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Rutenfest

Kleine Revolution beim Rutenfest kommt gut an

Ravensburg / Lesedauer: 5 min

Oberstköniginnen und Oberstfähnriche zeichnen sich jetzt durch soziales Engagement aus Alle Schulen haben Vorschlagsrecht
Veröffentlicht:16.08.2013, 10:35

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Die Gruppe der Oberstköniginnen und Oberstfähnriche ist eine der ältesten im Rutenfestzug. Gekleidet in blaue Landsknechtuniformen und rüschige lange Biedermeierkleider sind die besten der Ravensburger Schüler seit Jahrzehnten fester Bestandteil des historischen Defilees vielmehr sie waren es. Denn 2013 gab es eine kleine Revolution: Der Ehrentitel wird nicht mehr, wie zuletzt, nur den Hauptschülern mit den besten Abgangszeugnissen verliehen. Nein, jede Ravensburger Schule entsendet jetzt einen von ihr ausgewählten Schüler, Mädchen oder Junge, die oder der sich mit besonderem sozialem Engagement ausgezeichnet hat. Beim jüngsten Rutenfest war der Probelauf. Die Schwäbische Zeitung fragte nach, wie er gelungen ist.

Das Fazit lautet: Die Änderung hat sich, alles in allem bewährt. Bedauert wird aber von einigen Beobachtern, so vom Ravensburger CDU-Fraktionschef August Schuler, dass die Oberstköniginnen und Oberstfähnriche nicht mehr als solche im Festzug zu erkennen sind. Statt ihrer traditionellen Gewänder tragen die Ausgezeichneten nur einheitlich ein weißes T-Shirt und möglichst dunkle Hose beziehungsweise Röcke. Da gebe es bestimmt noch Nachbesserungsbedarf.

Die Reform der Schullandschaft hat die gravierende Änderung des seit 1720 belegten Brauchs nötig gemacht: Künftig, nach Einführung der Gemeinschaftsschule, blieben kaum noch Haupt- oder Werkrealschüler für die Ehrung der leistungsstärksten Absolventen übrig. Anders als vor Jahrzehnten, als die überwiegende Mehrzahl eines Schülerjahrgangs die Volksschule besucht hat, hat sich der Brauch in dieser Form überlebt. Also hat sich vor allem der Schülerrat, als demokratische Vertretung aller Ravensburger Schulen das Bindeglied zu Stadt und Gemeinderat, intensiv mit dem Thema befasst. Nach seinem Willen sollte jede Schule bestimmen, wer geehrt wird und die letzte Entscheidung bei der Schulkonferenz liegen. Nicht die besten Noten, sondern gesellschaftlich-soziales Engagement sollten dabei zählen.

Der Ravensburger Kultur- und Verwaltungsausschuss stimmte Ende April der Änderung zu (die SZ berichtete „Geehrt wird, wer sich sozial engagiert“). Doch für die Umsetzung bis zum Rutenfest im Juli blieb nur wenig Zeit. Trotzdem haben 15 der 16 Ravensburger Schulen, von den Förderschulen bis zu den Gymnasien, rechtzeitig ihre Vorschläge unterbreitet. Und so konnten bei der traditionellen Vorführung der Schulen am Rutensonntag in der Oberschwabenhalle elf junge Frauen und vier Jungs von Oberbürgermeister Daniel Rapp als Oberstköniginnen und Oberstfähnriche ausgezeichnet werden.

Für Dieter Graf und Armin Rogg von der Rutenfestkommission war es eine sehr gelungene Veranstaltung. „Wirklich toll“ findet Rogg die Änderung: „Die jungen Leute haben sich sehr gefreut. Und es gab keinerlei Berührungsängste zwischen den Absolventen der verschiedenen Schularten.“ Fazit: Man will den alten Brauch in dieser geänderten Form fortführen. Es bleibt beim Ehrentitel „Oberstköniginnen und Oberstfähnriche“, die allerdings nicht mehr in den historischen Gewändern auftreten. Dafür hat die Rutenfestkommission Verständnis. Als Einzelfigur seien die Kostüme ja noch im Festzug vorhanden, so Rogg. Und fürs Rutenfest 2014 könne man ja noch in aller Ruhe an den Details feilen.

Das ist nach Ansicht von CDU-Chef August Schuler auf jeden Fall nötig, was das Erscheinungsbild anbelangt. Die Präsentation in Hose und T-Shirt findet er „ein bisschen zu burschikos“, den Auftritt der Gruppe im Festzug auf jeden Fall verbesserungswürdig. Die Grundidee gefällt Schuler jedoch: „Schön, dass soziale Kompetenz ausgezeichnet wird und dass alle Schulen dabei sind.“ Das findet auch Ingrid Brobeil-Wolber (Grüne). Allerdings ist die Auswahl durch die Schulen ihrer Ansicht nach eine „schwierige Geschichte“. Ihr wäre es lieber gewesen, man hätte die Reform nicht so „zack zack“ übers Knie gebrochen, sondern noch ein Jahr damit gewartet.

Oberstköniginnen waren 2013:

Michelle Kirschner von der Schule St. Christina, die sich seit mehreren Jahren als engagierte Klassen- und Schulsprecherin hervorgetan hat. Zuverlässig und immer freundlich übernahm sie freiwillig den Thekendienst im Schülertreff und repräsentierte die Schule bei Auftritten in der Öffentlichkeit.

Meike Reich von der Martinusschule, die nach der Projektwoche zum Thema "Afrika" eine Spendenaktion initiierte und die Spendensumme an den Förderkreis „Chancen durch Lernen in Uganda“ übergab.

Rosanna Cirillo von der Werkrealschule Kuppelnau, die sich stark für Mitschülerinnen und Mitschüler eingesetzt hat. Im Schuljahr 2011/2012 übernahm sie als Schulsprecherin Verantwortung.

Bianca Jungitsch von der Werkrealschule St. Konrad, die in der 10. Klasse als Klassensprecherin und in der SMV tätig war, sich bei verschiedenen Anlässen und als Mediatorin bei Konflikt- und Streitfällen zwischen Schülern engagierte.

Sabine Horn von der Realschule Ravensburg, die als Schulsänitäterin, Streitschlichterin und Chorsängerin in ihrer Schule Einsatz zeigte und sich außerdem bei den Johannitern und im Evangelischen Jugendwerk sozial engagiert.

Laura Winter von der Realschule St. Konrad, die an ihrer Schule freiwillige Nachhilfe organisierte, sich als Streitschlichterin und Schulsprecherin sowie als Mitglied im Vorstand des Schülerrats einsetzte.

Alina Metzler von der Theresia-Gerhardinger-Realschule war Mitglied bei den Schulsanitätern, kümmerte sich stets um ihre Mitschülerinnen und ist auch noch außerhalb der Schule als Oberministrantin der Gemeinde Christkönig und als Gruppenleiterin der Kirchengemeinde tätig.

Christine Nover von der Waldorfdorfschule war als Schülersprecherin aktiv, engagierte sich bei Veranstaltungen und sammelte Spenden zugunsten der Tsunami-Opfer in Haiti.

Carmen Sauter vom Spohn-Gymnasium leitete seit 2009 den Schulsanitätsdienst, war Jahrgangssprecherin und Mentorin für die Unterstufenklassen sowie des Fachbereiches Sport.

Anna-Maria Steinhauser vom Sozialwissenschaftlichen Gymnasium des Kolping-Bildungszentrums setzte sich als Schülersprecherin ein und organisierte Veranstaltungen.

Charlotte Erasmus von der Humpisschule war als Klassen- und Schulsprecherin sowie im Vorstand des Schülerrats Ravensburg engagiert.

Oberstfähnriche waren 2013:

Frieder Dieterle vom Albert-Einstein-Gymnasium, der sich als Schülersprecher, Mitglied der Schulkonferenz, im Schülerrat und bei weiteren Aktivitäten engagiert hat.

Tobias Beck vom Welfen-Gymnasium, der sich als Klassensprecher, Mitglied des Schulsanitätsdienstes und „als guter Geist des musikalischen Schullebens“ ausgezeichnet hat.

Maximilian Segbers vom Gymnasium St. Konrad, der sich Verdienste als Schulsprecher und bei der Organisation diverser SMV-Veranstaltungen erworben hat.

Lucas Wiggenhauser von der Edith-Stein-Schule hat sich, so seine Schule, „in herausragender Weise“ für „Jugend forscht“ und soziale Projekte engagiert. (sem)