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Tornado

Der Tag nach dem Tornado in Abtsgmünd

Abtsgmünd-Hammerschmiede / Lesedauer: 4 min

Am Hammerschmiedesee hat nach dem verheerenden Tornado das Aufräumen begonnen
Veröffentlicht:21.08.2013, 15:40

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Das Geräusch von Motorsägen hat am Dienstag die Szenerie am Hammerschmiedesee beherrscht. Einen Tag nach dem verheerenden Tornado haben hier die Aufräumarbeiten begonnen.

Wobei jener Ort, der besonders hart getroffen wurde – der auf einer Anhöhe gelegene Zeltplatz – bereits am Dienstagvormittag kaum noch Spuren des Unwetters zeigte. Lediglich ein paar umgerissene Bäume und einige zusammengestellte Müllsäcke zeugten noch von den dramatischen Ereignissen des Vortags: Am Montag war hier eine rund 100-köpfige Zeltlagerlagergruppe der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde Böbingen /Rems vollkommen unvorbereitet beim Mittagessen von einem Wirbelsturm überrascht worden. Die Zelte der Gruppe wurden von dem Sturm teilweise zerfetzt, ein tonnenschweres Wohnmobil wurde umgeweht. Am Ende zählten die Rettungskräfte 27 Verletzte, fünf davon schwer (wir berichteten). Noch am Montagabend machten sich Eltern und Helfer daran, die Verwüstungen auf dem Zeltplatz zu beseitigen. Am Dienstagvormittag war das Meiste erledigt. Auch der erste Schock ist offenbar ausgestanden. Wie ein Vater auf Nachfrage unserer Zeitung erzählt, werde derzeit sogar überlegt, das Zeltlager eventuell fortzusetzen.

Der Wohnwagen wurde zum Trümmerhaufen

Doch nicht nur auf dem Zeltplatz wurde am Dienstag gearbeitet. Auch der im Tal gelegene Campingplatz wurde von dem Sturm getroffen. Hier erwischte es zwar nur einige wenige Fahrzeuge, die dafür aber schwer. So den Campingwagen von Hermann Seise aus Böblingen. Seit über 30 Jahren verbringt er seine Ferien am Hammerschmiedesee. Am Dienstag stand der Mann völlig konsterniert vor seinem zerstörten, kleinen Urlaubsparadies. „Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll, mit dem Aufräumen“, sagt der Böblinger und stochert dabei mit den Händen in dem riesigen Trümmerhaufen herum, der früher mal Wohnwagen war.

Auch bei Seises Campingplatznachbarn, im Prinzip nur einen Platz weiter, wird aufgeräumt: Ein Ehepaar flickt gerade ein Wohnwagendach. Hier reicht schon ein einfacher Klebestift, um den gröbsten Schaden zu beheben. „Wir haben wirklich großes Glück gehabt“, sagt die Frau einigermaßen erleichtert und mit Blick auf den schwer getroffenen Nachbarn.

Dass nicht nur die Jugendgruppe, sondern auch die gestandenen Camper von dem Wetterereignis nachhaltig beeindruckt worden sind, zeigt sich bei weiteren Gesprächen. Eine Camperin schildert aufgeregt, wie ihr festverankertes Zeltdach aus Holz „einfach so“ abgerissen wurde und dann davonflog. Sie selbst habe sich daraufhin in ihrem Campingwagen verbarrikadiert, wobei das Fahrzeug vom Wind hoch und runter gewirbelt worden sei. „Ich dachte wirklich, mein letztes Stündlein hat geschlagen. Es war so unglaublich laut.“

„Vieles deutet auf Tornado hin“

Björn Stumpf , ein Tornado-Forscher, der extra aus Fulda angereist ist, um sich ein eigenes Bild von den Zerstörungen zu machen, zeigte sich am Dienstag überzeugt: „So wie der Sturm geschildert wird und wie sich die Schäden hier darstellen, deutet tatsächlich vieles auf einen Tornado hin.“ Den Begriff Windhose lehnt Stumpf in diesem Kontext übrigens kategorisch ab, das sei aus seiner Sicht für derartige Wetterphänomene, bei denen regelmäßig Menschen zu Tode kommen, „zu verniedlichend“.

Während die einen noch forschen und Schäden katalogisieren, greifen andere derweil beherzt zur Motorsäge. So wie Bernd Schneider, dessen Familie am Dienstag damit beschäftigt war, umgeknickte Bäume am Straßenrand beiseite zu schaffen. Auch die Familie von Campingplatzbetreiber Joachim Hug packte an. Unter anderem wurden die teilweise abgedeckten Hausdächer wieder geflickt. „In einer Woche werden Sie hier nichts mehr sehen“, sagte Hug, der gestern immer wieder für verschiedene Fernseh- und Radiostationen als Interviewpartner herhalten musste.

Lob für die Einsatzkräfte

Derweil zieht man bei der Polizei eine positive Bilanz des Großeinsatzes am Montag, an dem zahlreiche Organisationen beteiligt waren. So waren die Feuerwehren Abtsgmünd und Pommertsweiler mit 35 Einsatzkräften am Start, vor allem um Wege frei zu räumen. Die Rettungsdienste waren mit insgesamt 83 Mann vor Ort. Sie kamen aus Aalen, Bopfingen und Eschach. Selbst eine Besatzung des Werkrettungsdienstes der Firma Zeiss steuerte am Montag die Hammerschmiede an, um zu helfen. Weitere Unterstützung kam von der Sondereinsatzgruppe des Malteser Hilfsdienstes und den Schnelleinsatzgruppen aus Aalen, Ellwangen und Lauchheim. Die Polizei war mit 34 Beamten in den Einsatz eingebunden. Unter anderem galt es, die Angehörigen der verletzten Kinder ausfindig zu machen.

Selbst das Technische Hilfswerk musste am Abend noch anrücken, um in der Hammerschmiede die Notstromversorgung eines landwirtschaftlichen Betriebs mit 120 Kühen sicherzustellen. Der Melkstand brauchte dringend Strom, das THW konnte helfen.

„Die Einsatzkräfte vor Ort haben einen großartigen Job gemacht“, konstatierte dann auch Polizeisprecher Bernhard Kohn, der in dieses Lob auch die Gemeinde Abtsgmünd und deren Bauhofmitarbeiter einschließt. „Bei der Gemeinde wurde sehr schnell und unbürokratisch reagiert. Genauso muss das in solchen Ausnahmesituationen laufen.“