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Stichwahl

Regens Landrat Adam: Evangelisch, schwul und in der SPD

Regen / Lesedauer: 3 min

Regens Landrat Adam: Evangelisch, schwul und in der SPD
Veröffentlicht:28.11.2011, 10:45

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Der neue Landrat von Regen im tiefsten Niederbayern ist ein Sozialdemokrat, 26 Jahre alt, evangelisch und offen schwul. Michael Adam hat mit seinem Sieg im katholisch und christsozial geprägten niederbayerischen Landkreis Regen eine Zeitenwende eingeläutet.

Der 26-Jährige bekam bei der Stichwahl am Sonntag 57,3 Prozent der Stimmen. „Es ist ein fantastisches Ergebnis“, sagte Adam. „Für mich persönlich ist es ein unglaublicher Moment.“ Er ist damit Bayerns jüngster Landrat – nach Einschätzung des Deutschen Landkreistages gibt es sogar bundesweit keinen jüngeren. Gegenkandidat Helmut Plenk ( CSU ) musste sich mit 42,7 Prozent geschlagen geben. Die Wahlbeteiligung lag bei 59,3 Prozent.

Die Wahl war nach dem Selbstmord des früheren Landrats Heinz Wölfl (CSU) notwendig geworden. Der hoch verschuldete Kommunalpolitiker war im August gegen einen Baum gefahren und starb. Es gibt zudem bislang unbestätigte Korruptionsvorwürfe gegen ihn. „Man kann letztlich nicht abschätzen, wie der Fall Wölfl hineingespielt hat“, sagte Adam. Die wichtigste Aufgabe sei jetzt erst einmal Aufklärung. Die Bevölkerung müsse schnell erfahren, was im Fall Wölfl wirklich vorgefallen sei. Das gute Wahlergebnis liege aber vor allem auch an dem guten Wahlkampf, den er und sein Team gemacht hätten. „Wir haben wenig Fehler gemacht.“

Das Ergebnis sei ein deutliches Signal an München und Deutschland, dass die Region nicht so konservativ, altbacken und intolerant sei, wie viele glaubten, betonte Adam. Für die SPD bedeute das Ergebnis, dass mit dem richtigen Kandidaten und Programm jede Wahl gewonnen werden könne. Auch der bayerische SPD-Vorsitzende Florian Pronold freute sich „wie ein Schneekönig“ über den Sieg. „Das ist ein wirklich tolles und überzeugendes Ergebnis“, sagte Pronold — und es beweise, dass die SPD in Hochburgen der CSU Wahlen gewinnen kann: „Der Erfolg ist ein Signal für den ganzen Freistaat und bestärkt die Hoffnung auf einen Machtwechsel in Bayern bei der Landtagswahl 2013.“

Adam wurde 2008 – gerade 23 Jahre alt – in Bodenmais überraschend der damals jüngste Bürgermeister Deutschlands. Seitdem ist er in Bayern den meisten Menschen ein Begriff – als junger, evangelischer, offen schwuler Sozialdemokrat im katholisch-ländlichen Freistaat.

Während der Auszählung gab es im Landratsamt immer wieder Jubelstürme. Zahlreiche Unterstützer Adams feierten ihren Favoriten - viele von ihnen in roten T-Shirts mit der Aufschrift „Wir können Landrat!“. Als Adam den Saal betrat, klatschten seine Fans euphorisch und schwenkten SPD-Fahnen. „Es ist ein Meilenstein für unsere Region“, sagte Wählerin Kerstin Biebl-Steenbock. Viele aus ihrem Bekanntenkreis hätten sonst immer CSU gewählt – aber diesmal sei es anders gewesen. „Es war eine Persönlichkeitswahl – das sollte es eigentlich immer sein in der Kommunalpolitik.“

Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU), selbst Niederbayer aus dem Landkreis Regen, reagierte gelassen auf den Sieg des Sozialdemokraten. „Obwohl die Tragödie Wölfl im Wahlkampf keine Rolle gespielt hat, denke ich, dass das in den Köpfen der Menschen nachgewirkt hat“, sagte der Minister.