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Angebliche Lottogesellschaft erfragt telefonisch die Bankverbindung

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Angebliche Lottogesellschaft erfragt telefonisch die Bankverbindung
Veröffentlicht:03.06.2012, 13:40

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Das Klingeln des Telefons durchbricht die Stille eines friedlichen Morgens: Annemarie Gantner eilt in den Flur. Das Display des Telefons leuchtet – eine unbekannte Nummer. Sie drückt die Taste mit dem grünen Hörer. Die Verbindung zur vermeintlich größten Chance ihres Lebens steht. Gemeldet hat sich eine angebliche Mitarbeiterin der Deutschen Lottogesellschaft. Tatsächlich aber schnappt in diesem Moment eine Abo-Falle auf. Eine weibliche Stimme flötet, dass Annemarie Gantner extra ausgewählt worden sei: Ab Juli erhalte sie kostenlos drei Monate ausgefüllte Lottoscheine. Um noch bessere Chancen auf den Gewinn zu haben, könne sie weitere Felder selbst ausfüllen. Das koste sie nur 12 Euro. Bei so viel „Glück“ übers Telefon wird die 59-jährige Putzfrau stutzig.

Zur Sicherheit dann der Datenabgleich: Adresse stimmt, Geburtsdatum stimmt. Wie beiläufig fällt noch die Frage nach der Kontonummer. Annemarie Gantner zieht die Reißleine: „Ich würde nie solche vertraulichen Daten am Telefon weitergeben.“ Das verbale Trommelfeuer reißt nicht ab: „Ständig hat die Anruferin wiederholt, dass ich damit die Chance meines Lebens verpasse und jemand anderes dafür in den Genuss dieses einmaligen Gewinns kommen wird“, berichtet Gantner. Zwar habe die angebliche Mitarbeiterin der Deutschen Lottogesellschaft massiv versucht, die Kontonummer einzufordern, dennoch blieb sie dabei immer charmant. „Ich habe mich nie bedrängt gefühlt. Im Gegenteil: Die Anruferin hat geschickt versucht, unverfängliche Themen dazwischen zu flechten. Bei meinem Alter etwa sagte sie, ich sei ja erst kurz über 18. Da haben wir beide gelacht“, bemerkt Gantner.

Abgewürgt und aufgelegt

Geschmeichelt, geködert und geprellt? Die 59-Jährige lässt sich davon nicht blenden. Das Gespräch findet daraufhin ein jähes Ende. Abgewürgt und aufgelegt.

Annemarie Gantner ist aufgewühlt: „Mit einem lapidaren Anruf von irgendeiner unbekannten Firma werde ich ja fertig. Aber diese Dreistigkeit, sich als Deutsche Lottogesellschaft auszugeben, ärgert mich maßlos“, sagt Gantner. Immerhin werde sich durch diesen Firmennamen Vertrauen erschlichen, weil jeder denke, die staatlichen Lotteriegesellschaften stehen dahinter. Dass der Argwohn jedoch zu Unrecht schmilzt, erklärt Regine Koch-Scheinpflug von der Staatlichen Toto-Lottogesellschaft Baden-Württemberg: „Die Deutsche Lotteriegesellschaft gibt es überhaupt nicht. Wir können gegen die Verwendung des Begriffs Lotto rechtlich leider nichts unternehmen. Denn Lotto ist ein Gattungsbegriff und als Marke nicht schützbar.“ Von derartigen Anrufen distanziert sich Koch-Scheinpflug klar: „Die staatlichen Lotteriegesellschaften der Bundesländer rufen ihre Kunden überhaupt nicht an. Wir verzichten seit jeher auf Telefonwerbung. Es ist verständlich, dass Betroffene bei uns nachfragen. Für uns ist es sehr wichtig, klar zu kommunizieren, dass wir nicht hinter solchen Anrufen stehen.“ Zumal auch der Gesetzgeber Telefonmarketing im Glücksspielbereich generell verbiete. Seit 2009 ist zudem Telefonwerbung, die ohne eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Angerufenen erfolgt, verboten. Sie verstößt gegen das Gesetz des unlauteren Wettbewerbs und wird mit Bußgeldern von bis zu 50 000 Euro geahndet.

Polizei und Justiz können allerdings nur selten durchgreifen, wie Klaus Blaser, Sprecher der Polizei Ravensburg, erläutert: „Meist fehlen uns die genauen Details zu diesen Anrufen. Betroffene sollten deshalb möglichst notieren, wer angerufen hat, mit welcher Nummer, wann es klingelte und was der Anrufer gesagt hat.“ Annemarie Gantner habe sich genau richtig verhalten.

„Wir können nur jedem raten, keine vertraulichen Daten preiszugeben und niemals Vorauszahlungen für angebliche Gewinne zu leisten“, ergänzt Blaser. Tipps geben auch Verbraucherschützer immer wieder: „Solche Fälle sind leider unser täglich Brot und reißen seit Jahren nicht ab“, berichtet Hannelore Brecht-Kaul, Beraterin der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

Abmahnung oder Unterlassung

Wenn sich genug Betroffene melden, gehe die Verbraucherzentrale durch Abmahnung oder Unterlassungserklärung gegen betrügerische Firmen vor. „Leider hält das dubiose Unternehmen nach wie vor nicht davon ab, Verbrauchern über das Telefon teure Gewinnspiele oder Abos unterzuschieben“, weiß Brecht-Kaul.

Bei Annemarie Gantner hat die Abo-Falle zwar nicht zugeschnappt, doch das Klingeln des Telefons erinnere sie immer wieder an die – zum Glück – verpasste Chance ihres Lebens.