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Südflügel

Bahn-Behörde kassiert S21-Baustopp

Stuttgart / Lesedauer: 3 min

Bahn-Behörde kassiert S21-Baustopp
Veröffentlicht:29.10.2011, 14:45

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Wende am Südflügel: Die oberste Aufsichtsbehörde der Bahn erlaubt dem Konzern, gerichtlich gestoppte Bauarbeiten am Stuttgarter Hauptbahnhof fortzuführen. S21-Gegner wittern eine „ganz üble Taktik“.

Das Eisenbahn-Bundesamt hat den Baustopp für den umstrittenen Tiefbahnhof Stuttgart 21 trotz einer gegenteiligen Gerichtsentscheidung für hinfällig erklärt. Damit darf die Deutsche Bahn ungeachtet der anderslautenden Vorgabe des Mannheimer Verwaltungsgerichtshofs (VGH) den Bau der Grundwasserleitungen am Südflügel des Hauptbahnhofs fortsetzen.

Der bundeseigene Konzern bestätigte der Nachrichtenagentur dpa am Samstag einen entsprechenden Bericht der „Stuttgarter Nachrichten“. Gegner des Projekts warfen der Bahn eine „ganz üble Taktik“ vor und sprechen von einem „unsäglichen“ Vorgehen.

Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) als oberste Bahn-Aufsichtsbehörde habe die Entscheidung des VGH aufgehoben, heißt es in einem Schreiben des Konzerns. Wolfgang Dietrich, der Sprecher des Bahnprojektes, sagte: „Nach Abstimmung mit den beteiligten Firmen wird die Bahn in der kommenden Woche darüber informieren, wann die Arbeiten wieder aufgenommen werden.“

Der VGH hatte die Bauarbeiten am sogenannten Grundwassermanagement Anfang Oktober mit einem Eilbeschluss gestoppt. Das System aus Rohren ist unerlässlich für das spätere Ausheben der Baugrube für den geplanten unterirdischen Durchgangsbahnhof. Das Gericht hatte seine Entscheidung als „unanfechtbar“ ausgewiesen (Az.: 5 S 2101/11).

Hintergrund der juristischen Auseinandersetzung sind frühere Änderungen in den Bauplänen der Bahn, für die eigentlich die anerkannten Umweltschutzverbände hätten gehört werden müssen. Da das damals aber nicht erfolgt war, klagte die Organisation BUND – ein S21-Gegner – und bekam am 6. Oktober vom VGH vorläufig Recht.

Das Gericht räumte der Bahn eine Frist bis Ende Oktober zur Stellungnahme ein und kündigte an, danach mündlich zu verhandeln. Zur Streitsache selber ist ein Termin für den 15. Dezember anberaumt. Der Eilbeschluss ist keine Vorentscheidung. Die Klage des BUND habe aber aufschiebende Wirkung, entschied der VGH.

Die Bahn wiederum stellte beim EBA einen Antrag, um mit dem Segen der Bundesbehörde doch weiterbauen zu dürfen. Dieser Bitte wurde nun stattgegeben. Der BUND wittert dahinter Taktik. Das EBA habe bewusst am Freitag entschieden, weil den Umweltschützern so eine schnelle Reaktion verwehrt bleibe, sagte BUND-Landeschefin Brigitte Dahlbender am Samstag der dpa. „Wir bereiten natürlich einen Eilantrag vor – auf Wiederherstellung des Baustopps.“ Sie nannte das Vorgehen der Bahn „unsäglich“.

Ob sich der VGH schon am Montag mit dem Eilantrag beschäftigt, ist unklar. Der Dienstag ist in Baden-Württemberg ein Feiertag, der Montag also ein Brückentag. Die Bahn wolle einfach Fakten schaffen und habe den Termin der Bekanntgabe ganz gezielt gewählt, um Zeit zu gewinnen, mutmaßen die S21-Gegner.

Weder das Gericht noch das Bundesamt waren am Samstag für eine Stellungnahme zu erreichen. Die Bahn sprach von „den üblichen Mitteln des Verwaltungsrechtes“, von denen das Unternehmen Gebrauch mache. Weder der Antrag beim EBA noch die Klage des BUND seien ungewöhnlich für Konflikte um Großprojekte, gegen die sich Protest regt.

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