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Schwabenschelte

Ein Offener Brief an Wolfgang Thierse

Leutkirch / Lesedauer: 4 min

Ein Offener Brief an Wolfgang Thierse
Veröffentlicht:04.01.2013, 09:00

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Diese Worte schreibt unser Redakteur Klaus Nachbaur an Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse - nach all der Schwabenschelte des SPD-Politikers natürlich in schönstem Schwäbisch.

Sia do vom Prenzlauer Buggel,

hond Sia eigendlich z' viel Simsakrebbsler im Grind g'het, wo Sia des G'schwätz iber d' Schwoba runterg'leiret hond? Hä? I will jo nix gsait hon, aber wer mit so ma verschdrubbelda Grind rumsauet wia Sia, der ka nadierlich mit d'r Kehrwoch' it viel am Huat hon. Sell isch vellig klar. Wa macht eigentlich Ihr Holde in dera Woch, wo se eigentlich Kehrwoch hedd? Zuagucka, wia d' Schwoba Ihren Prenzlauer Buggel butzet? Sauber, sag i do bloß.

Und etzet wellet Sia hinterhär nix g'sait hon. Oinaweg und wellaweg (kennet Sia ieberhaupt d'r Unterschied?) hoißt's bletzlich, d' Schwoba seiet humorlos. Und Sia hedded jo it bloß d' Schwoba g'moint, sondern alle Reig'schmeggde auf Ihrem Prenzlauer Buggel. Wiaso hond Sia sich noch ausg'rechnet uns rausg'suacht, hä?

Hälinga isch in Ihrem Oberschdieble ebbes verschaltet, sell isch vellig klar. Und etzet welled Sia bei uns zum guat Wetter macha au no Urlaub macha. Sauber, sag i do bloß. Glaubet Sia vielleicht, d'r Beck dät noch bloß wäga Ihne seine Wecka als Schribba verkaufa? Hä? Es langet scho, dass ma fier sottige Urlauber, wia Sia oiner sind, äkschdra dr Dialekt wechsla muass, damit Sia ieberhaupt äbbes verschdandet.

Wahrscheinlich kenned Sia it amol unsern Dichter Manfred Hepperle. Der hot fier sottige Urlauber wia Sia sogar d' Schbeiskart' iebersetzt. Wenn Sia beischbielsweis' en Ochsamaulsalat welled, no kennet Se oifach ein Rindermundgeschnetzeltes b'schdella. Aber wenn Sia von mir au no wissa wellet, was a Herrgottsbscheißerle oder a Nonnafürzle oder a Buabaschbitzle isch, no sind Sia schieaf g'wicklet. So weit goht s Entgegakomma it. Lernet Sia g'fälligschd a bissle aschdändigs Deidsch, bevor Sia zum Faulenza zu uns kommet. Und d' Kehrwoch losset mir äkschdra dreimol ausfalla, bevor Sia eifallet, damit Sia sich wia dohoim fieahlet.

So, und nomol ebbes: Sia sind jo so a Hochleischdungskaddolik vom Zentralkommiddee. Aber kaddolisch isch des au it, was Sia do runterg'leiret hond. Heggschdens evangelisch. Ganget Sia mol schee zum Beichda. No schwätzet mir uns wieder.

Pfia Gott

Klaus Nachbaur

Hier die Übersetzung für Nicht-Schwaben.

Werter Herr vom Prenzlauer Berg,

hatten Sie möglicherweise suboptimal ausgebauten Wein genossen, als Sie sich zu den Schwaben geäußert haben? Nichts für ungut, aber wer die Haar- und Barttracht zu tragen pflegt wie Sie, der kann selbstverständlich mit einer Kehrwoche nichts am Hut haben. Was macht eigentlich Ihre verehrte Ehefrau in der Woche, in der sie zur Kehrwoche eingeteilt wäre? Schaut sie vielleicht den Schwaben dabei zu, wie sie den Prenzlauer Berg reinigen?

Jetzt wollen Sie das alles gar nicht so gemeint haben. Dennoch kommen Sie zum Befund, die Schwaben seien humorlos. Und angeblich haben Sie die Schwaben nur als Synonym für alle Zugezogenen genannt. Weshalb ausgerechnet die Schwaben? Es muss da im Freud’schen Sinne etwas in Ihren Hirnwindungen passiert sein.

Um sich mit den Schwaben zu versöhnen, wollen Sie nun bei uns Urlaub machen. Meinen Sie im Ernst, der schwäbische Bäckermeister würde Ihnen seine Wecken als Schrippen verkaufen? Es dürfte doch genügen, wenn er von seinem angestammten Deutsch in Ihren speziellen Dialekt verfallen muss, damit Sie ihn überhaupt verstehen.

Mutmaßlich ist Ihnen unser Dichter Manfred Hepperle ein Unbekannter. Der hat für Urlauber Ihres Schlages sogar die schwäbische Speisekarte übersetzt. Wenn es Sie etwa nach einem Ochsenmaulsalat gelüstet, dann ordern Sie einfach Rindermundgeschnetzeltes. Falls es Sie auch interessiert, was sich hinter einem Betrüger des lieben Gottes, dem Windlein einer Klosterfrau oder dem Instrument eines kleinen Jungen verbirgt, dann muss ich Sie enttäuschen. Es wäre zu viel des Entgegenkommens. Sie sollten sich ein wenig mit der Sprache der Schwaben beschäftigen, bevor Sie uns zum Zwecke der Erholung beehren. Damit Sie sich aber ganz wie zu Hause fühlen können, lassen wir vor Ihrer Ankunft die Kehrwoche dreimal ausfallen.

Eine letzte Anmerkung: Sie sind ja Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken. Ihren Äußerungen zu den Schwaben gebricht es leider ein wenig am katholischen Geist. Wir empfehlen Ihnen den Gang zu Ihrem Beichtvater. Dann können wir uns gern weiter unterhalten.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Klaus Nachbaur