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Gegentor

Ein Quantum Trost für den SC Freiburg

Sport / Lesedauer: 3 min

Freiburg macht das Spiel, Mainz die Tore
Veröffentlicht:19.04.2015, 21:47

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Den Uralt-Rekord aus dem Jahr 2001 hatten sie beim SC Freiburg plötzlich wieder aus dem Gedächtnis gekramt. Damals war der Fußball-Bundesligist in fünf Spielen hintereinander ohne Gegentor geblieben – dank Richard Golz, der im Breisgau mit Glanztaten im Tor und mit Bonmots („Vor lauter Philosophieren über Schopenhauer kommen wir kaum noch zum Trainieren“) unvergesslich bleibt.

14 Jahre später, mit Roman Bürki im Kasten, waren es vor den 90 Minuten gegen Mainz drei Bundesligapartien ohne Gegentor gewesen. Freiburg dominierte das Spiel, die Führung schien nur eine Frage der Zeit zu sein – doch dann kam nach 39 Minuten der Auftritt des Shinji Okazaki: 0:1 nach weitem Abschlag von Torhüter Loris Karius und Zuspiel von Jairo Samperio, 0:2 aus dem Gewühle heraus. Okazaki stellte innerhalb von sieben Minuten den Spielverlauf auf den Kopf. „Er hat die Tore nicht reingekrönt, sondern reingekämpft“, sagte später der Mainzer Trainer Martin Schmidt, glücklich über den schmeichelhaften 3:2-Auswärtssieg, der vor allem zwei ehemaligen Stuttgarter Akteuren zu verdanken war: Okazaki traf, wie er wollte, und der gebürtige Biberacher Karius hielt, als wolle er den auf der Tribüne sitzenden Bundestrainer Joachim Löw überzeugen.

Offen blieb nur, was Löw mehr beeindruckte: Karius’ Leistung oder die Freudenschreie zweier japanischer Reporter, die direkt hinter dem Bundestrainer auf der Tribüne saßen und Okazaki huldigten. „Da hat man wieder gesehen, wie wichtig der Kerl für Mainz 05 ist und warum man ihn unbedingt im Winter halten wollte und auch halten will“, schloss sich Schmidt den Okazaki-Ovationen an.

2013 hatte der VfB Stuttgart den Japaner für 1,5 Millionen Euro hergegeben – ein Freundschaftspreis. Mainz-Manager Christian Heidel schlug im Winter ein Angebot von Leicester City für Okazaki in Höhe von umgerechnet 12,5 Millionen Euro aus. Eine weitsichtige Entscheidung. Das Interesse am Stürmer (Vertrag bis 2016) ist gestiegen, neben englischen Klubs buhlt auch Mönchengladbach um den 29-Jährigen. Mit nun zwölf Saisontoren lässt der Japaner Mainz im Abstiegskampf lachen. „Das macht alles einfacher. Im täglichen Training, aber auch in den Spielergesprächen“, sagte Schmidt mit Blick auf nun 34 Punkte.

Und Freiburg? 2009 waren Freiburg und Mainz gemeinsam in die Bundesliga aufgestiegen. „In den vergangenen drei Jahren standen wir am Ende zweimal vor ihnen“, weiß Freiburgs Trainer Christian Streich. 2015 wohl eher nicht. „Das wird bis zum letzten Spieltag brutal für uns“, fürchtet Streich nach der unnötigen Niederlage gegen Mainz einen nervenaufreibenden Abstiegskampf. „Wie kann es in so einem Spiel zur Halbzeit 0:2 stehen? Abstrus!“, sagte Streich fassungslos. „Aber wenn du so wie Mainz aus vier Torchancen drei Tore machst, hast du verdient gewonnen.“ Schmidt hob die Qualität seiner Elf bei den Kontertoren hervor und sagte: „Ich bedanke mich bei Freiburg für das gut geführte Spiel. Wir hatten heute mehr Glück, aber man trifft ja hoffentlich noch ein paar Mal aufeinander. Bis zum nächsten Jahr! Wir freuen uns!“ Ein Quantum Trost – doch das Wiedersehen ist ungewiss.

Gewiss ist: Freiburgs Uralt-Rekord aus dem Jahr 2001 wird noch eine Weile Bestand haben. Wie einst Tormann Golz wissen seine Nachfolger im SCF-Trikot, dass in der entscheidenden Saisonphase „der Kopf eine Rolle spielt. Und wir haben in den vergangenen Jahren bewiesen, dass wir einen klaren Kopf behalten können“, sagte SC-Kapitän Julian Schuster nach der Niederlage gegen Mainz. „Zusammenrücken, den Kopf oben behalten“, empfahl der Mittelfeldspieler. „Wir sollten uns nicht zu viele Gedanken machen.“

Auch nicht über Schopenhauer.