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Bundestraße

B-30-Anwohner fordern Tempo 60

Bad Waldsee / Lesedauer: 5 min

Bürger aus Schellenberg, Mattenhaus und Englerts wollen sich mit Petition eine Stimme geben
Veröffentlicht:12.11.2013, 18:15

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Wenn sich die Bewohner nahe der Bundestraße 30 nördlich von Bad Waldsee unterhalten, berichten sie selbst über schrecklichste Ereignisse im Plauderton. Hier ein toter Motorradfahrer, da abgetrennte Gliedmaßen, weißt Du noch? Das ist nicht makaber, sondern für die Anwohner von Schellenberg, Englerts und Mattenhaus traurige Realität. Mit dieser Realität haben sie zwar zu leben gelernt, aber dulden wollen sie diese nicht mehr.

Fünf Anwohner sitzen bei Karl-Heinz Lott in Mattenhaus um den Tisch – jeder hat grausige Erlebnisse mit der nahen B 30 zu berichten. „In den vergangenen 20 Jahren hatten wir schon fünf Totalschäden in der Familie“, berichtet etwa Markus Maucher aus Schellenberg. „Als ich vier Jahre alt war, wäre ich fast gestorben“, sagt er – zum Glück hatte damals der Polizist in seinem Auto den vierjährigen Markus Maucher und dessen Bruder gerade noch rechtzeitig gesehen und ist bewusst in eine Böschung und gegen ein Haus gefahren statt gegen die Kinder. Mit sechs Jahren wurde er Zeuge, als ein Porsche mit zu hoher Geschwindigkeit unter einen Laster gefahren ist. Als Jugendlicher sah er, wie bei Schellenberg ein Auto die Böschung heruntergekracht ist. Seit einem Verkehrsunfall leidet seine Frau Anita Maucher bis heute unter Probleme mit ihrer Halswirbelsäule, wie sie selbst berichtet.

Ungutes Gefühl fährt mit

Jeden Tag schwingt bei den fünf Versammelten ein ungutes Gefühl mit, wenn sie von Zuhause losfahren, und auch, wenn sie wieder heim kommen. Elvira Bachmann, die seit 2010 auch in Schellenberg wohnt, berichtet: „Gefährlich ist schon das rausfahren aus dem Hof auf die B 30. Erstmal wartet man zehn Minuten, dann traut man sich doch irgendwann, und dann kommen die von hinten angerast, geben Lichthupe und bremsen nicht ab, sondern krabbeln einem schier in den Auspuff.“ So komme es immer wieder zu Unfällen, berichtet auch Maucher und sagt: „Meistens ist es nicht der, der hintendran fährt, sondern der Übernächste, der nicht rechtzeitig abbremst.“ Ganz problematisch sei es, wenn man mit Hänger auf die B 30 auffahren will, ergänzt Lott.

Seitdem bei Englerts eine Abbiegespur eingezeichnet wurde, sei die Gefahr dort weg, sagt Maucher. Und so umgehen sie zum Teil schon heute gefährliche Situationen. Anita Maucher berichtet etwa, dass sie von Waldsee kommend bis Englerts fährt, dort umdreht und dann nach Hause fährt. So muss sie zumindest nicht auf der B 30 anhalten, um nach links auf ihr Grundstück abzubiegen.

Sie beobachte immer und immer wieder, wie sich Autos gegenseitig überholen – und das trotz Überholverbots, erklärt Bachmann. Durch das Rasen sei der Lärmpegel zudem sehr hoch, sagt sie. „Wir haben zum Teil Werte gemessen über 80 Dezibel. Auf der Terrasse ist das manchmal nicht auszuhalten.“ Die Probleme haben sich im Laufe der Jahre verschärft, weiß Lott, der schon sein Leben lang in Mattenhaus wohnt. Das bestätigt auch Maucher. „Früher waren die Autos auch schon schnell, aber es gab insgesamt weniger Verkehr.“ In seiner Familie sei es Standard, dass man sich sofort gegenseitig anruft, wenn mal wieder ein Unfall passiert ist vor der Haustür. „Es sind so viele, zu viele schon gestorben auf dieser kurzen Strecke“, sagt Maucher.

Das Grundproblem sehen die fünf Versammelten darin, dass die Autos auf der B 30 nördlich von Bad Waldsee zu schnell unterwegs sind. „In Essendorf und Gaisbeuren ist doch auch Tempo 60. Das wäre hier auch gut“, sagt Anita Maucher. Sie fordern gemeinsam eine Geschwindigkeitsbeschränkung, um gefährliche Situationen zu reduzieren.

Auf Anregung der Bürgerinitiative B 30, die vor allem durch ihre Aktionen für eine neue B 30 bei Gaisbeuren und Enzisreute bekannt ist, hat sich 2011 auch die Stadt Bad Waldsee als zuständige Straßenverkehrsbehörde mit dem Streckenabschnitt beschäftigt. Sie hat dazu auch die Polizei, das Landratsamt und die Straßenmeisterei einbezogen.

Zu einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 Stundenkilometern heißt es in der Stellungnahme: „Eine Auswertung der Unfallstatisik der Polizeidirektion Ravensburg hat ergeben, dass auf der Strecke Mattenhaus bis Englerts keine Unfallhäufungen vorhanden sind. Die dortigen Verkehrsverhältnisse sind […] auch bei Geltung der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h ausreichend erkennbar und einschätzbar.“

Gefahr für Linksabbieger

Kritische Situationen entstünden primär durch Linksabbieger, heißt es weiter. Deshalb sei an den Zufahrten Steinenberg, Gasthaus Kreuz, Mattenhaus und Schellenberg die Mittellinie versetzt und Warteblöcke für Linksabbieger aufgezeichnet worden. Die einzige voll ausgebaute Linksabbiegespur gibt es nur bei Englerts. Eine Beschränkung auf Tempo 70 wurde abgelehnt.

Den fünf Versammelten reicht das nicht. Deshalb wollen die fünf nun in ihren Nachbarn Mitstreiter für eine niedrigere Geschwindigkeitsbeschränkung finden. Elvira Bachmann soll eine Petition aufsetzen, dann schwärmen die fünf aus und sammeln Unterschriften bei den zehn Bewohnern von Englerts, den rund 20 von Schellenberg und rund 30 von Mattenhaus. „Außerdem biegen noch Leute ab Richtung Michelberg, andere nutzen die Abkürzung nach Steinenberg“, weiß Lott. Beim jüngsten tödlichen Unfall eines Motorradfahrers Mitte Oktober habe ihm die Polizei dieses Vorgehen empfohlen, sagt Lott. Die Unterschriften sollen dann Bürgermeister Roland Weinschenk übergeben werden.

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