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Stadtwerke

„Wenn sie kommen, kann ich mein Haus anzünden“

Bad Waldsee / Lesedauer: 5 min

Die Einwohner von Graben fürchten, dass sie von Bad Waldseer und Bad Wurzacher Windrädern umzingelt werden
Veröffentlicht:24.01.2012, 19:40

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Die Stadtwerke Bad Waldsee stehen kurz vor ihrer Gründung. Doch schon bevor der Betrieb überhaupt formell existiert, schlägt eins der geplanten Hauptprojekte der Stadtwerke – die Windkraftanlagen auf Bad Waldseer Gebiet – schon hohe Wellen.

Vor allem in dem kleinen Ort Graben bei Haisterkirch regt sich Widerstand, weil die dortigen Anwohner fürchten, dass die Haisterkircher Höhe als Standort für riesige Windräder genutzt werden könnte.

Besonders heikel: Über die Haisterkircher Höhe verläuft die Gemarkungsgrenze zwischen Bad Waldsee und Bad Wurzach . In Bad Wurzach werden auch Pläne zur Windenergie geschmiedet. Die Grabener haben Angst, buchstäblich umzingelt zu werden.

„Mir soll erst einmal jemand zeigen, wie die Stadt Bad Waldsee mit diesen Stadtwerken Geld verdienen will“, sagt Thomas Straub . Der Grabener ist so etwas wie der Sprecher der besorgten Einwohner. In einem Leserbrief hatte er sich schon vor der Bürgermeisterwahl Gehör verschafft und war prompt bei einigen Wählern auf dem Stimmzettel gelandet. „Daran sieht man auch, dass unser Thema nicht allen egal ist“, sagt der erklärte Windkraft-Befürworter.

„Ich sehe das ganz pragmatisch“, erklärt Thomas Straub. „Wir sind absolut keine Gegner von Windkraft“. Allerdings sieht Straub einen Schnellschuss seitens der Stadt, bei dem er eine hintergründige und vernünftige Planung vermisse. „Das Geld verdienen doch die Investoren. Bis die Stadt aus Windkraftanlagen Profit schlagen kann, vergehen Jahrzehnte. Und dann sind die Windmühlen schon wieder zum Abriss bereit“, gibt er zu bedenken. Den von den Stadtoberen, allen voran vom Beigeordneten Thomas Manz versprochenen Geldsegen sieht Thomas Straub jedenfalls nicht.

Mega-Windräder befürchtet

Nun sehen sich die Grabener vor einer für sie finsteren Zukunft. Befürchtet werden mehrere „Mega-Windräder“ rund ums Dorf. 220 Meter hoch seien diese, so hoch wie der Stuttgarter Fernsehturm. „Stellen Sie sich einmal 20 Fernsehtürme auf der Grabener Höhe vor – das wäre der Hauptgewinn“, sagt Straub sarkastisch. Neben den öfters von Windkraftgegnern vorgebrachten Argumenten wie Eingriffe in die Natur, Gefährdung von Vogelarten und „Verspargelung“ der Landschaft sehen die Grabener vor allem eins: „Wenn die Windräder kommen, kann ich mein Haus anzünden“, sagt Straub. Die Wertminderung durch Riesenwindräder in knapp 500 Metern Entfernung betrage beinahe 100 Prozent. „Und wir haben nicht ein Leben lang gearbeitet, damit wir zusehen, wie das alles nichts mehr wert ist“. Weiter geben die Grabener zu bedenken, dass der sogenannte permanente Schlagschatten zu gesundheitlichen Problemen führen könnte.

Jessica Werner, ebenfalls Einwohnerin, hat auf Facebook eine Gruppe gegründet, die auf Vor- und Nachteile der Windkraft aufmerksam macht. „Wir wollen damit zeigen, dass man für unsere Region auch andere Lösungen finden kann“, erklärt sie. Beide Grabener sind dafür, auf Riesenwindräder zu verzichten. Kleinere oder weiter entfernt stehende Anlagen würden sie sofort akzeptieren. Beide sind davon überzeugt, dass nur ein Energie-Mix die Abkehr von der Atomkraft bringen kann. Und die wollen die beiden überzeugten Naturschützer nun ganz und gar nicht.

Thomas Manz, Erster Beigeordneter der Stadt Bad Waldsee, sieht die Aufregung um mögliche Standorte der Windkraftanlagen gelassen. „Ich kann die Aufregung verstehen, aber sie nützt wenig, wenn ein Standort noch nicht sicher ist“, erklärt Thomas Manz. Die Verwaltung wird die Gründung der Stadtwerke erst einmal abwarten. „Wir machen einen Schritt nach dem anderen. Nach der Gründung befassen wir uns mit den Energieprojekten Erdwärme und Windkraft“, so der Erste Beigeordnete. Momentan werde eine Standortfrage nicht geführt, es gelte die Ergebnisse des Teilregionalplans des Regionalverbandes abzuwarten.

Dass das Gebiet um die Grabener Höhen im Teilregionalplan von 2006 als bevorzugt eingestuft ist, sei nicht das Ergebnis von Messungen vor Ort, sondern sei aus den Erkenntnissen im so genannten „Windatlas“ des Deutschen Wetterdienstes erstellt worden. Die Grabener Höhen könnten nach der Gründung der Stadtwerke natürlich Gegenstand einer Diskussion werden, sagt Thomas Manz. Allerdings seien dabei dann weitere Gegebenheiten zu prüfen. Dazu gehören der Abstand zu Wohnbebauungen, Naturverträglichkeit und nicht zuletzt eine Wirtschaftlichkeitsprüfung, zu der auch Windmessungen vor Ort zählen. Diese Entwicklung gelte es abzuwarten.

Harald Winkelhausen vom Regionalverband Bodensee-Oberschwaben gibt zu bedenken, dass der „Teilregionalplan Windkraft“ derzeit noch nicht in überarbeiteter Form vorliegt. Dies hänge damit zusammen, dass unter der neuen Landesregierung das Landesplanungsgesetz abgeändert werden soll. „Falls dies umgesetzt wird, bringt das große Umwälzungen für die Planung in Sachen Windkraft mit sich“, so Winkelhausen. Eigentlich sollte der Teilregionalplan zum Jahreswechsel stehen. Wegen der momentan ungeklärten Rechtslage verschiebe sich das Ganze um ein halbes Jahr. Falls das Gesetz in dem vorgesehenen Rahmen geändert würde, habe das zur Folge, dass die bisherige „Schwarz-Weiß-Lösung“ aufgehoben ist. Das bedeutet: Sollte im Regionalplan ein Vorranggebiet ausgewiesen werden, bedeutet das nicht wie bisher, dass Windkraftanlagen nur dort gebaut werden könnten. Vielmehr seien die Vorranggebiete zwar rechtlich verbindliche Planungsgrundlage für die Anlagen. Es sei mit der neuen Regelung aber auch möglich, außerhalb der Vorranggebiete Planungen für Windkraftanlagen anzustellen. Das bedeutet für die Grabener Höhen, dass der Teilregionalplan des Regionalverbands nur einen empfehlenden Charakter hat. „Ob tatsächlich Anlagen dort geplant werden, hängt nicht von unserem Plan ab“, sagt Harald Winkelhausen.

Die Grabener Einwohner wollen das aber nicht abwarten. „Wenn die Anlagen gebaut werden, ist es zu spät, sich aufzuregen“, sagt Thomas Straub. „Dann werden wir die nicht mehr los. Und es wird noch höhere geben.“ Man wolle sich mit Bürgerinitiativen aus Bad Wurzach, Haisterkirch, Ellwangen und Hauerts zusammentun und künftig eventuell „gemeinsam auftreten“.