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IHK-Kritik an der Energiewende stößt auf Widerspruch

Kempten / Lesedauer: 3 min

Oberallgäuer Landrat: Süden muss auf Wind, Sonne und Wasser setzen – Industrie will Ausbau bremsen
Veröffentlicht:16.08.2013, 10:35

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„Es wird gerade versucht, die Energiewende sturmreif zu schießen“, kritisiert Arno Zengerle , Bürgermeister der Oberallgäuer Gemeinde Wildpoldsried – einem Vorzeigeort in Sachen erneuerbarer Energien. Das dürfe nicht sein. „Wir haben nicht zu viel regenerative Energien, sondern zu wenig“, sagt er und reagiert damit auf einige, teils recht drastische Aussagen, die die vier Allgäuer Regionalversammlungen der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwaben kürzlich getroffen haben.

Deren Vertreter setzen sich zwar für das Gelingen der Energiewende bis 2022 ein, befürchten aber, dass diese mit einer De-Industrialisierung der deutschen Volkswirtschaft erkauft wird. Der Ausbau erneuerbarer Energien soll deshalb gebremst werden, fordert die IHK. Die Energiewende gefährde die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe gegenüber ausländischen Konkurrenten. Die Firmen litten zum einen unter hohen Strompreisen, zum anderen unter der Umlage für das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) – rund 10000 Euro für kleinere Unternehmen, 800000 für große Betriebe. Wobei es auch Befreiungen gibt.

Zengerle sieht das anders: „Bundesweit werden nur 0,03 Prozent des Stromes abgegeben“ – und das nicht umsonst. „Im ersten Halbjahr 2013 wurde mehr Strom verkauft als die Jahre vorher.“ Zudem sei der Ausbau der erneuerbaren Energien das Konjunkturpaket für das Handwerk. Und wenn die Anlagen erst abgeschrieben seien, produzierten sie konkurrenzlos günstig Strom.

Das alles sei durch Zahlen belegbar. Aber die kenne die IHK offenbar ebenso wenig wie die Preise für Industriestrom. Zengerle beruft sich hier auf Zahlen des statistischen Amtes der EU, Eurostat. Nach diesen kostete der Strom für Industriebetriebe in Deutschland im vergangenen Jahr 0,09 Cent pro Kilowattstunde, 2005 waren es 0,078, also 15 Prozent weniger. Das sei europaweit ein Mittelwert.

„Wir liegen beim Ausbau der erneuerbaren Energien gut im Rennen“, pflichtet Zengerle der IHK bei. Er ist ebenfalls mit ihr der Meinung, dass das EEG reformiert gehört. Ein Zuviel an erneuerbaren Energien aber sieht er nicht. „Wir müssen dabei bleiben.“

Planungsverband hält sich raus

Für den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) ist es laut Werner Gloning, Regionsvorsitzender Allgäu-Donau-Iller, unabdingbar, dass Strompreise nicht zu massiven Wettbewerbsnachteilen für die Industrie führen. Deshalb sei „die scharfe Kritik der IHK an der stümperhaften Umsetzung der Energiewende durch Bundes- und Staatsregierung mehr als berechtigt“. Diese Politik sei für die Strompreisexplosionen verantwortlich, nicht das EEG. Bei diesem müssen aber die Ausnahmeregelungen, nach denen Firmen von der Umlage befreit werden, geändert werden, damit nicht nur einige die Zeche zahlen.

Eine Änderung des EEG fordert auch Gebhard Kaiser , Aufsichtsratsvorsitzender der Allgäu GmbH und Landrat im Oberallgäu. „Man muss zu einer gerechteren Lösung kommen.“ Derzeit sei der Strompreis für die Industrie sehr niedrig, aber die EEG-Abgaben hoch. Es gebe zu viele, die einen Antrag auf Befreiung von diesen stellen. Es funktioniere aber nur, wenn alle die Energiewende gemeinsam tragen. „Das ist manches übertrieben worden“, sagt Kaiser.

Grundsätzlich aber fordert er, dass die Energiewende mit Augenmaß weiter vorangetrieben wird. Wind, Wasser und Sonne seien es, an denen der Süden festhalten muss – schon im Interesse kommender Generationen. „Ein Windrad kann man nach 30, 35 Jahren wieder abbauen. Bei der Atomkraft ist die Frage der Endlager nicht geklärt.“

Ein Problem der regenerativen Energien sei allerdings, dass sie nicht immer verfügbar sind. „Deshalb müssen wir alles daran setzen, bei der Speicherung weiterzukommen“, sagt Kaiser.

Das Online-Dossier zum Thema:

schwäbische.de/energiewende