StartseiteRegionalBayernStrengere Regeln für Störfall in Gundremmingen

Störfall

Strengere Regeln für Störfall in Gundremmingen

Ulm / Lesedauer: 3 min

Evakuierungszone um das Kernkraftwerk soll auf 20 Kilometer erweitert werden
Veröffentlicht:14.04.2014, 18:25

Artikel teilen:

Die Betreiber des Kernkraftwerks Gundremmingen bereiten sich schon auf den Atomausstieg vor: Der erste Reaktor soll am 31. Dezember 2017 abgeschaltet werden. Ganz andere Sorgen haben indes die Zivil- und Katastrophenschutz-Behörden im Umkreis der beiden Atomreaktoren im Landkreis Günzburg . Sie müssen sich auf neue, verschärfte Vorgaben für den Fall eines atomaren Unglücks einstellen.

Nach den Vorschlägen der Strahlenschutz-Kommission müssen künftig bei einem Störfall deutlich mehr Menschen ihr Heim verlassen als bisher. Nach derzeitiger Rechtslage müssen die Bewohner nur aus der „Mittelzone“ evakuiert werden, die einen Zehn-Kilometer-Radius um die Reaktoren erfasst.

Deutlich mehr Betroffene

Nun könnte diese Zone auf 20 Kilometer erweitert werden, mit gravierenden Folgen: Statt wie bisher 43000 wären künftig 192000 Menschen betroffen, haben Atomkraftgegner ausgerechnet. Allerdings hängt die Zahl auch davon ab, welches Wetter nach einem Störfall herrscht. Evakuiert wird entgegen der Windrichtung. Im Kreis Heidenheim müssten im Ernstfall zum Beispiel Sontheim und Giengen, im Alb-Donau-Kreis die Gemeinden Asselfingen, Rammingen, Öllingen und Setzingen innerhalb von 24 Stunden komplett geräumt werden, ebenso wie die Stadt Langenau. Alleine hier müssten rund 17000 Bewohner bei einem gravierenden Störfall im Kernkraftwerk binnen 24 Stunden evakuiert und vor der radioaktiven Strahlung in Sicherheit gebracht werden. „Das wäre für uns schon eine logistische Herausforderung“, sagt Harald Bloching , Kreisbrandmeister des Alb-Donau-Kreises.

In Langenau verläuft die Trennungslinie zudem mitten durch die Stadt. Bloching geht davon aus, dass die gesamte Bevölkerung im Falle einer Katastrophe in Gundremmingen evakuiert werden muss: „Kein Bürger würde es verstehen, wenn er sein Haus verlassen muss, während sein Nachbar bleiben soll.“

Noch ist es aber nicht so weit. Die Vorschläge der Strahlenschutzkommission müssen erst noch von den Innenministern der Länder abgesegnet werden. Doch nach der Katastrophe im japanischen Fukushima spricht einiges dafür, dass die Sicherheitszonen um deutsche Kernkraftwerke tatsächlich ausgeweitet werden – so lange die Reaktoren noch in Betrieb sind.

Jodtabletten liegen bereit

Andere Städte und Gemeinden wie das außerhalb der 20-Kilometer-Zone liegende Ulm oder kleinere Städte wie Blaubeuren und Ehingen, müssten im Ernstfall Notquartiere wie Turnhallen und Schulen für die von einem Reaktorunfall betroffenen Menschen bereit stellen.

Immerhin: Jodtabletten, die bei radioaktiver Strahlung als Sofortmaßnahme verteilt werden, sind laut Bloching vor Ort deponiert. Ausreichend Jodtabletten müssen künftig auch die Kreise in der „Außenzone“ bereithalten. Sie hat einen Radius von 100 Kilometer um das Kraftwerk und würde damit auch den Ostalbkreis, die Stadt Ulm und den Kreis Biberach erfassen.

Das Kernkraftwerk Gundremmingen hat mit seinen beiden Blöcken B und C im vergangenen Jahr 20,7 Milliarden Kilowattstunden Strom ins Netz eingespeist. Das entspricht knapp einem Viertel des in Bayern erzeugten Stroms. Mit einer Leistung von zusammen 1688 Megawatt ist Gundremmingen inzwischen das größte Kernkraftwerk Deutschlands. Im Zuge des Atomausstiegs soll Block B am 31. Dezember 2017 abgeschaltet und Block C zum 31. Dezember 2021 vom Netz genommen werden.