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Stadtrundgang

Tour: Wolfgang Weiß ködert die Neubürger

Aalen / Lesedauer: 3 min

Wirtschaftsbeauftragter wirft Fangnetze in Form von Stadtführungen aus – „Aalen von der schönsten Seite“
Veröffentlicht:10.08.2011, 20:05

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Die Neuen trauen sich was! Es regnet wie aus Kübeln, dennoch kommen sie zum Stadtrundgang. Gott sei Dank blitzt wieder die Sonne hervor, gen Osten spannt sich ein bunter Regenbogen über den Himmel. „Aalen zeigt sich von seiner schönsten Seite“, kommentiert eine aus der Gruppe das Naturschauspiel. Wolfgang Weiß, Wirtschaftsbeauftragter der Stadt, freut sich angesichts solcher Begeisterung. Aalen sei sympathisch und überdies die sicherste Stadt Baden-Württembergs.

Vor dem Rathaus haben sich die Neubürger auf Einladung von Wolfgang Weiß eingefunden. Er will sie begrüßen, ihnen die Stadt von ihrer schönsten Seite zeigen. Die Meisten sind Zugezogene oder Zuziehende, die bei einem der zahlreichen Betriebe im Umland eine Beschäftigung gefunden habe. Sie an die Stadt binden, ist Weiß´ Losung. Eine verständliche, haben doch die Unternehmen der Region allergrößte Mühe qualifizierte Fachkräfte zu finden. „Da können die weichen Standortfaktoren entscheidend sein“, ist sich der Wirtschaftsbeauftragte sicher.

Fangnetze wirft er aus. Stadtführungen gehören dazu. Auch Wohngebiete vorstellen, Angebote für Familien offerieren, die Infrastruktur in Sachen Kultur und Schule erläutern, über Sicherheit und Sauberkeit reden, sind Teil des Repertoires. Mit positiven Pfunden zu wuchern komme gut an, betont Weiß. An diesem Abend ist Werner Schorr der Stadtführer. Ein ganz spezieller allerdings. „Willkomme en Oala“, begrüßt er mit unverkennbarem Idiom, ums Städtle umgehend in schwäbisch Sibirien zu verorten. Nach der geografischen die architektonische Standortbestimmung: Das aktuelle Rathaus ist für ihn das hässlichste von den drei Aalenern und er verrät: „Des hot dr Dr. Schübel verbrochen.“ So viel Offenheit kommt prächtig an, auch die Tatsache, dass Aalen mehrheitlich von Frauen bewohnt werde. Für einen echten Schwaben kein Problem: „Damit werad mir aber locker ferdig.“ Wie übrigens auch mit moderner Kunst, die sich über dem Gmünder Torplatz als Glasfächer offenbart. „Das ischd Kunschd!“, meint Schorr und urteilt: „So was an den Mann zu bringen, das ischd die Kunschd.“

Damit hat er die Lacher auf seiner Seite und steigt sogleich in die Geschichte der Stadt hinab. Zunächst zu jenen Altvorderen, die 1575 zu den „Wieaschdglaibigen“ wechselten, dann zu jenen, die den Stadtbrand und später Napoleon er- und überlebten. Und schließlich zu solch wackeren Gesellen wie dem Brezga-Blase und Hirsche Bruno. Wobei Schorr die grausigen Moritaten des Stadtschreibers und Räuberhauptmanns Hans Halm in den 1520er Jahren nicht unter den Teppich kehrt. Geschichte und Geschichtchen verbinden sich zu einem vergnüglichen Konglomerat aus historischer Wahrheit und süffisanten Anekdoten. So kommt er bei der Bierhalle zwangsläufig auf Schubart, den Herzog und den Hohenasperg zu sprechen. Aber auch auf des Dichters Zwiespältigkeit. Schubart habe zwar von der Würde des Menschen gesprochen, aber die eigene Frau verprügelt.

Obwohl Nieselregen einsetzt, will niemand die Stadtführung beenden. Doch alles hat ein Ende. Auch die Stadtführung. „Jetzt muss i aufhöre“, sagt Schorr knapp und hofft, dass ihn alles verstanden habt. Und mit „I selber sprech jo vier Sprocha: Deitsch, schwäbisch, dursch d´Nos un iwa d´Leid“ entlässt er seine Zuhörer zum gemeinsamen Umtrunk in die gegenüberliegende Kneipe.