer Dieter Hecking: „Dann spielen eben zwei Weltmeister.“