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„Ich hatte nie das Gefühl: Das reicht mir“

Reute / Lesedauer: 5 min

Nach der Kommunalwahl nimmt Lothar Grobe Abschied als Reutener Ortsvorsteher
Veröffentlicht:18.04.2014, 13:10

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Heimat ist dort, wo das Herz ist, heißt es im Volksmund. Auch wenn Hans-Lothar Grobe nicht in Reute geboren oder aufgewachsen ist, so ist dieser Ort dennoch längst zu seiner Heimat geworden. 25 Jahre lang hat er die Geschicke der Bad Waldseer Ortschaft mitgelenkt – zunächst als Ortschaftsrat, dann rund zehn Jahre lang als Ortsvorsteher. Mit der Kommunalwahl am 25. Mai endet die Fusion der beiden Ortschaften Reute und Gaisbeuren. Dann gibt es nur noch einen Ortsvorsteher, einen hauptamtlichen. Und Lothar Grobe zieht sich ins Private zurück.

„Ursprünglich hatten wir gedacht, auch wieder wegzuziehen“, erinnert sich Grobe an die Zeit, als er im Dezember 1969 zum Studium in Weingarten nach Reute gezogen ist. Sein Grundschul-Lehramtsstudium an der Pädagogischen Hochschule hatte die Schwerpunkte Deutsch und Mathematik. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte er eine bewegte Zeit hinter sich. Geboren ist der heute 73-Jährige am Neujahrstag in Witten an der Ruhr. Nach der Schulzeit hat er drei Jahre Bäcker und zwei Jahre Konditor in Soest gelernt. Dort hat er seine Frau Renate kennengelernt. Acht Jahre arbeitete er danach bei der Bundeswehr, als Personalhauptverwalter, bevor er mit Frau Renate nach Reute kam.

Lothar Grobe redet stets mit bedacht, klar und deutlich. Es fällt leicht, seinen Ausführungen zu folgen, „Äh“ und dergleichen Füllwörter kommen in seinen Sätzen nicht vor – vielleicht die Konsequenz seiner jahrelangen Arbeit als Grundschullehrer. Denn nach seinem Studium unterrichtete er zunächst ein Jahr an der Bad Waldseer Förderschule, dann ununterbrochen an der Döchtbühlschule.

1989 ist er dem Ortschaftsrat von Reute beigetreten. „Als 2004 dann Annerose Zembrot als Ortsvorsteherin aufhören wollte, haben wir im Rat überlegt, wie es nach der Kommunalwahl weitergehen kann“, erinnert sich Grobe. Noch ein Jahr Schuldienst hatte er vor sich vor seiner Pensionierung. „Dann war ich der einzige, der Zeit hatte. Also haben wir das so gemacht.“

Überraschungen warteten auf ihn nicht, wie Grobe sagt. Er beschäftigte sich mit den Wünschen der Bevölkerung und der Vereine, „mit den verwaltungstechnischen Dingen hatte ich herzlich wenig zu tun“, so Grobe. Dafür gibt es ja einen Verwaltungsleiter mit Sitz in Gaisbeuren . Bis September war das in Personalunion mit dem Posten des Gaisbeurener Ortsvorstehers Franz Bendel, seitdem Achim Strobel. Ob er es auch bleibt, wie es sein ausdrücklicher Wunsch ist, bleibt bis nach der Kommunalwahl abzuwarten.

Was waren die wichtigsten Themen seiner Amtszeit? Grobe nennt das Melap-Programm: „Das war äußerst interessant damals.“ Mit Zuschüssen des Landes sollte die Dorfentwicklung vorangetrieben werden. „Einiges haben wir umgesetzt, viele Wünsche sind noch offen“, sagt Grobe. Enttäuschend sei, dass keine innerörtliche Verdichtung möglich gewesen sei.

Als Wunsch nennt er dabei einen Lebensmittelversorger. Da dieser keinen Platz in der Ortsmitte gefunden habe, sei die Lösung eines Baus parallel zum Neubau der Raiffeisenbank Reute-Gaisbeuren neben dem Friedhof gefunden worden. Die Debatten um diese Fläche wurden in den kommunalen Gremien teils heftig diskutiert (wir berichteten). Grobe dazu: „Es ist immernoch unser großes Ziel, dass das möglichst schnell umgesetzt wird.“ Jüngst hat das Landratsamt seine Genehmigung zur dafür nötigen Änderung des Flächennutzungsplans erteilt.

Dauerbrenner ist das Thema Verkehr. Durch den Bau der Firmenzentrale von Carthago in Aulendorf habe dieser bereits stark zugenommen - und werde das wohl weiter tun. „Eine Ortsumgehung zur B 30 ist nach wie vor ein Wunsch“, sagt Grobe. Ein Student habe eine Machbarkeitsstudie erstellt. Sein Ergebnis: eine Straße. Die vor Reute links abbiegt Richtung Flugplatz, am Gewerbegebiet von Gaisbeuren vorbei zur B 30. „Auf weitere Sicht kommt man ohne eine entsprechende Straße nicht aus“, so Grobes Überzeugung.

Er hat den Bau der Durlesbachhalle miterlebt, den Bau des Sportzentrums sowie den Anbau der Schule. „Die platzte zwischenzeitlich aus allen Nähten“, so Grobe. Auch das waren wichtige Meilensteine, aber besonders am Herzen lag dem scheidenden Ortsvorsteher die Fusion seiner Ortschaft mit Gaisbeuren. In seinem Gaisbeurener Pendant Franz Bendel habe er sich stets gut ergänzt, auch in dieser Frage. „Er hat nichts entschieden, ohne mit mir vorher zu sprechen“, sagt Grobe. Das Miteinander mit Stobel sei ebenso gut.

Die Fusion nennt Grobe eine „Koproduktion mit Bendel. Ohne ihn wäre das nie gegangen.“ Zudem seien auch gerade die richtigen Menschen in den Ortschaftsräten gesessen. Und warum hat er die Fusion so vorangetrieben? „Weil Reute und Gaisbeuren eine Einheit sind, im kirchlichen wie im Vereinsleben. Es ist einfach sinnvoll.“ Die Stadt habe die Ortschaftsverwaltung abschaffen wollen. „Nach dem Zusammenschluss wird das sehr schwierig“, sagt Grobe. Ein hauptamtlicher Ortsvorsteher sei stets ein wichtiges Anliegen der Bürger gewesen. „Jetzt haben wir die ideale Sache“, sagt Grobe, also ein hauptamlicher Ortsvorsteher und Verwaltungsleiter für beide Ortschaften. Das beeindruckende Vereinsleben sei ein Fundament für die Fusion gewesen. „Die stellen ganz schön was auf die Beine. Das ist auch wichtig, damit der Ort attraktiv bleibt.“

Einen dieser Vereine hat er selbst mitgegründet: den TSV. „Damals waren die Gründer fast alle Zugezogene“, sagt Grobe. Und dass er Zugezogene sagt, nicht etwa schwäbisch Reing'schmeckte, ist typisch für sein bis heute makelloses Hochdeutsch. Heute gibt es für ihn keinen Grund mehr, seine Wahlheimat Reute zu verlassen. Die Töchter leben in Ravensburg und Bellamont – ihnen will er mehr Hilfe anbieten. Und auch mehr am eigenen Haus arbeiten. Nur dem mitgegründeten Verein will er treu bleiben, von sämtlichen kommunalpolitischen Posten will er sich nach der Kommunalwahl verabschieden. Reisen möchte Grobe noch ein wenig mehr, aber sein Fazit zu seiner Zeit als Ortsvorsteher ist absolut wohlwollend. „Ich hatte nie das Gefühl: Das reicht mir jetzt.“