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Todesfall

Aldingen schockiert über Tod des kleinen Mädchens

Aldingen / Lesedauer: 3 min

Nachbarn haben nichts mitbekommen – Schwierige Familienverhältnisse
Veröffentlicht:29.05.2012, 12:20

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Langsam, ganz langsam, spricht sich am Pfingstmontag die unfassbare Nachricht in Aldingen herum: Wenige Tage vor seinem zweiten Geburtstag ist ein Mädchen unter zunächst ungeklärten Umständen ums Leben gekommen. Die 24 Jahre alte Mutter sitzt wegen Verdachts auf Totschlag durch Unterlassen in Untersuchungshaft, wie Polizei und Staatsanwaltschaft am Montag mitteilen. Unterlassen: Das heißt im Klartext, dass das Mädchen zu wenig zu essen und trinken bekommen hat. Es ist demnach verhungert und verdurstet. Doch kann sich die Polizei zur genauen Todesursache noch nicht äußern, wie ihr Sprecher Matthias Preiss betont.

Bürgermeister Reinhard Lindner ist schockiert: „Mir fehlen die Worte“, sagt er, „wie kann so etwas bei uns passieren?“ Schulsozialarbeiter seien im Einsatz, die Familie sei bisher nicht auffällig geworden. Lindner ist anzumerken, dass ihn die Nachricht hart trifft. Seit 34 Jahren ist er Schultes in Aldingen: „Aber so etwas habe ich noch nicht erlebt.“

Nachbarn schockiert

Schockiert sind auch die unmittelbaren Nachbarn. „Wir bekamen mitten in der Nacht Anrufe von der Polizei, ob uns etwas aufgefallen sei“, erzählt Marcus Kiekbusch, der Tür an Tür zu der vierköpfigen Familie in einem Mehrfamilienhaus an der Hinteren Dorfstraße wohnt.

Weder Kiekbusch noch andere Nachbarn hatten bemerkt, dass die Mutter am Samstagabend die Wohnung verlassen hatte. „Kein Babysitter, keine Verwandten – niemand passte auf die Kinder auf“, sagt Polizeisprecher Preiss . Demnach waren das kleine Mädchen sowie zwei weitere Kinder im Alter von knapp drei und neun Jahren die gesamte Nacht und den Morgen allein in der verwahrlosten Wohnung.

Erst im Laufe des Sonntags kam die 24-Jährige heim, entdeckte den leblosen Körper ihrer kleinen Tochter. Der Notarzt stellte den Tod fest, die Mutter kam ins Krankenhaus, die Kinder in eine Pflegefamilie. Gestern stellte der Haftrichter den Haftbefehl aus: „Totschlag durch Unterlassung“.

Regelmäßiger Kontakt zu den Kindern

Dass die Familienverhältnisse nicht einfach sind, war dem Kreisjugendamt bekannt. Die Mutter wuchs nach Angaben von Landrat Stefan Bär selbst in einer Pflegefamilie auf und bekam mit 15 ihr erstes Kind, den heute neunjährigen Jungen. Mit ihrem Lebensgefährten hat sie zwei weitere Kinder: das verstorbene Mädchen und einen knapp dreijährigen Jungen. Bär berichtet: „Die Familie wohnte zunächst in Trossingen, nach der Trennung der Eltern in Spaichingen und nach der vorübergehenden Rückkehr des Vaters dann ab dem 1. Juni 2011 in Aldingen.“ Der Pflegevater der Mutter und die Großeltern väterlicherseits hätten regelmäßigen Kontakt zu den Kindern gehabt. Bär zeigt sich schockiert: „Wie es zu diesem schrecklichen und für uns unbegreiflichen Todesfall kommen konnte, ist uns nicht bekannt.“

Das Kreisjugendamt begleitet die Familie seit Juni 2010. Mit Zustimmung der Familie wurde eine Familienberatung vereinbart. Bär berichtet: „Es fanden seither mehrere angemeldete, aber auch unangemeldete Besuche statt, zuletzt am 21. März 2012. In keinem einzigen Fall hat es auch nur Anzeichen für eine Kindeswohlgefährdung gegeben.“

Bei dem Besuch im März habe das Mädchen einen guten und aufgeweckten Eindruck gemacht. Die bisher letzten Kontakte des Jugendamtes zu der Familie seien nötig gewesen, da das älteste Kind öfter in der Schule unentschuldigt gefehlt habe.

Bär abschließend: „Zwei unsererseits daraufhin im Mai vereinbarte Gespräche mit der Familie wurden nicht eingehalten oder von der Mutter wegen Krankheit abgesagt.“

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