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Leitzins

Der neue Kurs der EZB ist alternativlos

Wirtschaft / Lesedauer: 2 min

Die Europäische Zentralbank erhöht die Zinsen deutlich. Ein Schritt, der für viele schmerzhaft aber notwendig ist.
Veröffentlicht:27.10.2022, 19:32

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Es war ein ganz schöner Paukenschlag, den die Europäische Zentralbank nun in ihrem schicken Turm in Frankfurt verkündet hat. 0,75 Prozentpunkte geht es nach oben mit dem Leitzins – und das gleich auf einen Schlag. Weitere Zinsschritte sollen folgen. Ungewöhnlich für eine Zentralbank, die in den vergangenen Jahren an der Zinsfront nicht nur zauderte, sondern aus voller Überzeugung eine nie dagewesene Nullzinspolitik praktizierte. Nun ist der Kurswechsel also da.

Die neue Zinspolitik kommt freilich zur Unzeit – unmittelbar vor einer Rezession – und sie wird viele ins Mark treffen. Die Börsen mögen so etwas gar nicht, Firmen werden sich nur deutlich teurer refinanzieren können und bei vielen jungen Familien platzen die Träume von den eigenen vier Wänden – eine Entwicklung, die Banker bereits seit vielen Wochen beobachten, Tag für Tag und hunderttausendfach.

Viele haben die schöne „Droge“ genossen

Am heftigsten dürften die steigenden Zinsen aber die Haushalte der hochverschuldeten EU-Staaten treffen. Diese haben durch die schöne „Droge“ Nullzins allzu lange essenzielle Reformen verschleppt und weiter kräftig Schulden gemacht. Gerade in der Corona-Krise wurden in vielen Staaten extreme Geldmengen unters Volk gebracht – zum Teil nachvollziehbar, zum Teil völlig übertrieben. Auch die Börsen, Häuslebauer und Firmen haben sich gerne an dem Niedrigzins-„Doping“ gelabt. Nun ist der schöne Rausch vorbei. Der neue Kurs der EZB wird unsere Volkswirtschaft massiv belasten, er wird Wachstum und Arbeitsplätze kosten und – noch schlimmer – er kann zur Zerreißprobe für den Euro und die gesamte EU werden.

Alternativlos ist er trotzdem. Nun gilt es, alles dem Kampf gegen die Rekordinflation unterzuordnen. Diese stellt ohne Übertreibung die größte wirtschaftliche Bedrohung der Nachkriegsgeschichte dar. Wenn es uns nicht gelingt, die dramatischen Raten wieder auf ein normales Maß zu stutzen, wird sich unser über Jahrzehnte hart erarbeiteter Wohlstand in Luft auflösen. Die EZB muss jetzt handeln – und ihr bleibt überhaupt keine Alternative zum kalten Entzug.