StartseiteRegionalRegion TuttlingenTrossingen„Ich liebe die christliche Tradition“

Suppensonntag

„Ich liebe die christliche Tradition“

Trossingen / Lesedauer: 3 min

Pater Stephen spricht beim „Suppensonntag“ unter anderem über Christenverfolgung
Veröffentlicht:16.11.2012, 17:55

Artikel teilen:

Wenn der CDU-Stadtverband morgen wieder zu seinem „Suppensonntag“ einlädt zugunsten der Hilfsorganisation „Ärzte für die Dritte Welt“, dann wird nicht nur Dr. Joachim Gollnau über seine Arbeit für die Organisation berichten. Ein weiterer Referent wird Pater Stephen Michael CMF, Superior der Claretiner auf dem Dreifaltigkeitsberg, sein. Im Gespräch mit der Trossinger Zeitung erläutert der aus Indien stammende deutsche Ordensgeistliche auch, was seiner Ansicht nach Hintergründe der Verfolgung von Christen sind.

SZ : Pater Stephen, was wird das Thema Ihres Vortrags sein?

Pater Stephen Michael: Um 14.30 Uhr halte ich einen Vortrag über das Christentum im Indien. In einer PowerPoint-Präsentation stelle ich den Ursprung des Christentums in Indien, die Ausbreitung, die Missionsarbeit und die Verfolgung der Christen in Indien dar. Das sind im Wesentlichen acht Gründe für die Verfolgung, die ich darstellen werde.

SZ: Was ist denn der Hauptgrund für die Christenverfolgung in Indien?

Pater Stephen Michael: Weil die Christen anders sind als die Anderen. Mit ihren sozialen Werten, ihrer Religion und ihrer Theologie unterscheiden sie sich von ihrer Umgebung, mit Werten wie Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit. Das ist eigentlich der Hauptgrund für die Christenverfolgung. Die anderen Gründe werde ich bei meinem Vortrag am Sonntag darstellen.

SZ: Stimmt es eigentlich, dass das Christentum in Indien vom Apostel Thomas begründet worden ist oder ist das eine Legende?

Pater Stephen: Für uns ist das keine Legende; es wird aber so dargestellt, weil es keine Dokumente gibt, die das belegen. Als der Apostel Thomas nach Indien kam, hat er dort aber bereits eine jüdische Siedlung vorgefunden. Das Christentum in Indien dürfte damit älter sein als in Europa. Sein Grab sieht man heute in der Stadt Madras, heute heißt sie Chennai, im Bundesstaat Tamil Nadu. Madras kommt wohl von „Madre de Deus“ – portugiesisch für „Mutter Gottes“. Ich komme selbst aus dem Bundesstaat Tamil Nadu in Südindien, wo der heilige Thomas als Märtyrer starb.

SZ: Wie hat Sie Ihr Weg dann von Indien nach Spaichingen auf den Dreifaltigkeitsberg geführt?

Pater Stephen: Wir sind eine Ordenskongregation, die vom heiligen Antonius Maria Claret gegründet wurde, einem Spanier, der von 1807 bis 1870 lebte und als Missionar in Spanien, auf Kuba und den Karibischen Inseln wirkte. Auf dem Dreifaltigkeitsberg wurde die erste deutsche Niederlassung des Claretiner-Ordens gegründet. Und von Deutschland aus haben die Claretiner auch in Indien missioniert. Mein eigener Novizenmeister war ein deutscher Claretiner in Indien. Die Deutsche Provinz war die Mutterprovinz der Claretiner in Indien. Und diese Beziehung war noch vorhanden, und als hier in Deutschland die Mitbrüder fehlten und Priestermangel herrschte, sind wir eingeladen worden, hierher zu kommen. Ich bin schon seit 15 Jahren in Deutschland, zunächst in verschiedenen Claretiner-Wirkstätten in Weißenhorn, Augsburg und Lüdenscheid – und seit Oktober 2011 bin ich Pater Superior auf dem Dreifaltigkeitsberg.

SZ: Sie haben inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. Wann und warum haben Sie sich zu diesem Schritt entschlossen?

Pater Stephen: Weil ich das Volk, das Land, alles was zu dem Lande hier gehört, angenommen habe und ich die christliche Tradition hier liebe und achte, habe ich mich entschieden, mich in das Land einbürgern zu lassen. Hier habe ich meine zweite Heimat gefunden. Darin finde ich mich solidarisch mit dem Volk, mit allem, was unser Land prägt und ausfüllt.