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Achtelfinalspiel

Einst Lausbuben, jetzt Einwechselspieler

Sport / Lesedauer: 3 min

Lukas Podolski und Bastian Schweinsteiger gehen bei der EM unterschiedlich mit ihrer Rolle um
Veröffentlicht:27.06.2016, 21:24

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Wenn Lukas Podolski grinst, über das ganze Gesicht lacht und zwinkert, dann sieht er immer noch aus wie Anfang 20. In der Mixed Zone nach dem Achtelfinalspiel gegen die Slowakei , seinem EM-Debüt für dieses Turnier, wurde er auch noch teenagerhaft verlegen. Eine russische Journalistin wollte dem 31-Jährigen noch eine weitere Frage stellen, schob das Argument hinterher, er sei ja „so nett und süß“.

Podolski schmunzelte und erklärte der jungen Frau, sie solle sich seine Handynummer von den deutschen Kollegen geben lassen. Gelächter. Und Abgang.

„Das erlebt man nicht jeden Tag“

Das Slowakei-Spiel war Poldis Show: In der 72. Minute für einen der Matchwinner, für Julian Draxler eingewechselt, wurde der Kölsche Jung’, mittlerweile nach einer Europa-Tour ( Arsenal London , Inter Mailand) bei Galatasaray Istanbul gelandet, frenetisch gefeiert – später bei jedem Ballkontakt. Im Stade Pierre Mauroy waren zahlreiche Fans, teils im Geißbock-Kostüm, ganz jeck auf ihren Poldi, den Herzenskölner. Von der Domstadt nach Lille an der belgischen Grenze ist es ein Katzensprung – und so dominierten die Fahnen des FC die deutsche Fankurve. Podolski war richtig angefasst hinterher. „Das erlebt man nicht jeden Tag. Wenn das ganze Stadion sich erhebt und deinen Namen singt, wenn bei jeder Szene applaudiert wird, dann ist das auch nach fast 130 Länderspielen noch etwas Besonderes“, sagte der im Kölner Vorort Berkheim aufgewachsene Mann, „das zeigt, dass ich wohl vieles richtig gemacht habe – auf und neben dem Platz.“ Es war sein 129. DFB-Einsatz, sein zwölfter bei einer EM-Endrunde: 20Minuten, 25 Ballkontakte, 2,26 Kilometer gelaufen.

Nach Abpfiff, als die Kollegen in der Kabine verschwunden waren, klatschte Podolski am Zaun deutsche Fans ab, vor allem jene aus Köln. Er ließ sich fotografieren. „Gänsehaut“, habe er gehabt, „das wird mir für immer in Erinnerung bleiben. So wie mein erstes Länderspiel.“ 2004 war das, kurz vor der EM in Portugal. Damals wechselte Teamchef Rudi Völler den 19-Jährigen in einem Test gegen Ungarn ein, wie übrigens auch einen gewissen Bastian Schweinsteiger . Auch 19, auch Debütant, auch eingewechselt. Der gemeinsame Weg der Lausbuben begann.

Ein zunächst untrennbares Duo, die Nachfolger von „Litti & Icke“, von Pierre Littbarski und Thomas Häßler. „Poldi & Schweini“ wurden die Gesichter einer neuen Generation, die Helden des Sommermärchens 2006. Scherze und Tore. Lustige Frisuren, dicke Millionenverträge. Eine Zwei-Mann-Boygroup, die von 2006 an drei Jahre gemeinsam in München beim FC Bayern spielte – in der Nationalelf bis heute, mit dem Höhepunkt WM-Titel 2014.

Die Erfolgskurven hatten sich zuvor getrennt. Schweinsteiger, Champions-League-Sieger und x-facher Meister, war Vize-Kapitän der Helden von Brasilien, Podolski nur Teilzeit-Joker. Er verlor seinen Stammplatz, ob bei Arsenal oder Inter, aber nie sein Lächeln. Schweinsteiger wollte irgendwann nicht mehr „Schweini“ sein, 2015 wechselte er zu Manchester United. Eine neue Herausforderung. Und eine neue Frau. Die Hochzeit mit Tennisspielerin Anna Ivanovic steht an. Podolski ist schon verheiratet, hat einen Sohn und eine Tochter.

Die Herren sind reifer geworden, graue Schläfen inklusive. Und haben in der Nationalelf dasselbe Schicksal: Einwechselspieler. „Mir geht es von Tag zu Tag besser“, sagte Schweinsteiger, der bisher in vier Spielen 44 Minuten (58 Ballkontakte, 5,44 km Laufstrecke) mitmachen durfte. Zufrieden sei er, obwohl sogar er selbst auf einen Startelf-Einsatz gegen die Slowakei spekuliert hatte (siehe rechts). „Wir haben den ersten Schritt in der K.o.-Phase gemacht“, sagte sein alter Kompagon Podolski aufgekratzt, „jetzt beginnt das Turnier so richtig.“ Für die beiden Altstars wohl eher nicht.